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First Look: «Prime Suspect» schließt den Kreis

Quotenmeter.de liebt die USA und ihre Serien. Wir werfen daher einen ganz genauen Blick auf die wichtigsten Neustarts. Heute: Die neue NBC-Krimiserie «Prime Suspect», eine Adaption des britischen Mega-Hits.

Vergangene Woche startete der Ableger der britischen Erfolgsserie mit Maria Bello. US-Blogs beschwerten sich über den dort vorkommenden Sexismus.

Vielen mag es kaum aufgefallen sein, aber der mit dem schon fast unheimlichen Erfolg von «CSI» vor elf Jahren, welcher faktisch den Krimiboom im amerikanischen Fernsehen startete, begann auch ein gewisses Mängel sich von einer Krimiserie zur anderen durchzuschlängeln: Es gab immer nur männliche Polizeihelden, die in entweder harter, cooler und verrückter Manier ihre Fälle lösen. Weibliche Hauptcharaktere im Krimigenre waren seit den 80ern, besonders nach dem Ende von «Drei Engel für Charlie» und «Cagney & Lacey», dem fehlenden Willen der Autoren ausgesetzt. In der Zukunft schafften es weibliche Detektive selten bis nie für eine lange Zeit in den Vordergrund zu treten und die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Mit «Law & Order: Special Victims Unit»s Olivia Benson, Brenda Leigh Johnson aus «The Closer», Grace Hanadarko in «Saving Grace» und ganz speziell Olivia Dunham in «Fringe» scheint das Genre wieder für die Emanzipation freigegeben zu sein. NBC versucht nun mit dem Remake eines britischen Serienerfolgs, die weibliche Stärke der Polizei zu zeigen, und nennt ihre Serie «Prime Suspect» eine „Neuerfindung“ des britischen Franchises.

Ein herzliches Willkommen in die Mordkommission hat Jane Timoney (Maria Bello) nicht bekommen. Stattdessen muss sie mit den Tiraden ihrer männlichen Kollegen klarkommen, die ständig von Jane behaupten, sie hätte sich in ihre aktuelle Position hochgeschlafen, und empfindet kein Mit- oder Taktgefühl für ihre Kollegen. Trotzdem ist Jane ein außerordentlicher Detective – eine Tatsache, welche sie bald beweisen muss, nachdem sie den Fall eines ihrer Kollegen übernimmt, der nach einem Herzinfarkt das Zeitliche segnet. Doch jetzt hat Jane nicht nur die Führung einer Mordermittlung inne, sondern auch die Position des Führers der Mordkommission. Während Jane alles daran setzt, den Mordfall aufzuklären und ihren Kollegen etwas zu beweisen, hat sie auch im Privatleben einige Schwierigkeiten. Ihr Freund Matt (Kenneth Johnson) wird das Besuchsrecht seines Sohnes verweigert, weil Jane nicht nur Waffen in ihrem Haus hat, sondern auch durch ihren Beruf mehr als nur eine unzuverlässige Person ist.

Der Sexismus ergreift die Überhand in der Pilotfolge von «Prime Suspect» – ein Umstand, welchen Serienentwicklerin Alexandra Cunningham inzwischen bemerkt hat und in den nächsten Folgen ausradieren will. Dabei war der überhebliche Sexismus der männlichen Kollegen gar nicht mal das Problem. Es waren die minderentwickelten Nebencharaktere, sowie der minderentwickelte Mordfall, welcher faktisch nicht überzeugen konnte, weil die Episode sich nur auf Jane, ihren Beruf, und ihr Privatleben konzentrierte. Der Rest blieb außen vor. Was in diesem Fall aber positiv zu betrachten ist. Mit der stellaren Performance von Maria Bello kann die Pilotfolge in fast allen Bereichen punkten und der Zuschauer schert sich gar nicht mehr darum, ob die anderen Elemente der Serie genauso gut oder gar nicht funktionieren. «Prime Suspect» ist Maria Bello, genauso wie das Original Helen Mirren war. Und zusammen mit dem rauen Ton der Serie, sowie den authentischen Charakteren (wenn man in der Lage ist, den manchmal überheblichen Sexismus gegenüber Jane auszuklammern), gelingt es Cunningham, mit ihrem «Prime Suspect»-Remake etwas Neues zu erschaffen, statt stumpf das Altbekannte zu kopieren.

Um jedoch etwas Neues zu erschaffen, sollten die Autoren jedoch an ihrer Serie arbeiten und in der Zukunft mehr als nur die Charaktere scheinen lassen. Wie schon erwähnt kann die Mordermittlung nicht überzeugen, weil sie mit Ausnahme von einer tollen Szene, in welcher Jane ein Kind befragt, kaum Sendezeit bekommen hat und den Ermittlern kaum Momente gab, für etwas oder jemanden zu kämpfen. Die Mordermittlung war nur Mittel zum Zweck, um ihren Lead-Detective sterben zu lassen und Jane die freigewordene Position zu geben. Der Rest der Episode bestand dann für Jane darin, ihren Job auszuführen und zu zeigen, dass die verletzlichen Kommentare ihrer männlichen Kollegen ihr nichts anhaben können – nur um Momente später zu zeigen, dass sie doch eine Frau mit Gefühlen ist, die unter eben jenen Kommentaren leidet, und damit kämpft, dies im Beruf nicht zu zeigen.

Genau hier liegt die Stärke des Jane-Charakters und die außerordentliche Art und Weise, wie Maria Bello diesen verkörpert. Im Beruf soll sie hart, unscheinbar und auch ein wenig kaltherzig sein, während sie im Privatleben all ihre Gefühle herauslässt. Doch Bello zeigt auch zwischen diesen Szenen, dass Janes Welt der Gefühle ziemlich durcheinandergewirbelt ist, und «Prime Suspect» mehr eine One-Woman-Show ist als eine Ensembleserie mit einem schmutzigen New York. Das führt auch zum Problem, dass Janes Kollegen allesamt blass herüberkommen. Zwar könnte der Cast für solch eine Krimiserie kaum besser aussehen, die männlichen Detectives haben in der Premiere jedoch all die Klischees abbekommen, welche das Genre zurzeit beherrschen. Dazu gehört auch der Sexismus-Teil, der glücklicherweise nicht so übertrieben dargestellt wurde, wie die US-Blogger behaupten.

Was NBC mit ihrer Version von «Prime Suspect» vorhaben, ist nicht die Kreation einer Neuauflage eines britischen Erfolgsprogramms, sondern die Fortsetzung dessen, was bei NBC in den 80ern und 90ern zu sehen war, und was der Sender 2009 mit «Southland» versuchte: Es soll wieder raue, graue, draufgängerische TV-Dramen geben, die mit Ernsthaftigkeit an die Sache herangehen. Wenn NBC es nicht schafft, die Zuschauer zum Sender zurückzuholen, können sie wenigstens Kritikerlieblinge in ihrem Programm haben, und «Prime Suspect» kann, mit etwas Arbeit und Geduld, durchaus ein Kritikerliebling werden. Mit einem wunderbaren Cast ist es den Produzenten gelungen, eine anspruchsvolle Serie an den Mann zu bringen, welche jetzt nur noch den Berg der Kritiker, welche das Original «Prime Suspect» schätzen und lieben, und deshalb schon die Kopie ablehnen (wie es bei AMCs «The Killing» schon der Fall war), überwinden muss. Sollte dies gelingen, gibt es im US-Fernsehen ganz offiziell einen Nachfolger von «The Closer», der nicht unbedingt auf TNT laufen und ein offizielles Spin-off sein muss. «Prime Suspect» wäre gewissermaßen die Networkversion von «The Closer», was seinerzeit schon ein inoffizieller Nachfolger des britischen «Prime Suspect» war. Der Kreis schließt sich also.
26.09.2011 09:50 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52241
Christian Wischofsky

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Prime Suspect

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