«Die Alm» - in der Bild schon regelmäßig präsent - soll ab Samstag für gute Sommerquoten bei ProSieben sorgen. Wie stehen die Chancen dafür? Welche Werte sind möglich? Manuel Weis und Torben Gebhardt mit konträren Aussagen. Pro von Manuel Weis:
So ein Quotenorakel wäre schon etwas Tolles. Für die Sender, weil sie dann nur noch Formate starten würden, die auch wirklich interessieren – aber natürlich auch für Quotenmeter, weil man dann passgenau die Quoten von morgen niederschreiben könnte. Ein solches Orakel muss aber noch erfunden werden und deshalb muss vorerst weiter nach eigenem Gusto orakelt werden. Bezogen auf «Die Alm» kann mit einem Erfolg gerechnet werden – wenn man vorher definiert, was ein Erfolg wäre. 2004 kam die erste Staffel immerhin auf bis zu 3,4 Millionen Zuschauer ab drei Jahren – bei den 14- bis 49-Jährigen lag der Topwert bei 21,7 Prozent. Schon die Startshow erreichte mit 20,5 Prozent extrem gute Werte. Ob das heuer noch einmal möglich ist, darf vielleicht bezweifelt werden. Ausgeschlossen ist es aber nicht. Die Bild-Zeitung, oftmals kein unwichtiger Indikator, was öffentliches Interesse angeht, trommelt schon seit Tagen intensiv für das Format. Und die bisher bekannten Promis, allen voran Gina-Lisa, dürften durchaus einen Einschaltimpuls geben.
Bedenkt man zudem, dass die Konkurrenz am kommenden Samstag um 20.15 Uhr nun wirklich nicht sonderlich namhaft ist, sind 20 Prozent plus X durchaus möglich. Sie sind aber sicherlich nicht das Ziel. Bei ProSieben wäre man wohl auch mit 14 oder 15 Prozent zufrieden, so diese Werte denn Anfang September unter dem Strich herauskämen. Das Dschungel-Camp im Januar hat natürlich die Messlatte extrem hochgelegt – nicht nur was Reichweiten angeht, sondern auch vom Qualitativen her.
Nun ist Produzent Jobst Benthues, der früher Unterhaltungschef von ProSiebenSat.1 Deutschland TV war, sicherlich einer der Besten seines Fachs – und er weiß ganz genau, welchen Anteil die Autoren am Erfolg von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» haben. Allein fehlt der Glaube, dass es ihm in den vergangenen Monaten gelang ähnlich talentierte Leute an Bord zu holen. Qualitativ wird «Die Alm» den Erfolg des Dschungel-Camps nicht wiederholen können. Ziel muss es schlicht sein, ein gutes und spaßiges Produkt abzuliefern – das kann durchaus gelingen. Und dann stimmen auch die Quoten.
Contra von Torben Gebhardt:
Die PR-Maschine läuft seit Monaten. Die Meldungen über potenzielle und unter Vertrag genommene Bewohner der neuen «Die Alm»-Staffel werden geschickt über die Boulevard-Medien lanciert. ProSieben lässt es gar so erscheinen, als würde ganz Deutschland nur auf diese TV-Rückkehr warten. Doch ist die Nation wirklich bereit, (schon) wieder einmal Semi-Prominenz beim Jauchebad oder beim Heu-Mähen zu beobachten und perfekt platzierte Skandale aufzubauschen? ProSieben soll es recht sein. Denn dem Sender dürfte alles oberhalb von sieben Prozent Gesamtmarktanteil und 12 oder 13 Prozent in der Zielgruppe gut zu Gesicht stehen – denn wirkliche Quotengaranten abseits von den etlichen Stefan Raab-Events gab es in den letzten Monaten schließlich nicht. Und Werte oberhalb dieser Marktanteils-Grenzen dürften sicherlich drin sein. Schließlich kam die erste Staffel auf nahezu 25 Prozent in der Spitze und selbst der gescheiterte Pseudo-Klon «Die Burg» lag bei 12,6 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern.
Ob das Ergebnis allerdings als vager Quotenerfolg taugt und ProSieben in einer positivere Zukunft führen wird, darf mehr als bezweifelt werden. Das Sender-Image ist schon strapaziert genug und nervige Moderatoren wie etwa Janine Kunze und Daniel Aminati sorgen sicherlich nicht für die großen und überraschenden Highlights. Schon gar nicht die Kandidaten, die mal wieder der C-Prominenz zugeschrieben werden dürfen – wenn überhaupt. Zudem wird die Tatsache, dass die Primetime bzw. Late Prime gleich 14 Tage lang für diesen Schund leer geräumt werden muss, an so mancher Stelle für weiteren Ärger und Zuschauerfrust sorgen. Und damit womöglich auch in den darauffolgenden Wochen für eine Quotendelle bei den etablierten Serien und Shows.
Wirtschaftlich gesehen können sich die unteren zweistelligen Zielgruppen-Marktanteile sicherlich auch nicht rentieren. Denn angesichts so immenser PR und Cross-Promotion muss die Werbewirtschaft erst einmal das Scheckbuch zücken und die angebotenen Werbespots buchen. Und genau diese Rentabilität war ja schon beim Marktführer RTL und dem riesigen Quotenerfolg «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» ein Problem.
Am Ende wird man dann sicher sagen können, das ProSieben lieber die Hände von der Neuauflage der «Alm» lassen sollen. Nicht ohne Grund gab es bis dato keinen Versuch, die 2004 gezeigte Show wiederzubeleben.