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First Look: «Napoleon Dynamite»

Die animierte Adaption des Kino-Kultfavoriten von 2004 gliedert sich sehr gut in den Sonntagsblock von FOX ein, hat aber mit Langeweile im Stimmencasting zu kämpfen, sowie mit der Lieferung von Comedymomenten.

Viele TV-Remakes und Fortsetzungen sind offensichtlich. Kürzlich fand «The Firm» auf NBC seine Premiere und dürfte sicherlich kein langes Leben auf dem gebeutelten Sender haben. Doch bei manchen TV-Serien im Programm hat man nicht einmal entsprechendes Hintergrundwissen, um eine filmische Vorlage zu vermuten. Es scheint auch ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass ein Kultfilm in eine Animationsserie adaptiert wird, statt sich in einer Live-Action-Adaption zu versuchen. Die animierten Versionen von «Zurück in die Zukunft» (1991-1992, CBS), «Die Mumie» (2001-2003, Kids' WB) und «Dumm und Dümmer» (1995-1996, ABC) liefen jeweils im Kids-Programm während der Morgenstunden, konnten jedoch kaum Erfolge vorweisen. Mit der neuen FOX-Animationscomedy «Napoleon Dynamite» kommt nun eine Serie an den Start, die ihre Vorlage in der minderwertig kultigen Teenagerkomödie gleichen Titels findet, welche 2004 mit einem Budget von 400.000 US-Dollar produziert wurde und innerhalb eines Jahres mehr als 40 Millionen Dollar weltweit einspielte. Der Film handelte vom 16-jährigen Highschool-Student Napoleon Dynamite, verkörpert von Jon Heder, der zusammen mit seinem 32-jährigen, arbeitslosen Bruder Kip sowie seiner Großmutter zusammenlebt und gelangweilt durch den Tag träumt. Die Serienadaption setzt genau dort an und nimmt sich auch vor, Elemente des Filmes mit in die Serie zu bringen. Was mal funktionierte, mal nicht.

Genau wie im Film ist der animierte Napoleon Dynamite ein gelangweilter Schüler in einem gelangweilten Bundesstaat namens Idaho, der mehr als Loser statt als Nerd gesehen wird. Sein Bruder Kip ist auf der Suche nach seiner zukünftigen Frau, während Grandma Dynamite hingegen kein Interesse für ihren jüngsten Enkelsohn hegt und stattdessen nur an den Zukunftsplänen von Kip interessiert ist. Napoleon hat es demnach schwer, einen Platz im Leben zu finden – immerhin sind seine Interessen an Martial Arts, Hip-Hop und Tetherball entwickelt genug, um nicht gelangweilt in den Tag zu sterben. Dass er seinen Bruder Kip abgrundtief hasst, ist dabei nicht mal der Hauptteil der Serie.

FOX macht schon gleich bei der ersten Ausstrahlung von «Napoleon Dynamite» den Fehler, nicht die eigentliche Pilotfolge auszustrahlen, sondern die Episoden drei und vier. Das hat insofern schon mal einen positiven Effekt, da die erste ausgestrahlte Folge unzählige Elemente des Films bereit hält und demnach für die Fans interessant sein könnte. Dass der Verzicht auf eine Ausstrahlung des offiziellen Piloten auch einen Nachteil beinhaltet, zeigt sich in der nicht vorhandenen Einführung der Charaktere und Geschichten für die Nichtkenner des Films. Die Peinlichkeiten von Napoleon wirken in der ersten Episode viel zu normal, um verrückt zu wirken, was letztendlich den Anschein macht, dass Napoleon der normalste Mensch in seiner eigenen Welt ist. Der Film ist deshalb ein Kultobjekt der Fans, weil Napoleon als Charakter seltsam genug ist, um eine Comedy zu rechtfertigen, jedoch am Ende als Held dasteht, nachdem Napoleon sich als ziemlich clever gegenüber seinen Mitmenschen beweisen konnte. Für die Serie haben die Autoren Napoleon noch seltsamer geschrieben und in eine noch seltsamere Welt verfrachtet – damit «Napoleon Dynamite» auch so aussieht wie der Rest des Sonntagabend bei FOX.

Das ist auch das größte Problem, welches die Serie hat: Sie wirkt viel zu normal, um etwas Besonderes zu sein. Der Comedyanteil zeigt nur, dass die Autoren für die Serie nach der Pointe und einer verrückten Szene suchen, wie es auch bei den «Simpsons», in «Family Guy» und in der «Cleveland Show» der Fall ist. Zwar passt «Napoleon Dynamite» problemlos in den speziellen FOX-Mix am Sonntag hinein, am Ende ist die Serie jedoch nichts Anderes als ein Versuch, eine weitere verrückte Animationsserie zu finden, die auch ein paar Charaktermomente beinhalten kann. Während «Napoleon Dynamite» also die Fans zum Einschalten bringen will und aus diesem Grund so viele Elemente aus dem Film wie möglich einbringt, werden die TV-Animationsfans damit abgespeist, dass die Serie genauso viel und wenig zu bieten hat wie seine Konkurrenten im Genre.

An der 2D-Animation ist nichts auszusetzen. Zwar bleibt sie vollständig überraschungsarm und kann nichts zum Style der Serie beisteuern, doch passt sie genauso in den Animationsmix wie die Verdrehtheit der anderen Animationsserien. Etwas müde ist dagegen die Synchronisation. Obwohl der komplette Cast aus dem Film ihre Seriencharakteren ihre Stimmen leihen, kann man nicht über den Schlafmittelimage von Hauptdarsteller Jon Heder hinwegsehen, der den Großteil der Folge herunterzieht und seinem animierten Charakter überhaupt keine Charakterzüge gibt. Auch Aaron Ruell übertreibt es mit seinem Stimmenspiel ein wenig, wenn er in wenigen Fällen klingt, als wäre sein animierter Charakter eine Frau im Schnauzbartkostüm.

«Napoleon Dynamite» ist als animierte Adaption eines Filmes also genau das, was «Futurama» für die «Simpsons» ist: ein Versuch, die Sichtweisen eines Autorenteams in ein weiteres Projekt unterzubringen. Und da das Animationsgenre zur Zeit heißbegehrt ist (trotz der mehreren FOX-Flops in den letzten Jahren), lassen es die Produzenten sich nicht nehmen, all die üblichen übertriebenen Szenenmomente mit einzubauen. Ob das der Comedy der Serie hilft, wird sich auf langer Hinsicht zeigen müssen – für die erste ausgestrahlte Folge hat es jedoch nicht unbedingt gereicht. Vielleicht auch nur deswegen, weil FOX entschieden hat, die schwachen Episoden der ersten Staffel zuerst auszustrahlen, wie es sich für Animationsserien gehört.
17.01.2012 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/54392
Christian Wischofsky

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Napoleon Dynamite

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