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First Look: «Two and a Half Men» mit Ashton Kutcher

Unsere Redakteure werfen regelmäßig einen Blick auf neue US-Produktionen, so auch auf das "neue" «Two and a Half Men», das Mitte September in den USA mit dem neuen Hauptdarsteller Ashton Kutcher an den Start ging. Am Dienstag startet nun ProSieben in Deutschland die Ausstrahlung (21.10 Uhr). Wie Stefan Tewes im September über den Beginn der neunten Staffel urteilte, lesen Sie hier noch einmal.

Nach dem Aus von Charlie Sheen übernahm Ashton Kutcher die Hauptrolle in der Erfolgssitcom und beweist: Humor unter der Gürtellinie geht auch ohne Sheen.

Sensationelle 27,76 Millionen Zuschauer, die höchste Reichweite in der Geschichte von «Two and a Half Men» und die beste Einschaltquote, die seit Jahren überhaupt irgendeine TV-Serie in den USA zustande gebracht hat. Was von vielen schnell als wahnwitziges und völlig unmögliches Unterfangen abgetan wurde, ist zumindest in der ersten Folge auf ein gigantisches Interesse beim Publikum gestoßen: «Two and a Half Men» ohne Charlie Sheen. Noch vor einem Jahr völlig undenkbar, wurde dieser Schritt nach der Entlassung Sheens wegen drogenbedingter Produktionsausfälle und einer beispiellosen Schmutzkampagne gegen den kreativen Kopf der eigenen Show nötig. Schließlich waren die Quoten der Show zu gut um aufzuhören und die Verträge für die nächste Staffel schon längst unterzeichnet. Für den Sender CBS könnte es sich als größter Coup der letzten Jahre entpuppen.

Längst war bekannt, dass Serienschöpfer Chuck Lorre seinem ehemaligen Hauptcharakter nach dem ausgearteten Streit mit Sheen keinen sanften Abgang bescheren wird. Charlie Harper muss sterben und das nicht unbedingt auf eine angenehme Weise. Bruder Alan, nach acht Jahren schmarotzerhaften Lebens in Charlies Strandhaus, steht nun vor neuen Problemen: Ohne ausreichendes Einkommen wird er das Haus verkaufen müssen und vorübergehend bei Mutter Evelyn einziehen. Es sei denn, es findet sich ein neuer Besitzer, der Alan in sein Heim aufnimmt. Wer dieser neue Besitzer wird, ist nicht sonderlich schwer zu erraten.

So sehr der Humor von «Two and a Half Men» - vorrangig ebenso flache wie anzügliche Witze auf zweifelhaftem Niveau - immer mit der Figur des Charlie Harper verknüpft wurde, zeigt die erste Folge ohne ihn doch vor allem eines: Es geht auch ohne ihn. Die Serie braucht diese Figur als Verkörperung ihres Stils nicht, die Gags zünden auch von alleine. Natürlich nur, sofern der Zuschauer mit dem «Two and a Half Men»-Humor kompatibel ist. Mit diesem Holzhammer-Humor gelingt es der Serie auch ganz gut, die eigentlich makabre Situation der Beerdigung des Hauptcharakters zu Anfang amüsant zu überspielen, zumal man sich hier richtige Mühe gegeben hat, möglichst viele von Charlies Ex-Liebschaften zusammenzuführen. Erst später, als sich die Folge in einer ruhigeren Szene versucht, merkt man, dass der Tod in der Comedy ein ganz besonderes Fingerspitzengefühl erfordert. Hier erlebt man zwei Minuten, die wie ein totaler Fremdkörper wirken.

Vieles bleibt aber wie es immer war: Alan und Jake wohnen bei einem reichen Gönner im Strandhaus in Malibu, es gibt allerhand Frauengeschichten, es gibt penetrante Exfrauen, einen verfressenen Sohn, eine rustikale Haushälterin und eine Mutter, die ihr einzig verbliebenes Kind jederzeit gegen eine erotische Massage eintauschen würde. Doch ganz spurlos geht die neue Besetzung natürlich nicht an der Serie vorbei und wird zwei Figuren in Zukunft besonders betreffen: Alan und Walden Schmidt, der von Ashton Kutcher gespielte Milliardär, der das Strandhaus kauft. Wohin sich die Beziehung dieser Charaktere entwickeln wird, lässt sich jedoch nach der ersten Folge noch gar nicht abschätzen.

Eigentlich ist es ein totaler Rollentausch bzw. ein Reboot der Serie in verkehrten Positionen. Walden Schmidt ist der verzweifelte Mann, der von seiner Frau verlassen wurde und vom Spaß des Lebens keine Ahnung hat, sich beim Trinken und Flirten unheimlich tollpatschig anstellt. Ganz ähnlich war es in den ersten Folgen der Serie, nur dass dies dort Alans Rolle war, der nun Charlies Position als Mentor einnimmt. Es dauert jedoch nicht lange bis die Serie Alans ungewohnte Überlegenheit amüsant ironisch wieder auf den Kopf stellt. Dennoch dürften die beiden Rollen einander künftig gleichgestellter sein als es zwischen Alan und Charlie der Fall war. Wer im Übrigen eine besonders geschickte Einführung Waldens in die Serie erwartet, wird enttäuscht sein. Der Plot der Folge ist rein funktional und unrealistisch wie man es von «Two and a Half Men» aber auch gewohnt ist.

Auch wenn der Humor gleich bleibt, zieht mit Ashton Kutcher spürbar ein bisschen neuer Wind ein. Kutchers Walden ist keineswegs eine Kopie von Charlie. Walden ist gebrochen, naiv und tritt völlig neu in das aufregende Leben voller Freiheiten ein, dass Charlie Harper in vollendeter Routine lebte. Walden ist so begriffsstutzig wie arglos - ist er doch immerhin die Hälfte der Zeit komplett unbekleidet ohne sich an den fremden Menschen um ihn herum auch nur im Geringsten zu stören. Hier werden sich zahlreiche Möglichkeiten bieten, der Serie, die über die Jahre jegliches Frauenheld-Klischee ausgereizt hat, neue Aspekte abzugewinnen.

So könnte sich der Darstellerwechsel tatsächlich als ganz großer Glücksfall für CBS erweisen. Der unzuverlässige Star, der in den letzten Jahren mehrere lange Produktionspausen verursachte, ist von Bord und mit einem anderen Publikumsliebling ersetzt worden. Eine neue Rekordgage für Charlie Sheen konnte man sich auch sparen und die Produktion damit günstiger halten. Neue kreative Impulse für die in die Jahre gekommene Show dürften nun leichter zu finden sein. Und wenn auch nur die Hälfte der Zuschauer der ersten neuen Folge weiter dabei bleibt, hat man in «Two and a Half Men», dessen Ende nach der neunten Staffel einst als nicht unwahrscheinlich galt, ein Sitcom-Zugpferd, das noch auf Jahre den Leuchtturm des Comedy-Programms bilden kann.


10.01.2012 09:55 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52139
Stefan Tewes

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Two and a Half Men

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