►   zur Desktop-Version   ►

First Look: «The Secret Circle»

Neue Mysterykost aus dem Hause The CW: Warum «The Secret Circle» mit toller Story und talentiertem Cast nicht so unscheinbar ist, wie es den Anschein hatte, und den Zuschauern eine potentiell große Serie bevor steht.

Box-Office-Schlager bekommen in der Regel eine Fortsetzung; erfolgreiche Serien werden für weitere Staffeln verlängert; und einige Serien bekommen sogar ihre eigenen Ableger und Spin-offs. Das «Star Trek»-Franchise wäre nichts ohne den Erfolg von «The Next Generation», und CBS müsste wohl eine Handvoll komplett neue Serien mit neuen Charakteren entwickeln lassen, wenn der Siegeszug von «CSI» nicht so beeindruckend gewesen wäre. Mit «The Secret Circle» gibt es nun ein neues Beispiel. Geht man ein wenig die Zeitlinie zurück, würde es die neue übernatürliche CW-Serie nicht ohne den «Twilight»-Erfolg geben. Und «The Secret Circle» hat den Zuschauern nicht mal Vampire anzubieten. Nein, «Twilight» brachte die ehemalige CW-Chefin Dawn Ostroff dazu, «The Vampire Diaries» ins Programm zu nehmen, wessen Erfolg nun dazu geführt hat, dass «The Secret Circle» als nächste L.J.-Smith-Adaption im Fernsehen auf Zuschauerjagd gehen darf. Nach der Qualität der Premiere zu urteilen, dürfte es keine drei Jahre dauern, bis auch die nächste Buchserie der Autorin fürs Fernsehen adaptiert wird. Hier steht ein Erfolg auf der Türmatte.

Die Serie startet mit einem Schicksalsschlag für die 16-jährige Cassie (Britt Robertson, «Life UneXpected»). Ihre Mutter wird bei einem Hausbrand getötet und zwingt Cassie, in die kleine Küstenstadt Chance Harbor umzusiedeln und mit ihrer Großmutter Jane (Ashley Crow) zusammenzuziehen. Als wäre der Umstand nach dem Tod eines Elternmitglieds nicht schon schlimm genug, stellt Cassie fest, dass ihre neue Umgebung mehr als mysteriös auf sie wirkt. Jeder Einwohner scheint sie und ihren Familienhintergrund mehr zu kennen als sie selbst, und selbst ihre neuen Freunde, eine Gruppe angeführt von der bissig-fiesen Faye (Phoebe Tonkin) und dem geheimnisvollen Romantiker Adam (Thomas Dekker, «Terminator: The Sarah Connor Chronicles») sind merkwürdige Freaks. Was bei ihrer Vergangenheit allerdings kein Wunder ist: Sie sind Nachkommen einer langen Linie von Hexen, welche bis in die 1600er Jahre zurückreicht. Und Cassie lernt, dass sie ebenfalls eine Hexe ist. Für die Gruppe ist Cassie das letzte Stück zur Komplettierung des Zirkels. Während sie vorher nur kleine, ungefährliche Magie nutzen konnten, sind sie mit Cassies Hilfe nun in der Lage, die vollen magischen Geschütze aufzufahren. Doch bis es dazu kommt, gibt es einiges an Geheimnissen aufzuklären, die allesamt in der Vergangenheit der Stadt liegen, und in welchen Cassie im Mittelpunkt steht.

Dass hinter «The Secret Circle» und seinem Serienpartner «The Vampire Diaries» die selben Produzenten stehen, merkt man schon zu Beginn der Pilotfolge. Beide Serien haben eine vergleichbare Aufmachung, gehen mit dem selben Stil ins Storytelling, und schrecken nicht davor zurück zu zeigen, dass der Mysterypart nicht der einzige Schwerpunkt sein wird. Stattdessen werden das Liebesleben und der dazugehörige Herzschmerz jedes Teenagers in Chance Harbor (zumindest die mit einem Hauptcharakterstatus) die Zuschauer begleiten - entsprechende Storys wurden im Piloten schon vorbereitet. Da wäre die aufkommende Romanze zwischen Cassie und Adam, die natürlich dadurch gestört wird, dass Adam mit Diana (Shelley Hennig) schon in einer langjährigen Beziehung steckt, sowie der einen oder anderen klischeebeladenen Szene, die glücklicherweise den Kitsch der ersten «The Vampire Diaries»-Episoden unterbieten kann und demnach den Mysteryfan nicht zu sehr mit einem romantischen Plot bombardiert.

Produzent Kevin Williamson und Serienentwickler Andrew Miller haben auch von den «The Vampire Diaries»-Fehlern der ersten Episoden dazu gelernt: Statt auf den Herzschmerz des Genres der Teenmystery zu setzen, was «The Nine Lives of Chloe King» letztendlich den Kopf gekostet haben könnte, legt man Wert auf die Geheimnisse der einzelnen Protagonisten und kommenden Antagonisten, und fokussiert auf die Einführung der eigentlichen Geschichte. Es ist definitiv was faul in Chance Harbor mit all ihren Einwohnern und deren Geheimnisse und Lügen, und «The Secret Circle» wäre kein interessanter Neustart, wenn das Storytelling schleppend oder zu rasant ist. Innerhalb von 42 Minuten bekommt der Zuschauer genügend Informationen über die Story und die Charaktere, dass er ohne großen Wissenshunger die Wartezeit zur nächsten Episode einschlagen kann, und ohne ihm das Gefühl zu geben, dass der Pilot belanglos war.

Die Effekte und die Musikuntermalung tun ihr Übriges. Allein das von Kindern gesummte Schlummerliedchen, welches die Episode eröffnet und abschließt, trägt zur Spannung der Story und zur Aufmachung der Serie bei, und im Gegensatz zu anderen CW-Dramen hat der Zuschauer nicht den Anschein, als wäre er soeben mit der Top 20 der aktuellen Musikcharts attackiert worden. Auch der Score von John Frizzell lässt «The Secret Circle» mehr als eine Mysteryserie wirken denn ein Teeniedrama, welches im für The CW typischen Genremix nur mit leichter Kost unterhalten will. Selbiges gilt für die Kameraführung von Ramsey Nickell: Die Bilder werden ohne wilde Kamerafahrten oder verwackelten Szenen eingefangen, und geben den Eindruck einer Produktion, die von den absoluten Profis unter den Profis geleitet wurde. Am Ende zeigen auch die Spezialeffekte, dass für den Piloten nicht gekleckert, aber auch nicht geklotzt wurde. Der behutsame Eindruck der Episode macht sich bezahlt, wenn der Zuschauer am Ende mit einem positiven Gefühl zurückgelassen wird.

Vom technischen Standpunkt ist die Premiere einwandfrei und ohne Mängel. Auch die darstellerischen Leistungen lassen keinen Zweifel an den Talenten des Casts übrig. Natürlich muss man sich wieder einmal fragen, warum für minderjährige Charaktere Mittzwanziger engagiert wurden, oder warum selbst die Erwachsenen in Chance Harbor so aussehen, als hätten sie ihre fast erwachsenen Kinder zusammen mit Lorelai Gilmore im Teenageralter ausgebrütet, doch am Ende braucht man sich keine Sorgen mehr zu machen. Erstens ist Britt Robertson viel zu schnuckelig, um sie einfach so zu übersehen; zweitens könnte Phoebe Tonkin mit ihrer Lindsay-Lohan-Art zum geheimen Star der Serie aufsteigen; drittens hat man Thomas Dekker seit dem Ende von «The Sarah Connor Chronicles» viel zu lange nicht mehr im TV gesehen; und viertens nimmt der geneigte Serienfan jede Serie mit, in der Natasha Henstridge («Species») wieder einmal ihre kaltblütige Ader ausspielen kann.

Ein Liebesdreieck, Geheimnisse zwischen zwei Generationen, Magie und deren gefährliche, manchmal tödliche Nachwirkungen, sowie die aufkommende Gefahr, welchem sich der nun komplettierte Hexenzirkel stellen muss – «The Secret Circle» macht hungrig, ohne schon nach einer Stunde übersättigt und angewidert zu sein. Es ist nicht der unbedingt perfekteste Einstieg in eine Serie, doch in einer Zeit, in welcher die Zuschauer in Piloten mit mörderischer Hektik und einem unausgegorenem Drehbuch hineingeworfen werden, hält «The Secret Circle» sich sehr konsistent am ungeschriebenem Regelwerk. Sowohl auf Papier als auch in der Ausführung. «The Secret Circle» hat eine Menge Potential, und wenn man miterlebt hat, wie «The Vampire Diaries» mit einem Qualitätsanstieg durch seine erste Staffel ging, kann man von der neuen Serie aus dem Hause The CW Großes erwarten.
20.09.2011 09:15 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52113
Christian Wischofsky

Artikel teilen


Tags

The Secret Circle

◄   zurück zur Startseite   ◄

Qtalk-Forum » zur Desktop-Version

Impressum  |  Datenschutz und Nutzungshinweis  |  Cookie-Einstellungen  |  Newsletter