Seit zwei Rennen greift das neue und billigere Übertragungskonzept der Formel 1. Bei den Zuschauern kam es nicht gut an. Sky Sport und die Qualität der Berichterstattung – eine Bestandsaufnahme.
Neudeutsch würde man das, was sich Sky vor acht Tagen bot, wohl einen Shitstorm nennen. Aufgebrachte Sport-Fans machten ihrem Ärger Luft: An der Hotline, und via Twitter und Facebook. Der Grund: Das neue Sendekonzept der Formel 1-Übertragungen. Sportblogger Kai Pahl fasste die Reaktionen der Zuschauer augenzwinkernd wie folgt zusammen: „Es wäre nicht heftiger ausgefallen, wenn Oliver Pocher nackt kleine Katzenbabys in einen Mikrowellenherd gesteckt hätte und dabei “Scheiß FCB” gesungen hätte.“
Die Aufregung und der tatsächliche Fehlstart in Sachen Qualität kommt bei Sky nun zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kanal sonst die wohl besten Sportübertragungen aller Zeiten anbietet. Der inhaltliche Erfolg trägt eine Handschrift: Die von Burkhard Weber, seit vergangenem Sommer als Sportchef verantwortlich. Weber ist bekennender Fan von amerikanischen Sportübertragungen und entsprechend erkennbar ist der Weg, den er gehen möchte und bereits gegangen ist. Beispielsweise beim Samstagabend-Topspiel, wo inzwischen drei Experten und ein Moderator das Geschehen beleuchten.
Ähnlich wird im amerikanischen Fernsehen von großen Football-Spielen berichtet. Sky also auf den Fußstapfen des großen ESPN. Ein Co-Kommentator beim Fußball war lange Zeit in Deutschland nicht erwünscht, weil nicht bekannt. Mit den Stimmen von Jens Lehmann und Stefan Effenberg, die sich am Samstagabend abwechseln aber zeigt Sky, dass ein solcher Co-Kommentar (der zum Beispiel bei der Formel 1 nicht mehr wegzudenken ist), durchaus eine Bereicherung sein kann. Auch die Vor- und Nachberichte im Fußball haben unter Weber neue und bessere Strukturen bekommen. Vier, fünf oder gar sechsminütige Stücke über Spieler, Trainer oder Situationen im Vorlauf wären noch vor eineinhalb Jahren undenkbar gewesen.
Vor einigen Wochen wurde in einem solchen Beitrag sogar die Frage gestellt, ob der deutsche Fußball auf dem Platz immer brutaler wird. Solch allgemeine Fragestellungen den Fußball betreffend hatten bei Sky früher keinen Platz. Das ist Webers Auffassung von einer guten Berichterstattung – und er trifft dort den Geschmack der Kritiker. Dass sich bei Sky Sport vieles zum noch besseren gewendet hat, zeigt sich auch, wenn man die Eishockey-Übertragungen ansieht. Nachdem die Redaktion wegen der HD-Produktion in der vergangenen Saison plötzlich mit weniger verfügbarem Budget dastand, gelang es in dieser Spielzeit wieder eine Linie zu finden. Nicht nur die Spiele selbst überzeugten (vor allem dann, wenn Marc Hindelang kommentiert), sondern auch die Drittelpausen, die stets darauf abzielen, auch die Zuschauer, die nicht ganz tief in der Materie sind, mitzunehmen.
Und dann kam das neue Formel 1-Konzept: Angeblich ist die Übertragung seit dieser Saison rund ein Drittel billiger, weil Sky Personal vor Ort spart. Konkret hat der Sender eine Kamera für die Vor- und Nachberichte sowie das On Air-Team Tanja Bauer, Jacques Schulz und Marc Surer an den Strecken. Am Sonntag kommt die Einstimmung aus dem Nachrichtenstudio in Unterföhring. Und genau da setzte die Kritik an. An der neuen Moderatorin Ursula Hoffmann, am Studio, an der Themenauswahl…
Am Sonntag nun folgte die zweite Übertragung – die Aufregung der Zuschauer hatte sich etwas gelegt, dennoch gab es aber wieder Kritik. Sky ist mit der redaktionellen Aufbereitung der Formel 1 noch immer nicht da, wo man sein könnte. Vieles wirkt im Moment etwas lieb- oder hilflos hingeschustert. Das verwundert, steht hinter dem Produkt doch erneut Burkhard Weber – und kennt man seine Ansprüche, dann wird auch klar, dass er noch nicht damit zufrieden sein kann. Jetzt war das das zweite Wochenende; aber einige Probleme sind recht genereller Natur. Es ist nicht die Verbindung der Sportnachrichten- mit der normalen Sportwelt, sondern rein die inhaltliche Umsetzung.
Am Sonntag beispielsweise probierte man wieder neue Übertragungselemente aus – so wurde im Vorlauf erstmals mit einer nicht automatisch gesteuerten Kamera gearbeitet. Dass ein Kameramann die Bilder einfängt, sollte für mehr Drive sorgen – doch das klappte nicht. Die Aufnahmen waren ungewohnt verwackelt, teils zu dicht am Gesprächspartner. Inhaltlich kratzte Sky einmal mehr wieder nur an der Oberfläche. Während des Rennens, Jacques Schulz und Marc Surer sind am Mikrofon ein einspieltes Team, machte Sky dann einen guten Job und auch die Nachberichte fielen deutlich besser aus als in der Vorwoche. Hier wird die starke Fokussierung auf die deutschen Fahrer erkennbar. Das ist nicht schlimm, dennoch hätten sich am Sonntag auch vermehrt nicht-deutsche Themen angeboten. Schade zum Beispiel, dass letztlich kein Interview mit Peter Sauber möglich war.
Ein Problemkind bleibt das von US-Sportübertragungen inspirierte „Klartext“, eine Expertenrunde, in der drei Motorsport-Journalisten zusammen mit Moderatorin Ursula Hoffmann über die aktuellen Geschehnisse diskutieren. Die Rubrik ist derzeit aber nur eine Frage-Antwort-Runde, nachdem in der ersten Woche die Probleme einer wahren Diskussion zum Vorschein kamen. Weil die Experten von ganz Deutschland aus zugeschaltet sind, entstehen Löcher oder alle drei reden auf einmal, weil der Ton unterschiedlich schnell zu den Experten kommt. Das wird auf Dauer ein Problem der Rubrik bleiben und so darf man schon jetzt in Frage stellen, ob diese die gesamte Saison über sinnvoll sein wird.
Das nächste Rennen steigt in drei Wochen – Zeit für die Redaktion an ihrem Konzept noch zu feilen. Denn dass Sky die Latte in Sachen Qualität so hochgelegt hat, ist ihr eigener Anspruch. Ein Anspruch, an dem man nun auch im Falle geringerer Budgets gemessen wird.