Story
Der Schlagersänger Hansi Haller befindet sich auf einem Karrieretief. Wenn Leute auf der Straße seinen Namen hören, erwidern sie „Ach, den gibt es noch?!“ und wenn er wieder einmal zu einer Möbelhauseröffnung tingelt, taucht nur eine Handvoll Interessierter auf. Zu allem Überdruss hat ihm nun auch seine Plattenfirma gekündigt. Am Boden zerstört kennt der Schlagerbarde nur noch den Freitod als Ausweg, von dem ihm seine letzten Vertrauten gerade so abhalten können.
Unwesentlich besser sieht es für die alternde Fernsehredakteurin Ute Meier-Thiel vom Privatsender TL4 aus. Als sie wieder einmal völlig verkatert zur Redaktionskonferenz kommt, erfährt sie nicht nur, dass die Quoten des Senders im Keller sind, sondern auch, dass sie von einer jüngeren Kollegin auf der Karriereleiter überholt wurde. Eine letzte Chance hat Ute noch: Ein junges, vulgäres und kommerzielles Reality-Format soll ihr einen dringend nötigen Quotenschub einbringen, und so ihre ins Wanken geratene Position bei TL4 festigen. Als sie zufällig auf Hansis verzweifeltes Management trifft, kommt ihr die rettende Idee: Eine Doku-Soap über „Deutschlands erfolglosesten Schlagersänger“!
Zu diesem Zweck schickt Ute den schrill gekleideten Schlagersänger nach Bad Böhlen, von zwei energischen Fans zum ersten Hans-Heller-Fandorf getauft. Während der sehnsüchtig Anerkennung erwartende Hansi dort auf das große Comeback hofft, wartet die schmierige Pseudo-Journalistin darauf, das eingeschlafene Kuhdorf und den illusorischen Sänger vorführen zu können. Die Kamera lauert jedenfalls ununterbrochen auf die nächste Peinlichkeit.
Darsteller
Uwe Ochsenknecht («Schtonk!») ist Hansi Heller
Andrea Sawatzki («Tatort») ist Ute Meier-Thiel
Valerie Nikehaus («Ausgerechnet Sex!») ist Heike Plausen
Antje Lewald («Die Camper») ist Erika Plausen
Franziska Traub («Der Stinkstiefel») ist Irene Büggel
Michael Brandner («SOKO Leipzig») ist Horst Büggel
Heinrich Schafmeister («Wie erziehe ich meine Eltern?») ist Swens
Kritik
Die Komödie von Regisseur Tomy Wigand («TKKG und die rätselhafte Mind-Machine») beginnt mit spritziger, beißender Mediensatire. Sowohl das scheinheilige, seine Stars verglühen lassende Schlagergeschäft, inklusive seiner obsessiven Fans, als auch das quotengeile Fernseh-Business bekommen ihr Fett weg. Insbesondere die ersten Filmminuten im beschaulichen Dorf Bad Böhlen zeigen eine von der Realität gewiss nicht weit entfernte Karikatur der Dreharbeiten von Doku-Soaps. Die abgebrühte Fernsehredakteurin Ute lässt den ahnungslosen Schlagersänger Hansi immer wieder ins offene Messer laufen. So ist die männliche Bevölkerung des Hansi-Heller-Fandorfs gar nicht von dessen Musik begeistert und musste sich bei seinen Frauen mühselig einen vom Schlagerrummel abgeschiedenen Skatabend erbetteln. Klar, dass zu Gunsten der Zuschauerbelustigung ein Überraschungsauftritt Hansis geplant wird.
Der Drehbuchautor Mark Werner («Nikola», «Mein Leben und ich») lässt in der ersten Filmhälfte zahlreiche solcher und auch frecherer Seitenhiebe auf die mediale Scheinwelt vom Stapel. Nicht jeder dieser Gags resultiert in einen großen Lacher, doch für einen ZDF-Fernsehfilm offenbart der Einstieg in «Das große Comeback» sehr amüsante, satirische Züge. Dass auch einige der offensichtlicheren Dialogwitze für Sehvergnügen sorgen, liegt zu einem Großteil an den toll gewählten und ansteckend gut gelaunten Hauptdarstellern. Andrea Sawatzkis Rolle der garstigen, dauerbetrunkenen und sexbesessenen Fernsehredakteurin stammt zwar aus dem Einmaleins der Mediensatire, wird von ihr jedoch mit glühender Hingabe und perfektem humoristischem Timing umgesetzt. Uwe Ochsenknecht hingegen widersteht den üblichen Klischees, wenn es um seinen Schlagerstar geht. Hansi Heller hat zwar kleinere Allüren und scheint die Machenschaften der TV-Redakteurin gekonnt zu übersehen, ist aber trotzdem recht bodenständig. Dass er auf diese Reality-Show überhaupt eingeht liegt allein daran, dass er sich verzweifelt am letzten Karriere-Strohhalm festklammert, und Ochsenknecht kann diese leisen Töne der Verzweiflung und Desillusion überraschend nachhaltig darstellen.
Dass Ochsenknechts Figur die einzige mehrdimensionale im gesamten Film ist, deutet zugleich auf eines der größeren Probleme von «Das große Comeback» hin. Während man Sawatzki die Eindimensionalität wegen ihres spaßigen Overactings nachsieht, schadet die flache Charakterisierung insbesondere den Dorfbewohnern. Sie sind entweder begeisterte, schreiende Fans, grummelnde Ehemänner oder sonstige Klischeerollen, die kein Stück weiter ausgearbeitet werden. Da das Drehbuch nach dem mediensatirischen Beginn in der zweiten Filmhälfte auch eine zwischenmenschliche, gefühlvolle Komponente ausloten möchte, hindert diese unausgefeilte Charakterisierung die Geschichte an ihrer emotionalen Entfaltung. So kann vor allem die unnötig in die Handlung gedrängte Liebesgeschichte mit ihrer Dramaturgie von der Stange (Hass, besseres Kennenlernen, Missverständnis, Schmollphase, Aussöhnung) kaum überzeugen.
Weil das letzte Filmdrittel sich nahezu allein auf diese Liebesgeschichte stützt, und den satirischen Hauptplot rund um die Doku-Soap über Hansis Comeback an den Rand drängt, verpufft mit steigender Laufzeit die anfängliche Energie dieser Komödie. Je weniger Aufmerksamkeit der eigentlichen Kernhandlung zu Teil kommt, desto mehr behilft sich das Drehbuch mit halbherzigen Klischees, um weiter von A nach B zu kommen. Zwar unterhalten Ochsenknecht und Sawatzki bis zum Schluss, doch aus der anfänglich schrillen Mediensatire wird letztlich eine standardisierte deutsche Fernsehkomödie mit unglaubwürdiger Liebesgeschichte und beliebigem Finale.
Das ZDF strahlt «Das große Comeback» am Donnerstag, den 13. Oktober 2011, um 20.15 Uhr aus.