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Die Kino-Kritiker: «Iron Sky»

In der irren Science-Fiction-Komödie «Iron Sky» trifft «Inglourious Basterds» auf «Star Wars» und lässt wildgewordene Nazis ihren Rückschlag gegen die Erde antreten.

Gegen Ende des zweiten Weltkrieges gelingt es einer Gruppe von Nazis, in riesigen UFOs – den sogenannten Reichsflugscheiben – zum Mond zu fliegen und die dunkle Seite des Erdtrabanten zu besiedeln. Bis 2018 bleibt ihr Existenz unentdeckt, bis eines Tages auf einmal der Afroamerikaner James Washington (Christopher Kirby) auf dem Mond landet, um hier Promotion für die Wiederwahl der amtierenden US-Präsidentin zu machen. Ganz nach dem Motto „Black to the Moon“ versucht diese mit allen Mitteln, auch weiterhin das Amt zu bekleiden, sucht bislang jedoch vergeblich nach einer Strategie, mit welcher ihr dies auch gelingen mag. Während Washington den Werbebanner für die Dame auf dem Mond ausrollt, wird er von Nazis überrascht, anschließend in die hakenkreuz-förmige Zentrale gebracht und dort verhört. Wie sich hier durch einen Zufall herausstellt, ist es ausgerechnet die Rechenleistung von Washingtons Smartphone, welche in der Lage wäre, das Kampfschiff „Götterdämmerung“ in Gang zu setzen und mit Hilfe dessen die Nazis endlich ihren Angriff zur Erde starten könnten.

Die korrekte, von der Naziideologie überzeugte Lehrerin Renate Richter (Julia Dietze) ist beeindruckt von dem Erdenbewohner – sieht sie sich doch in ihrer Lehrerrolle als die Erd-Expertin schlechthin und erhofft sich von dem Fremden Insiderinfos. Gemeinsam mit ihrem von Allmachtsfantasien zerfressenen Gatten Klaus Adler (Götz Otto), der sich nichts mehr herbeisehnt, als den Tag, an dem er in die Fußstapfen des amtierenden Führers Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier) treten wird, will Renate zur Erde reisen, um dort noch mehr Smartphones zu finden, damit das von langer Hand geplante Projekt der Weltherrschaft endlich in Angriff genommen werden kann. Hilfe erhoffen sich die beiden von Washington, welcher nach der Verabreichung eines Albinoserums mittlerweile erblichen und in einer Naziuniform steckend einem Arier verblüffend ähnlich sieht. Auf der Erde angekommen muss Renate jedoch feststellen, dass das Nazi-Dasein nicht annähernd etwas mit dem zu tun hatte, was sie all den Jahren ihren Pimpfen und Mädchen auf dem Mond gelehrt hat. Sie entdeckt die Gefährlichkeit der Ideologie und sieht es nun als ihre Aufgabe, ihren Gatten von seinem gefährlichen Plan abzuhalten. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn Klaus ist wie besessen von seiner Idee und selbst die Präsidentin befindet sich mittlerweile auf seiner Seite. Als schließlich der Meteorblitzkrieg ausgerufen wird, scheint endgültig alles zu spät.

Einen Film zu drehen, in welchem die Naziideologie und die Umtriebe selbiger die zentrale Hauptrolle übernehmen, kann schnell zu einer Gratwanderung zwischen Kunst und Geschmacklosigkeit werden. Doch wie bereits Quentin Tarantino 2009 mit seiner Uchronie «Inglourious Basterds» eindrucksvoll bewies, kann sich die Zeit des Holocaust nicht nur als Bestandteil von diversen Betroffenheits-Werken und Dramen eignen, sondern mit der richtigen Portion Selbstironie und Augenzwinkern auch hervorragend als Grundlage für abgedrehte Komödien funktionieren. «Iron Sky» schafft es gekonnt, die Idiotie der Naziideologie auf die Spitze zu treiben, indem es den Mythos der Existenz von „Reichsflugscheiben“ aufgreift und die Vorstellung so weit spinnt, wie es nur irgendwie geht. Von dem Stützpunkt „Schwarze Sonne“, der klischeebedingt selbstverständlich in Hakenkreuzoptik erbaut wurde, über die Gehirnwäsche mit Hilfe alter Hitler-Reden, bis hin zur Entwicklung eines Bleichmittels für Dunkelhäutige, wurde in keiner Sekunde an der Vorführung der Nazis gespart. Renate Richter spielt ihre Rolle als Verfechterin der „guten Nazis“ so brillant naiv, dass man ihr das Böse zu keinem Zeitpunkt abnimmt. Dementsprechend wird ihr die Rolle des Protagonisten im Laufe des Films zu Teil, zumal bei ihr auch die stärkste Charakterwandlung während der Handlung festzustellen ist.

Den Gegenpol bietet ihr der „Vorzeige-Extremist“ Klaus Adler, gespielt von Götz Otto, der sich seine Partnerinnen nach Arier-Prozentsatz aussucht und sich bei keiner Gelegenheit den Hitler-Gruß, oder das Genießen der Nazi-Hymne, nehmen lässt. In seiner formvollendeten Arroganz sorgt er zwar nicht gerade für Sympathiebekundungen seitens des Publikums, für seine Rolle allerdings kann man sich kaum eine bessere Besetzung vorstellen. Dadurch wird die zunächst neutrale Rolle des Klaus Adler nach und nach zu einem Antagonisten aufgebaut und entwickelt sich ähnlich intensiv wie die der Renate Richter, wenn auch in die komplett gegensätzliche Richtung. Udo Kier ist als amtierender Führer Wolfgang Kortzfleisch verhältnismäßig selten auf der Leinwand zu sehen, geht allerdings voll und ganz in seiner Rolle auf und schafft es gekonnt, alle negativen Charakterzüge eines Führers zu vereinen und damit sämtliche Antipathien auf sich zu ziehen, wenn auch er sich diese gleichermaßen mit Götz Otto teilen muss. Stephanie Paul brilliert als überdrehte, nicht mit herausragender Intelligenz gesegnete Präsidentin, die nicht nur äußerlich, sondern vor allem in ihrer überspitzen Darstellung stark an Sarah Palin erinnert und damit bereits im Vorfeld der Veröffentlichung für Kontroversen sorgte.

Neben seiner Verballhornung der Nazi-Ideologie kann «Iron Sky» mit – für einen B-Movie – hochklassigen Effekten aufwarten. Vor allem ist eine deutliche Ähnlichkeit zu Science-Fiction-Klassikern wie «Star Wars» oder «Star Trek» zu erkennen. Von der Aufmachung der Kampfszenen her dürfte der Streifen somit vor allem Fans der klassischen Weltraum-Action zufriedenstellen. Gleiches gilt für die Musik, die zum Teil stark an die Scores bereits erwähnter Weltraum-Epen erinnert und «Iron Sky» damit noch einen Tick ansprechender gestaltet. Überhaupt lassen sich neben diesen noch viele weitere Ähnlichkeiten zu bereits gesehenen oder gehörten Stücken feststellen, die immer punktgenau platziert sind und die Szenerie zu jedem Zeitpunkt ironisch unterstreichen.

Aufgrund der vielen bissigen Anspielungen auf das vergangene sowie aktuelle Weltgeschehen und der sich zu keinem Zeitpunkt ernst nehmenden Handlung könnte «Iron Sky» auch bei der Zuschauerschaft für viel Wirbel sorgen. Dennoch eilt der ersten „richtigen“ Regiearbeit von Timo Vuorensola, der bislang vor allem durch seinen erfolgreichen No-Budget-Internetfilm «Star Wreck» Aufmerksamkeit auf sich zog, der Kult-Status bereits voraus. Anteilig von Fans finanziert umgibt den absurden Action-Comedy-Streifen bereits vor Kinostart eine beachtliche Fangemeinde.

Fazit: «Iron Sky» bietet bitterböse Satire, gepaart mit Blödel-Humor und Action, die für die geringen Budget-Verhältnisse ein Augenschmaus sind. Für die Thematik notwendig sind selbstverständlich gewisse geschichtliche Vorkenntnisse, damit auch wirklich jeder Gag zündet. Fans von absurdem Kino, das gerne mal über die Stränge schlägt und es mit der Political Correctness nicht so ernst nimmt, werden mit «Iron Sky» bestens bedient. Das Tüpfelchen auf dem i bietet der augenzwinkernde Soundtrack, der zwar aus bereits Bekanntem zusammengeschustert wirkt, jedoch sämtliche Szenerien perfekt unterstreicht und aus dem großen kurzum großartiges Kino macht. Kultstatus nicht ausgeschlossen!
04.04.2012 10:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/55936
Antje Wessels

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Iron Sky

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