Judy Greer und ihre miese Erfolgsbilanz mit Comedyserien: «Miss Guided» war nur eine der Serien, die nach ihrer kurzen ersten Staffel abgesetzt wurde.
Es hat nicht lange gedauert, bis Judy Greer eine neue Serie an Land gezogen hat. In dieser Woche bestellte ABC die Comedy «American Woman» mit Greer in der Hauptrolle, die sich mit ihrem neuen Ehemann, ihren Stiefkindern und ihrer Stiefmutter in einer Kleinstadt wie ein Fisch auf dem Trockenen fühlt. «American Woman» wird die fünfte Serienhauptrolle ihrer Karriere sein. Nach drei gescheiterten Versuchen auf CBS (mit dem letztjährigen Flop «Mad Love», sowie «Love Monkey» und «Love & Money»), kehrt sie mit «American Woman» zum Alphabetsender zurück. Und es können schon Wetten angenommen werden, wie lange Greers neue Serie braucht, um in seiner ersten Staffel abgesetzt zu werden. Neben den schon drei erwähnten CBS-Flops ist ihre Erfolgsbilanz auf ABC auch nicht unbedingt rosig: 2008 startete die Comedy «Miss Guided» als Midseason-Ersatz, und war offenbar von Vornherein nicht für eine langlebige Zukunft bestimmt. Schon im August 2006 mit einer Pilotorder ins Leben gerufen, noch vor den Upfronts im Mai 2007 mit sechs weiteren Episoden aufgestockt, und mit «Dancing with the Stars» als Lead-in auf Zuschauerfang gegangen, hat es die Serie zu einer Doppelfolgenprogrammierung am Donnerstagabend gebracht, wo sie komplett unterging.
«Miss Guided» erzählte die Geschichte von Becky Freeley (Greer), die als Vertrauensperson der Glen Ellen High School zu ihrer Alma Mater zurückkehrt – die High School, in der sie als Schülerin metaphorisch die Hölle durchleben musste, die so viele Studenten in ihrem fiktiven TV-Leben durchleben müssen. Teil der Fakultät ist ihre ehemalige Quälerin Lisa Germain (Brooke Burns), die als Englischlehrerin und Cheerleader-Trainerin dort weitermacht, wo sie nach der High School aufgehört hat, sowie Spanischlehrer Tim (Kristoffer Polaha), der als Objekt der Begierde für Becky und Lisa gilt. Die Serienpremiere fand am 18. März 2008 einen Platz hinter einer 90-minütigen Ausgabe von «Dancing with the Stars», welche vor vier Jahren es immerhin noch auf über 20 Millionen Zuschauer brachte. Die Startbedingungen waren für «Miss Guided» demnach gut. Und doch schaffte die Comedy es, gleich 50 Prozent der Zuschauer seines Vorprogramms zu verlieren. Während «Dancing with the Stars» um 22 Uhr noch mit 19,99 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 20 Prozent bei allen Haushalten überzeugen konnte, brachte die Pilotfolge von «Miss Guided» um 22.30 Uhr es auf nur 9,99 Millionen Zuschauer und 12 Prozent.
Nun sollte man beachten, dass Comedypremieren hinter «Dancing with the Stars» regelmäßig mit solchen Zuschauerverlusten zum tanzbaren Vorprogramm aus dem Serientor geschlichen kommen. Allerdings lässt sich die Frage stellen, warum ABC «Miss Guided» eine ordentliche Serienpromotion gab, nur um sie dann in den nächsten drei Wochen zu verschwenden, als würde der Eindruck entstehen, dass ABC kein passendes Programm als Lead-in zu «Lost» hatte. Und ABC wurde schnell in den Einschaltquoten bestraft: Nun in Doppelfolgen ausgestrahlt, kam die erste Woche auf über sechs Millionen Zuschauer und sieben Prozent in der Zielgruppe; die zweite Woche landete unter der 6-Millionen-Marke und sechs Prozent; und die dritte Woche stürzte ins Tal der Tränen mit weniger als fünf Millionen Zuschauer und fünf Prozent. Dass ABC der Serie für das TV-Jahr 2008/2009 keine zweite Chance geben würde, war offensichtlich. So kam es, dass «Miss Guided» schon vergessen war, bevor mit den 2008-Upfronts die offizielle Absetzung kam.
Bei den Kritikern kam die Comedy immerhin gut weg. «Miss Guided» war eines der Serienversuche, die nicht auf feurige und überschnelle Dialoge setzte, welche im 10-Sekunden-Takt einen Gag beinhalten müssen, sondern setzte durchaus die Eigenarten der Charaktere in den Vordergrund. Das machte sich vor allem beim Spiel von Judy Greer bemerkbar, die warmherzig und immer mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht herüberkam – was für einige Kritiker allerdings auch das Problem der Serie war. „Adorkability“ war das Wort, welches offenbar nicht mit den Zuschauern im Einklang war, wenn es um «Miss Guided» als Serie allgemein ging. Zu langweilig und humorlos war sie, um auf Dauer unterhalten zu können. Und da die Serie nach drei Wochen auf dem Sendeplan sowieso wieder verschwand, hatte sie keine Chance, Anerkennung außerhalb der Pilotfolge zu bekommen. Als hätte ABC die Serie schon aufgegeben, bevor diese überhaupt gestartet ist – was bei «Miss Guided» durchaus nicht das erste Mal aufgetreten ist. Vor allem neben den erfolgreiche Dreierpack «Lost», «Desperate Housewives» und «Grey's Anatomy» hatte man schon das Gefühl, als würde ABC mit seinen neuen Serien keine Geduld haben.
Immerhin war «Miss Guided» für die Beteiligten nur eine Fingerübung. Judy Greer ist auch heute noch sehr gefragt (daher ihr neuer Pilot), Kristoffer Polaha ist dieser Tage ein gefragter TV-Darsteller (obwohl er in «Ringer» deutlich unterfordert ist), und Brooke Burns kehrte in die Rolle der Nebendarstellerin zurück, wartet jedoch noch auf ihren Durchbruch im 21. Jahrhundert, nachdem sie Ende der 90er als Rettungsschwimmerin in «Baywatch» zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Und Serienerfinderin Caroline Williams ist nach einem einjährigen Engagement als beratende Produzentin für «Modern Family» nun ein Stammautor für die NBC-Comedy «Up All Night». In der nächsten Season wird sich zeigen, ob Judy Greer ihren kleinen TV-Fluch ablegen kann. Vorausgesetzt ABC kneift nicht und erkennt, dass «American Woman» durchaus in den Comedyblock am Mittwochabend passt – auch wenn die Prämisse sehr nach einer unkomplizierten Mischung aus «Suburgatory» und «The Middle» klingt.