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Der Fernsehfriedhof: Allein oder Peinlich?

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 147: Die „ultimative Single-Show“, die gleich zwei Mal floppte.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der öffentlich-rechtlichen Frauenquote.

«Allein oder Fröhlich» wurde am 20. Juli 1996 im Ersten geboren und war ein weiterer Vertreter des sogenannten „Festivals der neuen Köpfe“, mit denen der Sender frische Konzepte und unverbrauchte Gesichter für den Samstagabend etablieren wollte. Der Auftakt in Form der Action- und Quizshow «Showlympia» mit Thomas Germann verlief jedoch enttäuschend. Als zweite Kandidatin schickten die Verantwortlichen dann Susanne Fröhlich ins Rennen, den Samstagabend zu retten. Wie auch Germann war sie bisher im Regionalprogramm tätig und fiel dort vor allem durch ihre Reihe «Fröhlich am Freitag» auf, die ihr den Titel der „Quoten-Queen" vom Hessischen Rundfunk einbrachte. Parallel verkuppelte sie zudem beim Radiosender hr3 Singles mit dem sogenannten «Ausgehspiel».

Diese Vorarbeiten qualifizierten sie offenbar genug, um ihre lockeren Kuppeleien zu einer Samstagabendshow auszubauen und damit direkt in die Kerbe von dem damals noch existierenden «Geld oder Liebe» zu schlagen. Der Titel der Sendung bezog sich dabei nicht nur auf den Namen der Gastgeberin, sondern sollte auch die Grundstimmung des Formats beschreiben. Hauptsache gute Laune lautete nämlich das streng verordnete Motto. Ein striktes Konzept verfolgte die selbsternannte „ultimative Single-Show“ derweil nicht. Sie war vielmehr ein Sammelsurium an Einzelaktionen, die mehr oder weniger gelungen miteinander verbunden wurden. Es gab Videokontaktanzeigen für ganz spezielle Zielgruppen, die Vorstellung eines potentiellen Partners in seiner häuslichen Umgebung, Verkuppelungen innerhalb des Studiopublikums und ähnliche Aktionen, die man bereits aus anderen Sendungen kannte. Doch genau gegen diesen Vorwurf wehrte sich die Moderatorin bereits im Vorfeld vehement: "Unser Konzept ist total neu. Wir casten nämlich keine Kandidaten. Bei den anderen sind entweder alle sehr schön oder irre witzig. Bei uns können alle mitmischen. Ob Homo oder Hetero, Heimwerker oder Allergiker, hier hat jeder eine Chance." Garniert wurden die Aktionen mit kurzen Sketchen, in denen Beziehungen parodiert wurden. Kurz, die Sendung beinhaltete fast ausschließlich Elemente, die nichts in einer modernen Abendshow zu suchen hatten.

Entsprechend vernichtend waren die Stimmen der Kritiker nach der Ausstrahlung der ersten Ausgabe. Beklagt wurde insbesondere das anhaltende Chaos während der Sendung, die sich insgesamt nahe an der Grenze zur Geschmacklosigkeit bewegt hätte. In der Süddeutschen Zeitung hieß es gar: "Die burschikose Blondine erinnert in ihrem unverblümten Witz fatal an Hella von Sinnen. Und die Dame war schon sehr anstrengend." Ähnlich verhalten war auch die Zuschauerresonanz, denn «Allein oder Fröhlich» unterbot mit nur 2,5 Millionen Zuschauern sogar die miesen Werte von «Showlympia».

Nach der erfolglosen Premiere am Samstagabend, verlor das Format sofort den prominenten Sendeplatz. Ab 17. Oktober 1996 sollte es am Donnerstagabend um 21.45 Uhr, also ausgerechnet auf dem Sendeplatz, auf dem zuvor Hape Kerkeling mit seiner Show «Warmumsherz» scheiterte, mit halber Laufzeit erneut sein Glück versuchen. Allerdings nicht ohne eine weitere Mission auf den Weg bekommen zu haben. Galt es im Sommer für Fröhlich noch die traditionelle Samstagabendshow zu retten, hatte sie nun für mehr Weiblichkeit im Programm des Ersten zu sorgen. Daher sollten ihre Kurz-Ausgaben der Show im Wechsel mit den neuen Sendungen von Bettina Böttinger und Alida Gundlach rotieren und damit ein Gegengewicht zum damals populären Magazin «Schreinemakers Live» bilden. "Wir haben unsere Perlen lange in den dritten Programmen getestet. Jetzt blasen wir zur Attacke", kündigte der damalige Unterhaltungs-Koordinator Rüdiger Hoffmann die Aktion großmundig an.

Letztlich erwies sich auch dieses Projekt als nicht zukunftsfähig. Während Gundlachs Promi-Reportagen versöhnliche Quoten mit rund vier Millionen Zuschauern verbuchen konnte, aber dafür sehr hohe Produktionskosten hatte, stürzten Fröhlichs veränderte Singleshow und Böttingers Abstimmungs-Talkshow «B. fragt» regelrecht ab. Als nach wenigen Monaten das Ziel eines durchschnittlichen Marktanteils in Höhe von 13 Prozent permanent mit einstelligen Werten verfehlt wurde, beendete Das Erste die weibliche Offensive und stellte damit auch die Kuppel-Show endgültig ein. Als Begründung für das Desinteresse nannte Fröhlich später den fehlenden Rückhalt in den männerdominierten Gremien und das daraus resultierende Fehlen von Werbung für ihr Format.

«Allein oder Fröhlich» wurde im Jahr 1997 beerdigt und erreichte ein Alter von sieben Ausgaben. Die Show hinterließ die Moderatorin Susanne Fröhlich, die nach dem Ende der Sendung eine Call-In-Show mit dem Titel «Fröhlich bei Nacht» im hr-Fernsehen und dann die kurzlebige Talkshow «Wir vier» im ZDF übernahm. Zudem war sie Dauergast in den Shows «Klatsch TV» und «Blond am Freitag». Erfolgreicher entwickelte sich ihre Karriere als Romanautorin, denn vor allem ihr Buch «Moppel-Ich» wurde zu einem Bestseller, das sogar vom ZDF verfilmt wurde. Basierend auf dieser Beliebtheit lädt sie seit 2005 zweimonatlich zu ihrer Lesesendung «Fröhlich lesen» im MDR ein.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem letzten und erfolgreichsten Vertreter des «Festivals der neuen Köpfe».
21.07.2011 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/50922
Christian Richter

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