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Polit-Talk im Privatfernsehen: Funktioniert das wirklich?

Steigende Quoten verzeichnet der Sat.1-Talk «Eins gegen Eins». Aber wie gut hat sich das Format zuletzt inhaltlich entwickelt? Quotenmeter.de hat hingeschaut.

ProSiebenSat.1-Informationsdirektor Peter Limbourg (Foto) sagte vor dem Start der zweiten Staffel des Talks: "«Eins gegen Eins» hat sich inhaltlich sehr gut entwickelt. Das Format verspricht wieder interessante Diskussionen und spannende Rededuelle. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir unseren Zuschauerkreis im zweiten Halbjahr ausbauen können." Jüngst waren die Zuschauerzahlen tatsächlich respektabel: Schon mit der letzten Episode vor der Sommerpause konnte mit 7,0 Prozent der beste Zielgruppen-Marktanteil aller Folgen eingefahren werden. Die erste Ausgabe nach der Pause brachte am 19. September sogar 8,4 Prozent und damit die mit Abstand besten Quoten des Formats ein. Und auch die jüngste Sendung zum Thema „Rauchverbot in Gaststätten“ erreichte 6,6 Prozent; dies ist der immerhin drittbeste Wert seit Start. Auch die Gesamtreichweiten verbesserten sich, denn gegenüber den schwächeren Folgen konnte man zuletzt 100.000 bis 200.000 Zuschauer hinzugewinnen.

Für einen politischen Talk im Privatfernsehen sind solche Zahlen durchaus beachtlich, aber wie gut hat sich «Eins gegen Eins», wie Limbourg konstatiert, wirklich inhaltlich entwickelt? Gegenüber der ersten Sendung im März hat Sat.1 leicht an der Konzeptschraube gedreht: Nachdem am Anfang zunächst zwei Teilnehmer die Diskussion begannen und zwei weitere später zu ihnen hinzustießen, begrüßt Moderator Claus Strunz nun schon zu Beginn alle vier Gäste. Dies ist positiv, da so die Diskussion kohärent, ohne Unterbrechungen geführt werden kann und alle vier Diskussionsteilnehmer mit ausreichender Zeit ihre Meinungen vertreten dürfen. Beibehalten wurden zudem die Clip-Einspieler, die mit Zahlen und Fakten die Grundlage für weitere Teile der Debatte bieten und sinnvoll integriert werden.

Schwierig in der Talkarena ist aber weiterhin, schon allein aufgrund des Zwei-Meinungen-Konzepts, dass die jeweiligen Parteien sich nicht von den gegensätzlichen Argumenten überzeugen lassen und sich die Diskussion daher gern allzu schnell im Kreis dreht. Bei der jüngsten Sendung plädierten Raucher für Raucherräume in Kneipen und fragten zu Beginn der Diskussion nach dem Problem einer solchen Regelung – am Ende der Sendung war man bei dieser Ausgangsfrage wieder angelangt. Eine argumentative Annäherung der Debattierenden findet nicht statt, folglich bleiben die Argumente größtenteils dieselben. Genau dann kommt es auf die Rhetorik und Diskussionsfähigkeit der Gäste an, um den Talk spannend zu halten. Zuletzt gelang dies mit Teilnehmern wie Michel Friedman oder auch weniger bekannten Köpfen wie dem Rechtsanwalt Michael Scheele gut.

Sehr interessant ist die weiterhin durchgeführte Publikumsabstimmung, die vor und nach dem Austausch der Argumente – nun aber nicht mehr live innerhalb der Sendung – durchgeführt wird und deren Ergebnis zeigt, dass einige Prozent der Zuschauer durchaus ihre Meinung ändern können: Die Diskussion ist also sinnvoll, das gegensätzliche Konzept Pro und Contra legitim, um Meinung zu machen und um Argumente an die Zuschauer zu bringen. Prozentuale Meinungsverschiebungen waren in der ersten Sendung noch nicht gegeben. Bei diesem Aspekt könnte Sat.1 nun weiter ansetzen und, wie es bereits zum Start des Formats gemacht wurde, Menschen aus dem Publikum interviewen, die ihre Meinung durch die Debatte geändert haben. Möglicherweise wären auch punktuell Fragen der Zuschauer an die Teilnehmer ein belebendes Element.

Natürlich kann «Eins gegen Eins» in gewisser Weise als Krawall-Talk bezeichnet werden, wenn in den Diskussionen die Gäste oft und gern durcheinanderreden und hitzig debattieren – dies dürfte im Privatfernsehen auch partiell gewünscht sein. Aber insgesamt lenkt Claus Strunz die Sendung mittlerweile strukturiert und nachvollziehbar, sodass die zu Anfang noch beobachteten hektischen, deutlich zu detailreichen und kleinkarierten Diskussionen eher selten aufkommen. Der Moderator hat die anfänglich bemängelte Zurückhaltung abgelegt und fragt beide Parteien bisweilen provokant, aber auch inhaltlich sehr sinnvoll– er stellt damit die Argumentationsketten der Debattierenden auf den Prüfstand und wird so zum integralen Bestandteil der Diskussion selbst. «Eins gegen Eins» hat sich inhaltlich gut entwickelt; die Folge sind steigende Zuschauerzahlen, welche aber freilich noch weiter steigen müssen, um Sat.1 richtig zufrieden zu stellen. Bleiben gute Themen und eine interessante Auswahl der Gäste sowie die starke Rolle von Claus Strunz erhalten, so dürfte das Publikum dies mit vielleicht noch besseren Quoten zu honorieren wissen.
29.09.2011 12:20 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52308
Jan Schlüter

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Eins gegen Eins

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