Teil 3 des Comicspezials: John Wesley Shipp war für ein komplettes Jahr der schnellste Mensch der Welt
Mit der Kreation von Superman in der ersten Ausgabe von Action Comics (Juni 1938) begann der Siegeszug von DC Comics, welches damals den Namen National Allied Publications trug. Zusammen mit der Sensation von Detective Comics, welches im Mai 1939 Batman zum ersten Mal vorstellte, wurde der Archetypus der Superhelden erschaffen und verlangte nach neuen Kreationen aus dem Hause der Comicautoren und -zeichner. In den darauffolgenden Jahren folgten die Geburten weiterer populärer Superhelden – einer davon trägt den Namen Jason Peter Garrick, war ein Collegestudent, und nachdem er während seiner Arbeit in einem Labor eingeschlafen ist und Wasserdämpfe einatmete, stellte er außergewöhnliche Fähigkeiten an sich fest: übermenschliche Geschwindigkeit, sowie extrem schnelle Reflexe. Flash war geboren, und mit ihm eine Reihe von Comicserien und Charakterversionen (die ihren Ursprung in den „Flash Comics“ fanden, erste Ausgabe im Januar 1940), welche heute noch durch die verschiedenen Justice Leagues gehen und die Welt vor dem Bösen rettet. Garrick war die erste Inkarnation des Comichelden Flash; in den Jahren sollten ein weiteres Dutzend kommen. Der bekannteste Flash war jedoch Bartholomew Henry „Barry“ Allen – der erste wiederbelebte Superheld für die „Silver Age“ der Comics (nachdem DC Comics 1956 all ihre Superhelden von Grund auf modernisierte, um den gewachsenen Ansprüchen der Leser zu genügen). Barry Allen war auch das Thema der ersten Live-Action-Serie über Flash.
Der Erfolg von Tim Burtons «Batman» 1989 hat bewiesen, dass es möglich ist, anspruchsvolle Comicgeschichten und komplizierte Comiccharaktere auf die Leinwände und Bildschirme zu bringen, und die Fans der Comics genauso beeindrucken kann wie neue Zuschauer und vielleicht zukünftige Leser. Bevor Produzenten und Autoren den Erfolg von «Batman» für sich auskosten konnten, war jedoch das Produzententeam Danny Bilson und Paul De Meo inmitten einer Pilotentwicklung mit dem Titel „Unlimited Powers“, welche gewissermaßen die Entstehung der Justice League of America ausleuchten wollte, mit Flash als zentraler Charakter, der die ehemaligen Mitglieder der League zusammenbringen und eine Bewegung gegen ein totalitäres System anführen sollte. Für CBS, welches schon in den 1970er Jahren gewissermaßen als „the Superhero Network“ bekannt war (nachdem sowohl Hulk, Wonder Woman, als auch
Spider-Man ihre Serienadaptionen, sowie Dr. Strange und Captain America ihre Filmadaptionen fanden), waren die Kosten einer solchen Serie jedoch viel zu hoch, weshalb die Idee nie über ein Drehbuch hinauskam. Bilson und De Meo waren von der Absage jedoch nicht eingeschüchtert und beschlossen deshalb, etwas kleiner anzufangen. Dieses Mal wurde eine Serie um Flash als Solocharakter entwickelt, und CBS war mit der Idee weitaus mehr zufrieden.
1990 wurde die Serienadaption «The Flash» auf dem Markt geworfen und fokussierte sich dabei auf die Geschichten der Silver-Age-Comics. Laut den Produzenten sollte die Serie genauso düster sein wie der «Batman»-Film, was innerhalb der Produktion Vermutungen mit sich brachte, dass wohl mehrere Beschwerden von mehreren Elternverbänden kommen würden. John Wesley Shipp, der sich zuvor durch Emmy-gewürdigte Auftritte in den Daily Soaps «As the World Turns» und «Santa Barbara» einen Namen machte, übernahm die Rolle des Barry Allen, einem forensischen Wissenschaftler für die Polizei von Central City, der nach einem Blitzeinschlag in seinem mit Chemikalien belagerten Labor übermenschliche Fähigkeiten an sich feststellt. Mit Hilfe der Wissenschaftlerin Tina McGee (Amanda Pays), welche das berühmte rote Kostüm mit dem gelben Blitz auf der Brust aus einem Prototyp für Tiefseetauchen entwickelte, macht Barry auf Ordnungshüter in seiner Stadt, und gerät neben den üblichen Kriminellen mit mal durchdachten, mal nicht durchdachten Plänen, auch an schwere Superschurken in Form von Mark „Luke Skywalker“ Hamill.
Der rote Anzug selbst war der Dreh- und Angelpunkt der Serie, und den ließen sich die Produzenten 100 000 US-Dollar kosten. Nicht nur war es überhaupt nötig gewesen, den Anzug perfekt in Szene zu setzen und als visuellen Effekt zu benutzen (was bei den Geschwindigkeits-Sequenzen, und der Tatsache, dass meistens nachts gedreht wurde, zuerst recht schwierig war), auch benötigte Shipp 30 Minuten, um jedes Mal die 30 Teile des Anzuges anzuziehen. Um den Darsteller während der Dreharbeiten unter dem Kostüm kühl zu halten, wurde extra ein Kühlungssystem entwickelt, welches in den Anzug mit integriert wurde. Dass der Anzug durch Trick-, Licht- und Schattentechnik Shipps muskulären Körper besser zur Gestaltung brachte, war ebenfalls ein willkommener Effekt für die Produzenten.
Der 6,5 Millionen Dollar schwere Pilotfilm wurde am 20. September 1990 um 20 Uhr ausgestrahlt – einem Donnerstag, und somit gegen den unheimlichen FOX-Erfolg «The Simpsons», dessen Premiere der zweiten Staffel in einem Monat bevor stand (und zur Zeit der «Flash»-Premiere sich in Wiederholungen befand), sowie dem Must-See-Thursday von NBC. CBS konnte jedoch kurzfristig nichts gegen die harte Konkurrenz unternehmen, nachdem FOX mit einer Marketingstrategie kam und die «Simpsons» auf den Donnerstag setzte, um die jungen Zuschauer an sich zu binden. Für CBS und «The Flash» war dies besonders vom Nachteil, da die neue Serie genau dieselbe Zielgruppe ansprach und dies vor der Premiere leichte Sorgenfalten kreierte, da CBS glaubte, ihre teure Serie (weitere Folgen wurden für 1,4 Millionen US-Dollar produziert – ein stolzes Sümmchen für 1990er TV-Standards) auf dem Todesplatz am Donnerstag platziert zu haben. Um den «Simpsons» und der «Cosby Show» auf NBC aus dem Weg zu gehen, platzierte CBS nach dem zweistündigen Piloten «The Flash» auf 20.30 Uhr (für ein einstündiges Drama ein sehr ungewöhnlicher Schritt), was in quotentechnischer Hinsicht jedoch überhaupt nicht funktionierte. Kurze Zeit später einigte man sich auf den 21-Uhr-Sendeplatz, wo die Serie jedoch auch nur rund 13 bis 14 Prozent Marktanteil bekam, was für damalige CBS-Verhältnisse einfach zu wenig war.
Mit der 16. Episode (30. März 1991) wanderte «The Flash» auf den Samstagabend, und damit zielgerecht auf eine Absetzung hinzu. Nach mehreren kurzfristigen Programmverschiebungen dank der Berichterstattungen vom Zweiten Golfkrieg war es für die Serie nicht möglich eine regelmäßige Bank von Zuschauern vor die Fernsehbildschirme zu bringen. CBS strahlte jedoch die komplette Staffel bis zum Ende aus, verzichtete wie erwartet auf eine Verlängerung. In den Jahrescharts landete «The Flash» mit einem Durchschnittsrating von 8.8 Prozentpunkten auf dem 78. Rang und war das fünft-schwächste Programm auf CBS in der TV-Season 1990/1991. «The Flash» wurde mit dem deutschen Untertitel «Der rote Blitz» zwischen 1993 und 1994 auf RTL plus ausgestrahlt. Und auch heute noch befindet die Serie sich in einigen Erinnerungen der Fernsehkenner.
«The Flash» gilt als eine der Comicserien, welche in kreativer Hinsicht überzeugen konnten. Fans des Comics waren zufrieden mit der Darstellung von Barry Allen, und die einzelnen Episodengeschichten, so krude sie manchmal auch waren, galten als eines der positivsten Elemente der Serie. Kritiker lobten sogar den fast vollständigen Verzicht auf wahre Superschurken, und dass «The Flash» mit realen und menschenähnlichen Antagonisten genauso gut funktioniert hätte. Dass während der zweiten Staffelhälfte mit dem Trickster (dargestellt von Hamill) ein wahrer Superschurke in die Serie geschrieben wurde, galt daher als Bonbon für die Comicfans, welcher auch dankend angenommen wurde. Die Produzenten Danny Bilson und Paul De Meo haben übrigens zur gleichen Zeit für ABC
«Human Target» entwickelt, welches 1992 auf Sendung gehen sollte, jedoch für weitaus weniger Episoden.