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Drei Regisseure, eine Geschichte

«Dreileben» heißt das spannende Experiment, das die ARD am Montagabend ausstrahlen wird.

Dominik Graf, Christoph Hochhäusler und Christian Petzold – drei Regisseure, die nicht nur für ungewöhnliche Produktionen stehen, sondern vor allem auch für hohe Qualität bekannt sind. Dominik Graf zum Beispiel, der jüngst «Im Angesicht des Verbrechens» umsetzte und dafür viel Lob erhielt. Der 50-jährige Petzold drehte eher Filme abseits des Mainstream («Jerichow», «Yella»), und Hochhäusler («Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation»), der mit seinen 39 Jahren der jüngste der drei Regisseure ist. Es ist ein sehr mutiges und vor allem ungewöhnliches Experiment, das die ARD am Montagabend zeigt. Filmliebhabern und Feuilletonisten dürfte es auf jeden Fall gefallen.

In «Dreileben» wird die Flucht von Frank Molesch (Stefan Kurt) aus einer Klinik und die fieberhafte Suche nach dem Sexualstraftäter in den Wäldern des fiktiven Ortes Dreileben erzählt – und noch mehr. «Dreileben» beschreibt die Geschichten von verschiedenen Menschen aus verschiedenen Perspektiven. Und hier kommt das Besondere: Die ARD zeigt die gleiche Geschichte gleich drei Mal: Einmal um 20.15 Uhr (Regie: Christian Petzold), einmal um 21.45 Uhr (Regie: Dominik Graf) und schließlich noch um 23.30 Uhr (Regie: Christoph Hochhäusler).

Zur besten Sendezeit ist die Flucht Moleschs nur eine Nebenhandlung für die Lovestory zwischen dem Zivi Johannes und dem Zimmermädchen Ana. Klingt ein bisschen nach 0815-Lovestory – schnell wird nämlich klar, dass Johannes und Ana kaum eine Chancen haben. Ana kommt aus einfachsten Verhältnissen, während Johannes eher in der Upper Class verkehrt. Petzold lässt die Liebesidylle schließlich während der hektischen Suche nach dem Sexualstraftäter auf einer Party des Klinik-Chefarztes platzen.

Dominik Graf schlägt unterdessen gänzlich andere Töne an: Auch hier geht es um Liebe und darum, dass diese hart und kompliziert sein kann. Das erleben Vera und ihr Mann Bruno, beide Ende 30. Veras beste Freundin ist Jo. Vera und Jo erinnern sich an eine alte Liebschaft, Schriftsteller Bruno beachtet dies mehr oder weniger amüsiert. Das Treiben der Frauen wird jedoch unterbrochen, als der geflohene Molesch plötzlich im Garten auftaucht...

Näher an Frank Molesch dran ist die um 23.30 Uhr gezeigte Geschichte, die sich sozusagen direkt auf die Fersen des Inhaftierten begibt. Für Molesch selbst ist die Flucht eine Reise in die eigene Vergangenheit, noch dazu eine recht schmerzhafte. Er verschanzt sich im Laufe der Flucht im dichten Wald – und streicht fast wie ein wildes Tier durch das Unterholz auf der Suche nach Essbarem.

Das Erste-Programmdirektor Volker Herres sieht sich mit «Dreileben» bestätigt, was das Potential für das von Kritikern oft tot gesagte Medium Fernsehen angeht. „Es sind im Grunde drei Träume hintereinander, in denen immer wieder Figuren auftauchen, die man aus anderen Filmen kennt,“ sagt Dominik Graf über das Projekt. Als spannend, aber auch schwierig beschreibt Schauspieler Stefan Kurt das Projekt. „Heute bei Christoph, meinem Hauptdreh, morgen bei Dominik. Hier soll das Kostüm schmutzig sein, dort sauber“, so der Darsteller. Selbst auf Gastdrehs habe er sich aber recht schnell heimisch gefühlt, wird er in der „Hörzu“ zitiert. Bettina Reitz, Chefin der Degeto Film, verspricht, dass alle drei Teile untrennbar miteinander verbunden sein werden.

Es ist ein ungewöhnliches TV-Experiment, aber es ist gut, dass die ARD solche Versuche wagt – wo sonst sollten sie laufen. So viel Mut gehört belohnt – es ist also zu hoffen, dass auch die, die sonst eher nur Mainstream-Kost zu sich nehmen, am Montagabend zumindest eineinhalb oder zwei der drei großartigen Produktionen konsumieren.
29.08.2011 09:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/51695
Manuel Weis

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Dreileben

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