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360 Grad: Too Much?

Gerüchten zufolge konzipiert man beim Ersten gerade eine Sendung im Stil von «Switch reloaded». Eine Bankrotterklärung der ARD?

Wirklich lustig geht es im Ersten wahrlich nicht zu. Einmal im Monat wird das politisch und gesellschaftlich relevante Geschehen müde im «Satire Gipfel» aufgekocht, während die viel beworbenen Vorabend-Krimis der Marke «Heiter bis tödlich» genauso zäh und klamaukhaft ausfallen, wie es die Skeptiker von Anfang an prophezeit haben. Und dass Florian Silbereisens Volksmusiksendungen ab und an durchaus ganz lustig sind, zählt nicht, entsteht die Komik hier doch eher unfreiwillig.

Von daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass die ARD in ihrer Programmstruktur ein „Humordefizit“ sieht. Wie der „Spiegel“ nun erfahren haben will, sieht man auch bereits Handlungsbedarf. Laut den Informationen des Nachrichtenmagazins werde derzeit an einer öffentlich-rechtlichen Variante von «Switch reloaded» mit dem Arbeitstitel «Das Ernste» gearbeitet und bereits mit drei Mitgliedern des Casts der ProSieben-Sendung verhandelt: Martina Hill (Heidi Klum), Max Giermann (Stefan Raab) und Martin Klempnow (Kai Ebel).

Diese Nachricht muss man jedoch aus mehreren Gründen kritisch und skeptisch sehen: Schließlich kann es ja nicht der Gipfel der kreativen Leistung all der aktionswütigen ARD-Gremien sein, die Aufbesserung des mageren Comedy-Spektrums darin zu sehen, einfach Parodien auf das Fernsehen (und damit unweigerlich auch auf das, was man selber so produziert) in einer wohl stark ähnlichen Weise zu senden, wie es die private Konkurrenz tut. Auch wenn man sich nach dem «Heiter bis tödlich»-Debakel ernsthaft fragen muss, ob man die ARD-Mitarbeiter, die nicht zum Lachen in den dunkelsten Keller gehen, an mehr als einer Hand abzählen kann. Doch ein schlichtes Adaption-statt-Innovation käme durchaus einer Bankrotterklärung der Komik-Kompetenz des Ersten gleich.

Dabei ist «Switch Reloaded» ein Format, das sehr stark vom Anarchismus gegenüber dem eigenen Berufsfeld lebt und von seinen Machern eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstironie verlangt – Eigenschaften, die man der ARD nicht unbedingt zuschreiben würde. Jedes Konzept, das in diese (selbst-)parodistische Richtung schießt, muss diese Attribute aber aufweisen. Dabei ist es nur schwer vorstellbar, dass auch das Erste derart scharfe Persiflagen beispielsweise auf Florian Silbereisens Shows senden würde, wie sie im Rahmen von «Switch Reloaded» ausgestrahlt werden – dort etwa mit einer Inzest-Band, die ihren Schlager „Auf unserer Alm, da gibt’s koa Sünd'; da macht der Bruder mit der Schwester a Kind“ neben einem fröhlich hüpfenden Silbereisen (Michael Kessler) vorträgt. Selbstironie ist kein Gebiet, auf dem sich die ARD einen Namen gemacht hat. Ihre Zuschauer, zumindest dem Klischee nach, ebenso wenig.

Ohnehin scheint der Markt für ein derartiges Format momentan übersättigt. Schließlich sendet ProSieben aktuell montags nach «TV total», dienstags nach «Stromberg» und dienstags bis freitags im Nachmittagsprogramm Wiederholungen von «Switch reloaded». Da sollte man es sich beim Ersten lieber zweimal überlegen, ob man hier noch Öl ins Übersättigungsfeuer gießen möchte. Ob Hill, Giermann und Klempnow an einem Wechsel zur ARD Interesse haben, ist derweil nicht bekannt. Angesichts dessen, dass bei Sat.1 bald Hills eigene Comedy-Show starten wird und es von keiner Seite eine offizielle Bestätigung dieser Nachricht gibt, ist ihr Wahrheitsgehalt ohnehin fraglich.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.
25.11.2011 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/53412
Julian Miller

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Tags

360 Grad switch reloaded Das Ernste

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