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Kai Ebel: 'Niki Lauda ist der Franz Beckenbauer der Formel 1'

Der „Vettel-Finger“ ist zurück: Die Formel 1-Saison 2012 startet an diesem Wochenende mit dem Großen Preis von Australien. 38,5 Prozent der werberelevanten 14- bis 49-Jährigen schalteten in der vergangenen Saison durchschnittlich ein, wenn RTL-Reporter Kai Ebel über die Formel 1 berichtete. Trotz Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen zeigt sich der Kölner Sender selbstbewusst und rechnet bei einem spannenden Weltmeisterschaftskampf sogar mit noch höheren Marktanteilen in 2012. Kai Ebel gilt seit 20 Jahren als „Mister Boxengasse“. Im Quotenmeter.de-Interview spricht der Sportreporter über seine zwei Jahrzehnte Formel 1, seinen ausgefallenen Mode-Geschmack und das Geheimnis der RTL-Berichterstattung.

Kai Ebel, die neue Formel 1-Saison ist dieses Wochenende gestartet. Wie groß ist die Vorfreude auf 2012?
Die Freude ist wieder enorm. Nach der langen Winterpause ist man richtig heiß auf die Formel 1-Saison. Weil so wenig getestet wurde, weiß man noch gar nicht genau, welches Team wo steht. Wahrscheinlich wird Sebastian Vettel das Maß der Dinge sein. Danach kommen die beiden McLaren. Ich glaube aber auch, dass Mercedes einen Schritt nach vorne gemacht hat. Ich hoffe auch, dass Nico Rosberg und Michael Schumacher auf das Podest fahren können.

Ihr Kleidungsstil gilt als Kult. Wie lange brauchen Sie morgens im Bad?
Das geht eigentlich ruck zuck. Es sei denn, ich muss mich rasieren, dann dauert es ein bisschen länger. Die Sachen zum Anziehen lege ich meistens etwas früher raus.

Sie werden dementsprechend häufig als Paradiesvogel bezeichnet. Stört dieser Titel und wie kleiden Sie sich privat?
Privat eher noch ein bisschen auffälliger, aber modisch. Das Attribut Paradiesvogel stört mich in keinster Weise, das drückt ja eher etwas Positives aus.

Wie definieren Sie denn Mode?
Mode sollte zeitgemäß sein aber auch schick und zum Typ passen. Das ist schwer zu definieren.

Sie sind als Sport-Reporter weltweit unterwegs. Ein Traumjob?
Das ist nach wie vor auch nach 20 Jahren immer noch ein absoluter Traumjob, weil ich das, was ich gerne mache, regelmäßig machen darf. Das ist schon fantastisch.

Aber wie viel sehen Sie vom Sport-Austragungsort neben den Dreharbeiten noch?
An einem Rennwochenende sieht man natürlich nicht so viel, über die Jahre dann aber wieder schon. Ich habe ja auch jahrelang «Formel Exklusiv» gedreht und Vorschauen für die jeweiligen Grand Prix gemacht. Dadurch sieht man dann schon sehr viel.

Zurück zum Motorsport: Wie sehen Sie den Streit um den deutschen GP-Austragungsort am Nürburgring?
Das lässt sich ganz schwer abschätzen. Insofern bin ich froh, dass es den Hockenheimring auch noch gibt. Ich weiß nicht, wie die Sache ausgeht, das ist sehr politisch. Es ist unglaublich schwer jetzt etwas vorherzusagen.

Geld scheint die Welt der Formel 1 immer mehr zu regieren, was auch bei einigen Fahrer-Entscheidungen auffällt?
Das hat es in der Formel 1 schon immer gegeben. Wenn ein Team einen knappen Etat hat, nimmt man natürlich einen Fahrer, der gute Sponsoren mitbringt. Die Leute sollten aber schon ein bisschen Autofahren können. Man nimmt da jetzt keinen Taxifahrer.

Wie muss man sich Ihr typisches GP-Wochenende vorstellen?
Donnerstags gehen die Pressekonferenzen los, dann kommen die ersten Interviewabsprachen für das Wochenende. Am Freitag beobachte ich die freien Trainings. Am Samstag übertragen wir live das letzte freie Training und die Qualifikation. Am Sonntag steht das Rennen auf dem Plan. Ich mache ja auch Interviews und recherchiere für unsere Filmemacher.

Sie berichten seit 20 Jahren vor Ort über die Formel 1. Wie lange möchten Sie diesen Job noch machen?
Die nächsten Jahre sind auf jeden Fall sehr interessant. Wir haben so viele Deutsche wie nie zuvor in der Formel 1. Interessieren würde mich natürlich, wie lange Sebastian Vettel auf Michael Schumachers Spuren bleiben kann und wie lange Michael Schumacher noch fährt. Solange diese Fragen noch nicht beantwortet sind, möchte ich noch gerne dabei bleiben.

Wie hat sich die Formel 1 in den letzten zwei Jahrzehnten verändert?
Das Interesse an der Formel 1 ist stetig gewachsen. Die Rennen sind spannender. Nach dem Tod von Ayrton Senna ist auch die Sicherheit besser geworden.

Als Buchautor erzählten Sie zahlreiche Anekdoten aus der Königsklasse des Motorsports. Welche ist Ihre Lieblingsgeschichte?
Da gibt es so viele. Das ist schwer zu sagen. Da bringe ich gerne die Geschichte mit Helmut Kohl an, der beim Nürburgring stramm stand, weil die deutsche Nationalhymne gespielt wurde.

Kritiker werfen dem Sportjournalismus teils fehlende Distanz vor, nach dem Motto: „Die Journalisten sollten stets im Beiboot bleiben“. Wie sehen Sie diese Diskussion?
Eine gewisse Distanz sollte man als Journalist zur Sportart wahren, damit man auch die kritischen Fragen stellen kann. Ich halte es dort aber auch wie die Boxer: Man sollte oberhalb der Gürtellinie agieren. Man muss keinen Hurrajournalismus betreiben, aber auch nicht im Schlamm wühlen, um irgendwelche Skandale zu provozieren.

RTL hat mit der Sportberichterstattung bei Zuschauern und Kritikern Erfolg. Was ist das Erfolgsrezept?
Ich glaube, dass das Erfolgsrezept neben Leidenschaft und Kreativität eine gewisse Kontinuität ist. Wir arbeiten seit Jahren in einem festen Team, bei dem jeder den anderen gut kennt. Wir haben auch einen guten Teamgeist, das geht bei dem Sportchef los bis zum Kameraassistenten. Wir verstehen uns alle blind. Das passt alles wunderbar zusammen.

Wie sehen Sie als RTL-Gesicht die Arbeit von Mitbewerber Sky, der nach schwierigen Jahren einen Abonnenten-Rekord vermelden konnte…?
Es ist immer schwierig die Kollegen zu beurteilen. Vor Ort verstehen wir uns mit den Kollegen von Sky sehr gut. Das Produkt Sky kann ich nicht wirklich verfolgen, weil wir ja selbst zu dem Zeitpunkt zu tun haben.

In Programmtrailern wirbt RTL vor allem mit Weltmeister Vettel. Hat sich die Fokussierung auf Vettel in der Berichterstattung verändert, sodass Idole wie Michael Schumacher wieder mehr in den Hintergrund rücken?
Es verteilt sich anders. Sebastian Vettel hat sich durch seine Erfolge natürlich viel Prestige erarbeitet. Er ist zweimaliger Weltmeister, Michael Schumacher allerdings siebenmaliger. Es verteilt sich ganz gut. Das ist dem Michael aber auch ganz recht. So hat er mehr Zeit. Vielleicht kommt bald der nächste Hero hinzu, wenn Nico Rosberg sein erstes Rennen gewinnt.

War Michael Schumachers Comeback ein Fehler oder eine neue Chance?
Er hat es für sich entschieden, somit war die Entscheidung richtig. Er hat Spaß am Fahren, er fühlt sich dabei wohl. Und wenn man betrachtet, dass er den meisten im Feld noch um die Ohren fährt, dann sage ich, dass seine Entscheidung richtig war. Man darf natürlich nicht denken, dass er jetzt noch einen WM-Titel nach dem nächsten holt. Dass Michael auf dem Niveau noch mitfährt, das ist schon enorm. Wer hat in der Formel 1 bei diesem Alter jemals so eine Leistung gebracht?

Wie beurteilen Sie die RTL-Vertragsverlängerung mit Niki Lauda?
Ich finde es sehr gut, weil ich mich mit dem Niki sehr gut verstehe. Er steht RTL sehr gut zu Gesicht. Er ist der Franz Beckenbauer der Formel 1. Niki ist auch immer für einen Spaß gut.

Welche Rolle spielen die Einschaltquoten?
Die Einschaltquoten sind schon wichtig, weil man sie natürlich auch als Lob versteht, wenn die Leute gerne einschalten.

Was schauen Sie privat gerne im Fernsehen?
Privat schaue ich mir gerne mal einen Film oder ein Fußballspiel an.

Zum Abschluss die meist gestellte Frage in diesen Tagen: Wer wird Formel 1-Weltmeister 2012?
Mein Favorit ist Sebastian Vettel, gefolgt von Lewis Hamilton und Jenson Button.

Vielen Dank für das Interview, Kai Ebel.
18.03.2012 07:22 Uhr Kurz-URL: qmde.de/55550
Benjamin Horbelt

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Tags

Kai Ebel Formel 1 Niki Lauda

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