Zwei Ex-Teilnehmerinnen und ein Ex-Juror: Ein Sammelbecken für ehemalige «Germany’s Next Topmodel»-Mitwirkende?
Am Samstagabend ab 20.15 Uhr ist Fernseh-Deutschland um eine Neuauflage einer Reality-Show reicher.
«Die Alm» startet bei ProSieben nach sieben Jahren in die zweite Runde. Warum erst jetzt? Man hat sich wohl nicht getraut. Nicht der Einschaltquoten, sondern des Images wegen. Zwar fuhr ProSieben 2004 mit der ersten «Die Alm»-Staffel starke Einschaltquoten ein, doch hatte das Ansehen des Senders etwas gelitten, nachdem Elton und Sonya Kraus B-Promis von einem Alm-Öhi quälen ließen. Die Neuauflage moderieren Janine Kunze und Daniel Aminati. Bekannt ist Janine Kunze vor allem aus «Hausmeister Krause» und ist auch sonst in der Comedy-Szene kein unbeschriebenes Blatt. Aminati moderierte bis März 2009 noch «Galileo» im Wechsel mit Aiman Abdallah, nun ist er montags bis freitags bei «taff» zu sehen, das übrigens täglich von «Die Alm» berichten wird. Zu den Protagonisten der Neuauflage gehören neun B-Promis.
Mit Gina-Lisa Lohfink und Tessa Bergmeier sind zwei ehemalige Teilnehmerinnen der ProSieben-Castingshow «Germany’s next Topmodel» am Start. Dazu gesellt sich Heidi Klums früheres Jurymitglied Rolf Scheider. Klingt also schon mal nach einem kleinen Sammelbecken für ausgeschiedene Mitwirkende von Heidi Laufstall. Der in Vergessenheit geratene Ex-«DSDS»-Moderator Carsten Spengemann ergänzt das Teilnehmerfeld ebenso wie Manni Ludolf, der bei DMAX sonst lieber an Autos schraubt. Mit auf die Alm zieht auch Moderatorin und Comedian Charlotte Karlinder. Sängerin Kathy Kelly, Fußballtrainer Werner Lorant und Thomas "Der Checker" Karaoglan machen die Alm-Hütte voll. Sie tauschen Designerkleid oder High Heels gegen Arbeitshose und Bergstiefel sowie Mikrowelle gegen Mistgabel. Auf der Südtiroler Alm beim Huber Josef werden die Kandidaten untergebracht, haben keinen Strom, dafür aber ein Plumpsklo, riechen Kuhmist und müssen das Vieh versorgen und Heu machen. Auf 2000 Meter Höhe kommen die meisten von ihnen so richtig ans Arbeiten. Moderner Komfort wird gegen den Bergbauern-Standard von vor 100 Jahren eingetauscht.
„Um 6 Uhr schmeiße ich die Promis aus dem Bett. Dann geht’s zum Misten und Kühe melken in den Stall. Aus der Milch wird anschließend Rahm gewonnen und zum Beispiel zu Käse verarbeitet. Am Nachmittag ist dann Feldarbeit angesagt: Gras mähen, trockenes Heu einholen, Heuballen binden und sie zur Alm tragen. Typische Almarbeit“, beschreibt Huber Josef, was die Prominenten erwartet. Leicht wird es für die vergessenen B-Promis nicht: „Ich werde mir die ein oder andere Strafe überlegen, wenn nicht gespurt wird. Von Kühe striegeln bis im Wald Holz holen gehen kann das alles sein. Ich bin da einfallsreich“, kündigt der Alm-Öhi bereits an. Denn nicht umsonst heißt der Untertitel der Sendung „Promischweiß und Edelweiß“. Daniel Aminati: „Das wird ein riesiger Spaß für die Zuschauer. So nebenbei erfahren sie auch noch, wie das Leben vor hundert Jahren war“, so der Moderator. Und das soll es auch sein: Das „große Sommer-Fun-Event“ bei ProSieben. Heu(l)-Attacken sind da vorprogrammiert. Denn die Kandidaten müssen auch untereinander klar kommen, was bei der – absichtlich – schrägen Kombination einen ähnlichen Reiz haben soll wie im Dschungelcamp.
Während viele Zuschauer über die Neuauflage von «Die Alm» entnervt stöhnen, erntete die fünfte Staffel von «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» im Januar 2011 jede Menge Lob und vor allem die Moderatoren Sonja Zietlow und Dirk Bach erhielten Anerkennung für ihre ironisch-witzige Aufarbeitung der Geschehnisse im Dschungel. RTL räumte zu Beginn des Jahres mit «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» ab. Bis zu 50 Prozent Marktanteil waren für den Kölner Sender drin. Rund acht Millionen Zuschauer hatten die täglich um 22.15 gezeigten Tageszusammenfassungen der Reality-Show gesehen. Das Finale sahen fast neun Millionen Zuschauer. Nicht nur die Beliebtheit von Bach und Zietlow war dafür ausschlaggebend, auch die Protagonisten im Camp trugen mit ihren Irrungen und Wirrungen sowie den kleineren und größeren Skandalen dazu bei, dass die RTL-Show nicht nur unterhaltsam, sondern auch spannend und humoristisch zugleich wurde. Das Ergebnis war die mitunter erfolgreichste Staffel bislang, wenngleich sich das aufgrund der Werbeflaute im Januar für RTL nicht direkt auszahlte. Doch bei «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» hat es seine Zeit gebraucht, ehe das Format beim deutschen Fernsehpublikum eine solche Beliebtheit entwickelte.
Die ersten Staffeln stießen noch bei vielen Kritikern auf wenig Gegenliebe. Mit dem Stichwort „Trash-TV“ war auch das Dschungelcamp belegt worden. Erst die humoreske, selbstironische Art und Machweise von «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» überstimmten die Kritiker, die dem Format plötzlich etwas abgewinnen konnten. Die Bandbreite, dass nahezu täglich acht Millionen Bundesbürger den neusten Bildern aus dem australischen Dschungel entgegenfieberten, hat auch bei den Sendern ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass Reality-Shows wie «Ich bin ein Star» vom Fernsehpublikum angenommen werden und nun auch akzeptiert werden. Von Imageschaden ist bei RTL mit dem Dschungelcamp schon keine Rede mehr.
Nun wagt sich auch ProSieben wieder mit der Neuauflage von «Die Alm» auf dieses Terrain und hofft, im werbestärkeren Sommer 2011 mit der Reality-Show ähnliche Erfolge zum einen wie vor sieben Jahren, zum anderen auch mit der Akzeptanz von «Ich bin ein Star» zu erzielen. So hat man auch den Spätabend-Sendeplatz um 22.30 Uhr übernommen, einzig die Premiere kommt am Samstag, 20. August 2011, um 20.15 Uhr live von der Alm. Da passt es auch ins Schema, dass man «Die Alm» als „Fun-Event“ deklariert, um zu suggerieren, dass man das doch bitte nicht allzu ernst nehmen soll und den Humorfaktor in den Vordergrund stellen mag. B-Promis beim Kühemelken zuschauen oder sich an in einem Kakerlaken-Sarg liegenden Stars von gestern belustigen, das macht kaum einen Unterschied, solange das Konzept dazu passt. ProSieben versucht es also ebenso über die selbstironische Schiene und hat am Ende wohl gut lachen. Den Kandidaten auf der Alm wird selbiges jedenfalls schnell vergehen.