Am Montag startet die filmpool-Produktion auf dem «Big Brother»-Slot um 19.00 Uhr. Was sich filmpool und RTL II erhoffen und wieso man sich nicht sicher sein kann, dass das neue Format funktioniert…
Würde man Macher von Daily Soaps darauf ansprechen, dass ihre Formate durchaus etwas mit Scripted Realitys gemeinsam haben, dann würden sie vermutlich entsetzt den Kopf schütteln. Die Macher sind derzeit dabei sich ohnehin vom Begriff Soap wegzulösen und eher hin zum Daily Drama zu gehen – mit Recht, denn das Genre hat sich in knapp 20 Jahren massiv weiterentwickelt. Und genau da liegen die Gemeinsamkeiten – in der Vergangenheit. Mitte oder Ende der 90er waren Daily Soaps das, was heute Scripted Realitys sind. Zusammengeschriebene, vor Pappkulissen gefilmte Formate, die nicht durch schauspielerische Höchstleistungen auffallen.
So sind derzeit also die Scripted Realitys die schwarzen Schafe des TV-Programms; aber auch sie werden sich im Laufe ihrer Zeit, und die ist sicher noch nicht zu Ende, weiterentwickeln. Einen ersten Schritt geht RTL II mit dem neuen Format
«Berlin – Tag & Nacht», offiziell ein Realtainment-Format, in den Grundzügen aber eine Scripted Reality. In dieser sollen, so sagen die Verantwortlichen, die Grenzen zwischen Scripted Reality und Soap verschmelzen.
„Wie in einer Soap gibt es einen stringenten Handlungsstrang mit verschiedenen festen Charakteren. Das Besondere an «Berlin – Tag & Nacht»: Wir haben nicht erst die Rollenbeschreibung erstellt und dann passende Darsteller gesucht, sondern uns bei den Profilen an den Darstellern orientiert“, beschreibt RTL II-Programmboss Holger Andersen (Foto) die Grundidee zur neuen Sendung. Fündig geworden ist filmpool hierbei in der Kartei der Serie «X-Diaries», die RTL II anfangs gute Quoten bescherte, inzwischen aber eher im Mittelmaß oder gar noch ein wenig darunter herum dümpelt.
„Wenn eine Darstellerin im wahren Leben eine Gesangskarriere anstrebt, wird dies auch Thema bei «Berlin – Tag & Nacht» sein. Ein anderer schraubt in seiner Freizeit gerne an Motorrädern – also ist er auch bei «Berlin – Tag & Nacht» ein Motorrad-Fan“, sagt Andersen. Erzählt werden demnach recht Soap-typische Geschichten, die allesamt in der Metropole Berlin verortet sind. Bei der Produktionsfirma filmpool ist Vittorio Valente, der auch schon Staffel eins von «X-Diaries» machte, verantwortlich für das neue tägliche Format, das ab Montag den «Big Brother»-Sendeplatz um 19.00 Uhr bei RTL II übernimmt.
„Berlin ist zurzeit wohl die spannendste Metropole in Deutschland und eine der aufregendsten in Europa. Kaum eine Stadt ist so lebendig, so im Aufund Umbruch wie Berlin und national wie international derart angesagt. Hier treffen unterschiedlichste Milieus aufeinander, werden unzählige Start-ups gegründet und sind Menschen unterschiedlichster Couleur unterwegs. Dieses pulsierende Leben wollen wir zeigen“, gibt er sich als Ziel vor. Zu sehen gebe es „acht unverwechselbare Charaktere, denen wir in so nochnicht dagewesener Form Raum zur Improvisation geben, was eine starke Authentizität erzeugt“, so Valente.
Scripted Reality, das bei RTL in immer neue Quotenhöhen vordringt, bezeichnet filmpool-Boss Stefan Oelze übrigens als sehr moderne, neue Art der fiktionalen Unterhaltung. Eine Fiktion, die sehr glaubwürdig sei. Die Idee innerhalb dieses Genres eine WG-Situation herzustellen gab es bei filmpool daher schon länger. Valente: „Im Unterschied zu unseren bisherigen Formaten erzählen wir durchgehend die Geschichten dieses festen Castes. Dementsprechend mussten wir unsere Buchentwicklung und unser Storytelling anpassen“, so Valente.
Erzählt werden im neuen Mix aus Scripted Reality und Soap Geschichten, die den deutschen Zuschauern keinesfalls unbekannt sind. Im Pressetext von RTL II heißt es für die Anfangszeit: „Da ist zum einendie lebensfrohe Meike. Die 24-Jährige möchte irgendwann ihr eigenes Tattoostudio eröffnen und zieht dafür in die Hauptstadt. Oder Ole: Der 24-Jährige ist im wahren Leben wie auch bei „Berlin – Tag & Nacht“ ein Spaßvogel und liebt das wilde WG-Leben. Mitbewohnerin Alina (23) ist die gute Seele.“
Bestellt wurden zunächst 120 Folgen – RTL II könnte mit dem Format also etwa sechs Monate lang auskommen, wenn die Quoten passen. Und genau das ist aktuell noch fraglich. Der Vorlauf, bestehend ebenfalls aus mehr oder weniger lebensnahen Geschichten in «Family Stories» und «X-Diaries» liegt derzeit fast ausschließlich unter dem ohnehin schon nicht hohen RTL II-Schnitt und sogar das eigentlich immer funktionierende «Big Brother» liefert keine guten Quoten mehr.
Es ist doch so, wie bei den Soaps: Auch da haben in den 90ern zwar einige funktioniert, andere aber eben nicht. In welche Kategorie sich das neue «Berlin – Tag & Nacht» einordnen wird, bleibt abzuwarten.