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Serien-Update: «The Walking Dead»

Am Sonntag auf AMC in den USA und am nächsten Freitag auf FOX hier in Deutschland kehrt «The Walking Dead» mit der zweiten Hälfte von Staffel zwei ins Fernsehen zurück. Quotenmeter.de liefert einen Rückblick und erörtert, was gut und was schlecht war.

Reputation – ein wichtiges Thema im Fernsehen. Hat ein Sender keine Reputation, weil er mit seinem Programm und seinen Zuschauern mangelhaft umgeht, gibt es kein reges Interesse am Programm, und die Zuschauer finden selten gewollt zum Sender. Vor allem im US-Fernsehen ist Reputation ein wichtiges Thema, wenn nach den Meinungen der Zuschauer ein Sender wieder mal eine Serie viel zu früh absetzt, oder eine Staffelteilung vornimmt. AMC hat sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre eine äußerst starke Reputation erarbeitet, die allerdings zu bröckeln beginnt. Mit «Mad Men» und «Breaking Bad» gibt es zwei Kritikerhits und Award-Abräumer, doch in den zurückliegenden Monaten ist das AMC-Geschäft dank der Schwierigkeiten hinter den Kulissen (die endlose Frage der Verlängerung für «Mad Men», die Staffelaufteilung für «Breaking Bad») am Bröckeln. Doch was hat die Reputation mit «The Walking Dead» zu tun? Nun, das Geschäftsmodell des langsam aufsteigenden Senders AMC spiegelt sich in der Produktionszeitlinie von «The Walking Dead» wieder. Und gewissermaßen auch im Inhalt der Serie. In dieser Hinsicht scheint die Serie nicht die Reputation zu haben, welche viele sehen wollen.

Beginnend mit dem Chaos hinter den Kameras, als Serienentwickler Frank Darabont sein Autorenteam austauschen wollte, nachdem die sechsteilige erste Staffel zwar bei den Zuschauern ankam, inhaltlich jedoch durch ihre träge Erzählweise jedoch nicht immer überzeugen konnte. Fortsetzend mit der Entlassung von Darabont seitens AMC, die offenbar nicht mit der Art und Weise von Darabonts Showrunner-Qualitäten klarkommen konnten – besonders nachdem das Budget der Serie um 700 000 US-Dollar pro Folge gekürzt wurde. All das, weil AMCs Chef für Originalprogramme, Joel Stillerman, laut Insiderkreisen nicht unbedingt dafür bekannt ist, eine „positive Beziehung“ mit seinen Showrunnern aufzubauen. Und dass er sich verantwortlich für die Erfolge der AMC-Serien sieht (statt die Erfinder und Showrunner zu nennen). Viel ist passiert hinter den Kameras von «The Walking Dead» – so viel, dass die eigentliche Staffelpremiere der Schere zum Opfer fiel, und kurz darauf mit der zweiten Episode der zweiten Staffel zusammengepaart wurde, um überhaupt eine Staffelpremiere ausstrahlen zu können.

Die zweite Staffel beginnt dort, wo die erste aufhörte: Die Zombie-Apokalypse hat seinen Lauf genommen und das ursprüngliche, größtenteils sorgenfreie, Leben der Überlebenden zerrissen. Kleinstadtsheriff Rick Grimes, seine Frau Lori und sein Sohn Carl, sein bester Freund Shane, sowie weitere Überlebende, die eine kleine Gruppe bilden, befinden sich auf der Straße. Auf der Suche nach Hoffnung, nach Gründen, um weiterleben zu können. Nach einem Ausweg aus der minütlichen Angst, von einem Zombie gefressen und getötet zu werden. Nach einem Weg, die Dunkelheit der Welt für einen Moment abzustellen und zu vergessen. Farmbesitzer und Familienmann Hershel Greene scheint dabei ein Anker im Leben von Rick und Co. zu sein. Doch ein sorgenfreies Leben unter Herden von Zombies ist nicht einfach, wenn jeder seine eigenen Geheimnisse hat, die weitaus bedrückender sind als die Untoten um sie herum. Die Frage wird sein, ob die Gruppe Überlebender auch die Spannung in ihrem eigenen Leben durchstehen kann.

Die zweite Staffel setzt nicht nur storytechnisch an die erste Staffel an. Auch die Art und Weise, wie die Charaktere begleitet werden, ähnelt sehr dem Weg der ersten Staffel. Die Geschwindigkeit, die schon in der ersten Staffel gewissermaßen fehlte, ist auch im ersten Teil der zweiten Staffel nicht vorhanden, und die Entwicklung der Charaktere wird zäh und schleppend vorangetrieben. Informationen, die den Zuschauern schon längst bekannt sind, werden bis zum Äußersten gereizt, ohne wirklich für eine Entwicklung zu stehen; und auf Twists wird in der Regel bis zum finalen Moment gewartet, damit die Autoren dem Publikum einen TV-üblichen Cliffhanger mit auf den Weg geben können. Das einzige Element, welches «The Walking Dead» quasi über Wasser hält, ist die Zombie-Apokalypse und der dazugehörige Survivalhorror auf Seiten der Überlebenden. Hin und wieder gibt es einen Zombie, mit denen sich die Charaktere beschäftigen müssen, um die Erinnerung wachzuhalten, dass «The Walking Dead» eine Zombieserie ist. Dass die Horrorszenen dabei hin und wieder deplatziert wirken, ist nicht als Problem zu betrachten, sondern eher als ein Zusatz für Fans des Charakterdramas. «The Walking Dead» würde ohne diese halbstündlichen Zombieszenen genauso gut funktionieren.

Was die zweite Staffel von der ersten unterscheidet, ist die Charakterzeichnung, die dieses Mal deutlich besser entwickelt wurde. Mal abgesehen davon, dass das Setting der Serie für ausreichend dunkle Momente sorgt, und lockere Szenen nur dann vorkommen, wenn Glenn auf dem Bildschirm ist (was er übrigens ruhig öfter sein könnte), bietet das Drama hinter dem Survivalhorror genügend Szenen, um endlich mit den Charakteren mitzufiebern. Rick ist nicht mehr die übertriebene Führungsperson, sondern trifft Entscheidungen, wie es sich für einen Führer gehört; Shane hat das Potential sich zu einem Antagonisten zu entwickeln; und es wurde zusätzliches Konfliktpotential in die Gruppe geschrieben. Das hilft zwar dem großen Cast immer noch nicht, da Rick, Shane und Lori immer noch im Zentrum des Geschehens stehen, doch es ist ein richtiger Schritt nach vorne, dass auch die Personen hinter den Leads von den Autoren eine Story spendiert bekommen (auch wenn diese sich über die sieben Episoden streckte und sich mit Ausnahmen praktisch nicht entwickelte).

Wer ehrlich ist, wird erkennen, dass «The Walking Dead» keine perfekt geschriebene Serie ist. Der Erfolg ist dem populären Zombiegenre zuzuschreiben, sowie dem Mut, mit abschreckenden und ekelhaften Zombieszenen die Zensur- und Gewaltdebatte des amerikanischen Fernsehens anzugreifen und zu hinterfragen. Alles andere ist dramaturgische Standardware in einer düsteren Welt, die weitaus mehr Storys bietet als die Autoren benutzen wollen. Und da braucht man sich nicht einmal die Comics von Robert Kirkman zur Inspiration durchzulesen. Es ist schade, dass nie das vollständige Potential ausgenutzt und stattdessen auf Zombie komm raus gearbeitet wird. Das ist in der zweiten Staffel ein größeres Problem als in der ersten, was auch mit dem Showrunnerwechsel und der Autorenkrise hinter den Kameras zu tun hat. Es gab einfach keinen Fokus auf die Geschichten zwischen den Charakteren. Dafür gab es eine sieben Episoden lange Story mit einem berechtigten Cliffhanger, welcher auch schon nach zwei Episoden hätte kommen können. Vielleicht wird sich das in der am Sonntag auf AMC startenden zweiten Staffelhälfte ändern. Die Autoren haben nun freie Bahn für die Entwicklung der Geschichte und müssen sich nicht mit Kündigungen und Budgetkürzungen beschäftigen.



Dass die Suche nach Sophia zeitweise ermüdend und nervend war, lag einfach daran am fehlenden Fokus der Autoren. Es gab mehrere Male Gründe für die Überlebenden, die Suche abzubrechen, da die Chancen, Sophia jemals lebend wiederzusehen, mit jeder Episode sanken. Und doch haben die Charaktere, besonders Sophias Mutter Carol, nie die Hoffnung aufgegeben, dass Sophia sich irgendwo versteckt und auf ihre Mutter wartet. Natürlich macht das Sinn, dass eine Mutter ihre Tochter nicht aufgibt, und es ergibt sich durchaus ein ansprechender Konflikt zwischen Carol und dem Rest der Gruppe, wie hoch die Lebenschancen von Sophia nun wirklich sind. Es gab allerdings keinen Grund für die Autoren, nicht auf diesen Konflikt einzugehen. Hin und wieder wurde die Story für Daryls Entwicklung verwendet – ihn als Helden erscheinen lassen, um einen Kontrast zwischen seiner Person in dieser Staffel und in der ersten zu geben – doch etwas anderes als „Sophia lebt noch, ich weiß es“ und ähnliches gibt es nicht.

Hershels Farm war ebenfalls ein Element in dieser Staffel, welches faktisch das Storytelling zu einem Halt brachte. Die Greene-Familie war durchaus interessant, hätte jedoch stärker in die Geschichten der Überlebenden mit integriert werden sollten. Die einzigen, die Erwähnungen finden, sind Hershel als der Mann des Glaubens, der trotzdem seine Kinder niemals in Gefahr bringen würde, sowie seine Tochter Maggie, die eher an einer kleinen Liebesgeschichte mit Glenn interessiert ist, als sich für den Plot herzugeben. Dass Hershel auch noch zwei andere Kinder hat, die alle paar Minuten im Hintergrund umherlaufen, wird dabei gerne mal vergessen. Zusätzlich wurde eine faszinierende Akzeptanz zwischen Hershel und Rick geschrieben, welche irgendwann zum letztlichen Cliffhanger der Ministaffel führte: eine Freundschaft, die eigentlich keine ist, doch beide Männer wissen, was es bedeutet, als Führungsperson zu agieren und nicht enttäuschen zu dürfen. Hier fehlte auch eine Menge an Konfliktpotential, welches die Episoden gut gefüllt hätte. Statt von Anfang an zu thematisieren, dass Hershel in seiner Scheune ein Geheimnis versteckt hält, wird dieser Plot nur dazu genutzt, um Sophias Schicksal am Ende zu erklären – die Scheune wurde buchstäblich nur für eine einzige Story genutzt, was in TV-Standards gar nichts ist (für AMC-Verhältnisse jedoch normal, wenn man sich das Storytelling von «Mad Men», «Rubicon» und «Hell on Wheels» einmal ansieht).

Auch muss man sich fragen, ob die Ansammlung hunderter Fragen am Ende der siebten Folge wirklich die langsame Erzählweise der sechs vorherigen Episoden rechtfertigt. Auf Hershels Farm fühlten die Überlebenden sich zum ersten Mal seit der Serienpremiere sicher. Zum ersten Mal konnten sie so etwas wie ein Leben nach der Zombieapokalypse leben – trotz all der Fragen über Sophia, und all der Momente, in denen Hershel vermutet, mit dem Einlass der Gruppe eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Die menschliche Natur wird in Frage gestellt, besonders wenn Sophia aus der Scheune gelaufen kommt, und die Frage mit Ricks alleiniger Entscheidung beantwortet wird. Doch ist es von Vorteil, wenn das Ziel einer Story über sechs Episoden hinausgezögert wird und dadurch die Zeitspanne zwischen Fragen und finaler Antwort zur Unwichtigkeit gerät? «The Walking Dead» hat den Zombievorteil, doch der Rest kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Autoren nicht gelang, die Storyhebel loszulassen und die Geschwindigkeit anzukurbeln.

Am Ende beweist der erste Teil von Staffel zwei sich als gute Unterhaltung, die nicht immer überzeugen kann, und vielleicht sogar durch das Genre vom Publikum überschätzt wird. Die Autoren um den neuen Showrunner Glen Mazzara, darunter auch Robert Kirkman, müssen zuerst herausfinden, ob es sich nicht doch lohnt, Abstand zu den Comics zu entwickeln und den Zuschauern eine komplett andere Story zu liefern. Hershel und seine Kinder sind auch nur aus den Comics adaptierte Charaktere. Das Storytelling würde vielleicht von selbst auf eine akzeptable Geschwindigkeit kommen, wenn sich nicht so sehr an die Comics geklammert wird.
08.02.2012 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/54824
Christian Wischofsky

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The Walking Dead

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