Nur schwache Einschaltquoten verzeichnete «Happy Endings» bei ABC. Christian Wischofsky kann dies erklären.
Sitcoms waren im vergangenen TV-Jahr nicht unbedingt gefragt. Unter den Neuankömmlingen des Genres schafften es nur drei Serien in eine zweite Staffel, und mit Ausnahme von «Mike & Molly» inmitten vom CBS Comedy-Powerhaus am Montag waren nicht unbedingt die guten Quoten für die Verlängerung verantwortlich. Während «Raising Hope» auf FOX jedoch durch die guten Kritikerstimmen frühzeitig seine zweite Staffel verdient hat, gab es bei ABC mit «Happy Endings» bis zu den Upfronts die Frage, ob die x-millionste Version einer Beziehungscomedy bei den schwachen Quoten, die es einfuhr, überhaupt verlängert wird. Die Prämisse der von David Caspe entwickelten Comedy schien den anderen Freshman-Comedys zu ähneln: Man nehme ein Paar, trenne es in der Pilotfolge während der Hochzeitszeremonie, füge eine Hand voll chaotische Freunde in den Mix, und kreiere daraus Geschichten, welche den Zuschauern den Eindruck geben, dass für das Serienfinale mit dem Zusammenkommen des getrennten Paares ein Happy End geplant sei – immerhin suggeriert der Serientitel auch nichts anderes. Doch während der kurzen ersten Staffel stellte sich jedoch heraus, dass «Happy Endings» kein weiterer Klon der Beziehungssitcom sein, sondern seine Zuschauer genauso unterhalten will, wie es NBC seit zwei Jahren mit «Community» tut.
Natürlich gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen den Liebesgeschichten einer Bande von sechs Freunden und dem allwöchentlichen Spaß einer Collegegemeinschaft, allerdings lässt sich der Ansatz der Comedy ein wenig vergleichen. Während «Community» in seiner ersten Staffel als Meta-Show seine kleine Siegestour bei den Zuschauern begann, versuchten auch die «Happy Endings»-Autoren, den Rhythmus ihrer Konkurrenz zu kopieren, um sich vom Schema F des Storytellings zu verabschieden, bevor die Serie überhaupt ihre Zuschauer gefunden hat. Vielleicht ist das der Grund, warum «Happy Endings» in seiner siebenwöchigen Laufzeit sich schnell zu einem Geheimtipp mauserte und inzwischen nicht mehr als „diese Beziehungscomedy“ gilt. Die Autoren fokussierten sich nicht nur auf die Comedy der Situation, sondern schafften es sogar, dass es wieder einmal eine Serie gibt, die auch durch ihren Dialoghumor überzeugen kann. Und erschafften nebenbei noch Charaktere, die einem so schnell ans Herz wachsen können, dass man sie nicht mehr missen will.
Es fängt schon damit an, dass man sich besonders in der zweiten Staffelhälfte nicht unbedingt auf die gescheiterte Beziehung zwischen Dave und Alex konzentriert, und es setzt sich mit der Tatsache fort, dass allen sechs Charakteren genügend Zeit gegeben wird, sich in ihren verschiedenen Geschichten zu beweisen. Wie es im Sitcom-Klassiker «Friends» Gang und Gäbe war, bekommt auch in «Happy Endings» jeder Charakter seine eigene Story, die ihren Anfang und ihr Ende hat. Es wird keine Zeit mit Nichtigkeiten verschwendet, und jede Geschichte wird benutzt, um etwas über die Charaktere zu erzählen. Zwar wird hin und wieder mit Klischees gearbeitet, doch die Charaktere bleiben jedes Mal ernst und ehrlich genug, dass «Happy Endings» selten bis nie über die Comedyklinge springt und unrealistisch wirkt. Bestenfalls gelingt es den Autoren sogar, ein wenig Dramatik in die Situation zu bringen, um die Beziehungen unter den Charakteren zu entwickeln. In «Happy Endings» geht es nicht immer um die Auslieferung des Humors, sondern die Charaktere stehen an erster Stelle.
Allerdings hatte auch «Happy Endings» seine kleinen Geburtsschwierigkeiten und konnte sich erst im Verlaufe der ersten Staffel finden. Ein Grund dürfte hier auch die Ausstrahlungstaktik von ABC gewesen sein, das die Episoden scheinbar im Shuffle-Modus ausgestrahlt hat. Aus diesem Grund war es nicht einfach, der gescheiterten Beziehung zwischen Dave und Alex Glaubwürdigkeit abzusprechen, wenn ihre Freunde erst nach zehn Episoden darüber diskutierten, inwiefern sie noch Freunde der beiden sein könnten. Auch in chronologischer Reihenfolge verbringen die Autoren etwas zu viel Zeit mit Dave und Alex, und fanden deshalb keine Möglichkeiten, sich großzügig auf die anderen Charaktere zu konzentrieren. Daraus resultierte, dass Brad und Jane zu Beginn selten Kontakt mit den Geschichten ihrer Freunde hatten, und stattdessen ihr Eheleben im Fokus des Geschehens war; und auch die inzwischen kultverdächtigen Charaktere Max und Penny bekommen erst in der zweiten Staffelhälfte die Möglichkeit zu glänzen. Schlussendlich ist auch die Chemie zwischen Dave und Alex nicht unbedingt spürbar und erinnert zeitweise an die fürchterlich aufgezwungene Romanze zwischen Ben und Kate in der schnell abgesetzten CBS-Beziehungssitcom «Mad Love». In «Happy Endings» haben Dave und Alex jedoch den Vorteil, dass sie die Serie praktisch als getrenntes Paar beginnen, was durchaus als positiv zu betrachten ist.
Letzten Endes war «Happy Endings» die Überraschungscomedy des vergangenen Jahres und könnte sich im zweiten Jahr zu einem echten Geheimtipp wie «Community» entwickeln. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass während der zweiten Staffel auch neue Zuschauer mit an Bord springen oder das Schicksal einer qualitativ starken Serie, die quotentechnisch nicht überzeugen kann, wird sich im nächsten TV-Jahr fortsetzen. Auch bleibt zu hoffen, dass ABC nicht so schnell den Atem verlieren wird, und ähnlich wie NBC am Donnerstag auf einen Comedyabend pocht, der auch bei schwachen Quoten und dank guter Kritiken nicht abgesetzt wird.
Man kann den Autoren danken, dass sie mit den Klischees des Genres perfekt umgehen können, und die Serie am Ende nicht vollständig übertrieben wird. Besonders Max ist hier das beste Beispiel, da «Happy Endings» seit einer gefühlten Ewigkeit einen homosexuellen Charakter liefert, der keineswegs der Quotenschwule des Fernsehens ist. Selbiges gilt für Penny, die im Verlauf der Serie irgendwie als die dumme Blondine mit schwarzen Haaren herüberkommt, sich faktisch keinen Deut um die Männerwelt schert, jedoch trotzdem in jeder zweiten Episode erwähnen muss, dass sie als chronischer Single immer noch auf der Suche nach ihrem Traummann und dem Vater ihrer drei Kinder Hayley, Madison und Makenzie ist. Zwischen diesen Comedymomenten kommen beide Charaktere nämlich äußerst ehrlich rüber und verschaffen den Zuschauern eine gewisse Nähe, wenn es darum geht, mit den Charakteren mitzufühlen. Das führt vor allem dazu, dass Pennys Geschichte mit dem Leadsänger einer Rockband wie eine waschechte Romanze wirkt und eine Botschaft vermittelt, statt die Story mit einer situationskomischen Szene nach der anderen zu füllen.
Allerdings schafften es die Autoren nicht gerade, Brad und Jane als beste Freunde in die Clique einzubringen. Das Ehepaar bekommt nicht nur die von den anderen Charakteren abgetrennten Geschichten, die sich meistens um ihr Eheleben drehen; auch kommt man in mehreren Momenten nicht darüber hinweg, zu glauben, dass die beiden tatsächlich ein Ehepaar sind. Auch hier kränkelt es an fehlender Chemie, vergleichbar mit der von Dave und Alex, und ihre Geschichten sind meistens die überdrehten. Da ist es kein Wunder, wenn sowohl Brad als auch Jane als Charaktere besser funktionieren, wenn die Autoren sich nicht auf ihr Eheleben fokussieren. Der beste Indikator dafür dürfte der Zombiemarathon zwischen Jane und Max sein, welcher das Comedytiming von Eliza Coupe besser zur Gestaltung bringt, und das nicht nur, weil Jane als eher „verrückte“ Ehefrau es hier mit einer normalen Person in einer definitiv nicht normalen Situation zu tun hatte.
Sollte «Happy Endings» mit diesem Erzählmuster in der zweiten Staffel fortsetzen, dürfte es sicherlich keine Probleme geben, die Serie auch im nächsten Jahr zu lieben und als Geheimtipp zu bezeichnen. Die Autoren dürfen ruhig hin und wieder Abstand von den Charaktergeschichten nehmen, um für eine Episode eine meta-betonte Story zu liefern. Ähnlich wie in der Waffenstory kann es sogar von Vorteil sein, wenn eine Dave/Alex-Story rein gar nichts mit deren gescheiterten Beziehung zu tun hat und sich stattdessen auf Comedy konzentriert, die von der Prämisse der Serie völlig abweicht.