Hollywoods neues Spielzeug: Das IMAX-Großformat findet immer mehr Zuspruch im Unterhaltungskino. Bedeutet das Konkurrenz für die moderne 3D-Technologie?
Es bahnt sich ein Format-Wettstreit im Eventkino an. Dass opulente Big-Budget-Produktionen mittlerweile fast schon standardmäßig in 3D ins Kino kommen, sollte mittlerweile auch jeder Gelegenheitskinogänger mitbekommen haben. Allerdings starten nun auch immer mehr große Action-Filme im IMAX-Format. Manche davon mit 3D-Option, andere ganz klassisch und exklusiv in 2D. Mit Unterstützung solcher erfolgreicher Regisseure wie J. J. Abrams, Brad Bird und allen voran Christopher Nolan könnte der im IMAX-Format gedrehte Eventfilm der nächste Trend in Hollywood werden.
IMAX-Kinos waren in ihren Anfangsjahren aufgrund der Technik (die großformatigen Filmrollen wiegen ca. 80kg, die entsprechenden IMAX-Kameras sind überaus unhandlich) für Naturfilme und ähnliche Nischenproduktionen reserviert. Diesen Markt eroberten IMAX-Kinos allerdings sehr schnell, da die großformatigen Kopien und die besonderen Projektoren auf der für diese Kinokette typischen Riesenleinwand für ein schwer vergleichbares Seherlebnis sorgen. Kommerzielle Filme hielten zunächst durch Animationsfilme Einzug ins IMAX. So starteten die Disney-Studios «Fantasia 2000» vorab exklusiv im IMAX-Format, um das Kinopublikum völlig in der Visualisierung klassischer Musik eintauchen zu lassen. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts wurden zunehmend weitere Animationsfilme in IMAX-Kinos aufgeführt (darunter «Der Polarexpress» und «Der Schatzplanet»), und mit der Konvertierung von Realfilmen wie den «Matrix»-Fortsetzungen ins IMAX-Bildformat öffnete sich die Kette noch weiter dem Popcorn-Kino.
Allerdings stellte sich die unhandliche Kamera weiterhin als Herausforderung für den Dreh von fiktionalen Kinofilmen heraus, weshalb man davon absah, nichtdokumentarische Produktionen im IMAX-Format zu drehen. Christopher Nolan und sein Kameramann Wally Pfister brachen 2008 das Eis, indem sie insgesamt 30 Filmminuten von «The Dark Knight» im Großbildformat umsetzten. Nolan war vom Ergebnis begeistert, weshalb auch «The Dark Knight Rises» einige IMAX-Sequenzen aufweisen wird.
Nolans Beispiel machte Schule: «Transformers 2» und «Mission: Impossible – Phantom Protokoll» enthielten ebenfalls ausführliche IMAX-Sequenzen. Weshalb einigen Branchenbeobachtern nach zu urteilen der Kampf zwischen IMAX und 3D im Bereich der Mega-Blockbuster unvermeidlich scheint. Während 3D in zahlreichen Kinos möglich ist und den Kinogängern die Illusion von Räumlichkeit bietet, füllen IMAX-Leinwände üblicherweise das gesamte Sichtfeld und ein überaus detailliertes, gestochen scharfes Bild. Beide Formate können, vorausgesetzt sie werden optimal verwendet, das Publikum mitten ins Geschehen versetzen. Brad Bird entschied sich, «Mission: Impossible – Phantom Protokoll» teilweise im IMAX-Format zu drehen, weil diese im Heimkino nicht nachzuahmende Technik seiner Meinung nach den Unterhaltungsfaktor erhöhe: Betrachtet man die Szene, in der Tom Cruise die Fassade des höchsten Gebäudes der Welt hochklettert, kann man in IMAX-Vorführungen sehen, wie die Fenster bei jeder noch so kleinen Bewegung Cruises nachgeben. Bird sagte in Interviews jedoch, dass er IMAX nicht immer den Vorzug gegenüber 3D geben würde. Es hinge vom Film ab.
Christopher Nolan vertritt eine striktere Meinung gegenüber 3D: In näherer Zukunft sieht er keinen Grund, Filme in 3D zu drehen. Einen Spielfilm komplett mit IMAX-Kameras zu drehen, könne er sich dagegen sehr wohl vorstellen. Verständlich, denn die für Nolans Filme typische, fast schon hypnotische Kameraarbeit wirkt auf größerer Leinwand umso stärker. In 3D die selbe Wirkung zu erzielen, ist eine Herausforderung.
David Fincher, dessen «Verblendung»-Adaption demnächst in Deutschland startet, sagte wiederum gegenüber
MTV, dass er kein Interesse an dieser Technologie habe. Ihn würden die unvermeidlichen Formatwechsel im laufenden Film stören. Eines der kommenden Projekte Finchers, eine Neuinterpretation von «20.000 Meilen unter dem Meer» die laut Finchers Aussagen zu einem Löwenanteil aus Computeranimation bestehen wird, wird also schonmal nicht Teil des sich abzeichnenden IMAX-Booms.
Letzten Endes ist es eh zu früh, um standfeste Prognosen über die technische Zukunft des Big-Budget-Kinos abzugeben. Der Erfolg oder Misserfolg von «The Dark Knight Rises» wird kommendes Jahr darüber entscheiden, ob Studios ihren Top-Regisseuren weiter freie Hand bezüglich des IMAX-Formats lassen werden. Grund genug, um sich als passionierter Kinogänger gespannt ins Jahr 2012 zu stürzen! Denn schon in 12 Monaten könnte diese ganze Diskussion Schnee von gestern sein. Entweder weil niemand mehr an IMAX glaubt, oder plötzlich Dutzende Trittbrettfahrer denken, Nolans letzter Erfolg hinge allein vom Bildformat ab. Denn wenn in Hollywood eine Regel gilt, dann die, dass viel zu viele Geschäftsführer den Erfolg im Oberflächlichen suchen.