Kann es überhaupt gute deutsche Sitcoms im TV geben? Unsere Foren-User diskutieren darüber.
Eigentlich sollte es bei der kleinen Pressekonferenz im Mainz Mitte August 2011 ausschließlich um das ZDFneo-«TV Lab» gehen, doch neben der Vorstellung der einzelnen Formate des ambitionierten Projekts überraschte ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut mit der Aussage, ein deutsches «Two and a half Men» im Hauptprogramm haben zu wollen. So etwas müsse auch in Deutschland möglich sein, sagte er damals: „Wir haben doch gute Autoren.“ Das beschäftigte unsere Quotenmeter.de-Forumsteilnehmer. Dort wurde sehr ausführlich über deutsche Sitcoms diskutiert, sind sie tatsächlich ein Oxymoron? „«Mein Leben und ich» und «Das Amt» sind die beiden einzigen deutschen Sitcoms, die ich mag und gern sehe. «Stromberg» hatte eine gute erste Staffel aber dann wurde es mir doch zu sehr etwas zum fremdschämen und viel zu unglaubwürdig und weltfremd. Sowas muss ich mir nicht geben, dann könnte ich genauso gut auch den Pseudo-Reality-Müll gucken. Ich glaub das Problem in Deutschland ist, dass hierzulande viel zu sehr das Sketch-Schema gefahren wird. Die Handlung ist bei den meisten deutschen ‚Humor‘-Produktionen platt, dumm und öde und dient nur dazu einfallslose Sketche/Situationen miteinander zu verbinden. Das machen die Amerikaner zum Glück besser“, schreibt beispielsweise
bartman.
„Wenn Bellut sagt, das es fähige Autoren in Deutschland gibt, dann hat er das vollkommen richtig erkannt. Leider können diese eben nicht ihre tollen Ideen umsetzen, da immer Produzenten und die Sender mitreden. Da hat man eine total tolle Idee, dann kommt der Sender dahin und will einen dann Mirja Boes oder Janine Kunze als Hauptdarstellerin aufzwingen, die das Genre Sitcom eventuell einfach nicht kapieren. Viele Autoren sind selbst Sitcom-Fans, die jeweiligen Produzenten kapieren hingegen das Genre nicht, haben allenfalls 3 Folgen «Friends» gesehen und mal ein Fachbuch zur Hand genommen. Zudem ist man einfach zu vorsichtig. Mit zünftigen Witzen will man Zuschauer nicht verprellen, gerade im ZDF, da muss ja alles familientauglich sein. Und man muss Geld investieren, denn eine Sitcom 2011 darf einfach nicht wie damals «Lukas» aussehen, dennoch muss eine Studioatmosphäre spürbar sein, zu filmisch wie «Nikola» oder «Rita's Welt» lässt eine Sitcom als solche nicht wiedererkennen. Und wenn Bellut schon auf den «Two And A Half Men»-Effekt setzt, muss man eben eine Sitcom-typische Atmosphäre herstellen. Und dazu gehört zwangsläufig ein Studiopublikum. Und genau für solche Vorhaben fehlt den Sendern das Geld oder der lange Atem, bis sich eben etwas zu einem Hit entwickeln kann. Die fähigen Autoren, die so etwas gerecht umsetzen können haben wir allemal. Was man beispielsweise in Deutschland noch nie gemacht hat, ist Sitcoms mit Parallelhandlungen zu entwickeln“, meint
SebastianLätsch dazu
„Man darf hier aber nicht den Fehler machen, zu glauben, dass gute Sitcoms in den USA nur so aus dem Boden sprießen. Mehr als zwei, vielleicht drei wirklich gute Sitcoms pro Jahrzehnt gibt es auch dort nicht wirklich, während auf der anderen Seite unglaublich viele grottige Sendungen produziert werden“, findet
vicaddict. „Eine Sitcom in Deutschland, wohlmöglich im Auftrag des ZDF sehe ich schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Zum einen fehlen mir entsprechende Autoren, zum anderen die nötigen Darsteller. Das deutsche Fernsehen ist doch einfach viel zu experimentierfeindlich geworden - das ZDF würde niemals 1-2 Flops riskieren um dann am Ende vielleicht eine gute Sitcom zu haben. Die letzte wirkliche Sitcom war «Hausmeister Krause», oder? Mir fällt jedenfalls nichts anderes ein (diesen lächerlichen Das Vierte-Sitcomklon aus russischer Produktion werte ich nicht...) – «Stromberg» und «Pastewka» sind ja nicht wirklich Sitcoms, auch «Mein Leben und Ich» sehe ich nicht in dieser Kategorie“, sagt
Tony Montana.
„Ich denke einfach dass die klassische Sitcom wie wir sie aus Amerika kennen hierzulande in dieser Form nie zustande kommen wird. Es würde auch schier nicht passen. Ein «Two and a half Men» mit deutschen Darstellern? Das wäre einfach Charakter- und Profillos. Wir Deutschen haben einfach nicht den amerikanischen Humor der bei einer wirklich guten Sitcom von Nöten ist. Wir können zwar über die Szenen und Gags lachen, aber sie überzeugend und mit der notwendigen Leichtigkeit spielen könnten deutsche Darsteller meiner Meinung nach nicht. Es passt auch einfach nicht in die Deutsche Kultur und Mentalität. Unsere Autoren entwickeln eher Seifenopern, Soaps usw. So könnte ich mir andersrum auch kein «GZSZ» oder «Sturm der Liebe» in den Staaten vorstellen. Daher soll es lieber so bleiben wie es ist“, meint
Marioo.
User
logan99 äußerte sich wie folgt: „Bully ist ja so einer, der es kann - auch wenn mir die letzten Filme nicht zusagten (waren ja eher Kinderfilme). Aber Talent in Sachen Regiearbeit hat er auf jeden Fall. Und wenn man sieht, dass er sowas auch in kleineren Rahmen oft bei Bully & Rick zeigen konnte, ist es wohl durchaus machbar, eine doch gehobenere Qualität im fiktionalen Serienbereich hinzubekommen - wie gesagt, wenn man will. Von der Sorte talentierter Menschen im Unterhaltungssektor wünscht man sich dann doch ein paar mehr in Deutschland - gibt es ja auch, aber die machen entweder schnell nach Amerika rüber, oder werden von den Produzenten/Sendern auf Sparflamme gehalten. Aber allein das wird halt auch noch nicht ausreichen, um hierzulande was Gescheites auf die Beine zu stellen. Es fehlen da einfach in der Masse auch fähige Schauspieler, die ein qualitativ hochwertiges (größeres) Serienprojekt tragen könnten.“
phreeak ist da ähnlicher Meinung: „Ja, das Bully vor allem Filme auf US-Niveau machen kann ist nix neues. Er hat‘s da einfach drauf. «Schuh des Manitu» sah wirklich richtig gut aus und bei «Traumschiff» der Anfang, die Effekte waren «Star Wars EP1»-Niveau und er schafft es auch durchweg eine Produktion wirklich gut in Scene zu setzen, auch bei «Wiki und die starken Männer».“