Ben Affleck, Kevin Costner und Tommy Lee Jones zeigen im ruhigen Drama «Company Men», wie die Finanzkrise das mittlere Managment berührt.
«Company Men», das Regiedebüt von John Wells, behandelt mit den Folgen der globalen Finanzkrise ein hochaktuelles Thema. Der frühere Produzent und Autor der legendären Krankenhausserie «Emergency Room» versammelt darin hochkarätige Namen wie Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Kevin Costner und Maria Bello vor der Kamera. Diese wurde von niemand geringerem als Roger Deakins geführt, dem mehrfach Oscar-nominierten Genie hinter so malerisch fotografierten Filmen wie «Die Verurteilten» oder «No Country for Old Men». Und dennoch findet «Company Men» erst ein halbes Jahr nach US-Start den Weg in die deutschen Kinosäle. Der erfahrene Kinogänger wird da stutzig. Stolpert das mit Talenten beschmückte Drama etwa über den Faktor Qualität?
«Company Men» verfolgt die Finanzkrise aus der Sicht des mittleren Managements eines großen Bostoner Konzerns. Der Firmenchef gehört zu den 17 bestbezahlten Geschäftsmännern der USA, doch auch der Lebensstandard unserer Protagonisten ist durchaus beneidenswert. Bobby Walker (Ben Affleck) hat mit seiner Frau (Rosemarie DeWitt) eine funktionierende Familie gegründet, wohnt in einem großen Eigenheim und fährt mit seinem Sportwagen regelmäßig zum Golfen. Eines Tages jedoch wird sein tänzelnder Gang in den Konferenzraum mit trüben Blicken begrüßt: Die Aktien sind schwer eingebrochen und Personalchefin Sally (Maria Bello) kürzt im Namen der höheren Geschäftsleitung zahlreiche Stellen, um künstlich den Marktwert des Unternehmens zu steigern. Unter den Unglücklichen befindet sich auch Bobby, der seine Frau darum bittet, den Freunden und Verwandten nichts davon zu erzählen, weil er sich die Blöße nicht geben möchte. So belügt er unter anderem seinen Schwager Jack (Kevin Costner), einen Handwerker, der über Probleme sowie Gehälter der großen Manager nur den Kopf schüttelt. Auch auf seinen befreundeten, ihm einst vorgesetzten Kollegen Gene McClary (Tommy Lee Jones) reagiert er zunächst giftig, als er ihm bei einem Treffen eine Liste mit möglichen neuen Arbeitgebern überreicht. Dabei weiß Bobby nicht, dass auch der idealistisch-optimistische Gene mit seiner Einstellung langsam ins Visier der Personalabteilung gerät. Genauso wie der launische Phil Woodward (Chris Cooper), ein alter, abgebrühter Hase im Konzern, den die Finanzkrise letztlich emotional schwer treffen wird…
Wenn man zu Beginn des Films den frisch entlassenen Bobby Walker im Garten seines prächtigen Eigenheims grummelnd auf das Grillfleisch einpieksen sieht, ist es durchaus schwer, ihn zu bemitleiden. Ein großes Haus, teure Autos, eine verständnisvolle Ehefrau und sicherlich ein nettes Sümmchen auf dem Konto – Arbeitslosigkeit ist nie schön, doch es gibt Leute, die es wesentlich schwerer träfe. Regisseur und Autor John Wells ist sich dessen wohlbewusst, so dass er viel der Laufzeit von «Company Men» darauf anwendet, ein einfühlsames Porträt der Lage Bobby Walkers zu zeichnen. Dass dies nicht zu überdramatisierend und schwülstig gerät, ist zu einem erheblichen Teil dem zurückhaltenden, womöglich sogar etwas zu unaufgeregten, Drehbuch zu verdanken. Wells verzichtet auf zu große Konflikte, beschreibt etwa die Anspannungen zwischen Bobby und seinem jugendlichen Sohn allein dadurch, dass dieser in einer Szene enttäuscht davonläuft. Dadurch mag manchen die Spannung fehlen, zugleich jedoch bewahrt dies «Company Men» vor prätentiöser Melodramatik.
Als weiterer Pluspunkt kommt Ben Afflecks unaufdringliches Spiel hinzu, welches den Arbeit suchenden Manager sehr sympathisch erscheinen lässt und ihm dennoch auch Brüche erlaubt. Affleck macht Walker zu einer glaubwürdigen, runden Figur, deren Stolz nachvollziehbar ist, so dass man seine Fehler während der Jobsuche nicht zu harsch verurteilt. Insgesamt skizzieren Affleck und John Wells ein realistisches Bild davon, wie es sein mag, als studierter Betriebswirtschaftler mit vorbildlicher Karriere die Anstellung zu verlieren, während die meisten offenen Stellen nach qualifizierten, erfahrenen Handwerkern suchen.
Neben Affleck bleibt sein Leinwand-Schwager Costner am besten in Erinnerung. Der grummelige Handwerker lässt kaum eine Gelegenheit, sich über zu hohe Managergehälter zu mokieren, zeigt aber auch familiäres Pflichtbewusstsein gegenüber Bobby. Die beiden Darsteller ergänzen sich in ihrem Zusammenspiel hervorragend, und so werden ihre gemeinsamen Szenen zu den besten des Films. Für seine anderen Nebenfiguren findet John Wells weniger Zeit, was im Falle von Tommy Lee Jones’ Figur nicht weiter ins Gewicht fällt, da Jones seiner Figur ganz routiniert auch in seinen wenigen Szenen genug Leben einverleibt. Im Falle von Coopers Figur hätte es dagegen etwas mehr Leinwandzeit gebraucht, um den dramaturgischen Bogen besser zu spannen und ihr so mehr emotionales Gewicht zu verleihen. In solchen Fällen, in denen das Drehbuch die volle Gefühlsgewalt eines Moments nicht abzudecken vermag, springt glücklicherweise die empathische Kameraarbeit von Roger Deakins ein. John Wells’ Skript macht gerade in der Mitte der Handlung mehrere kleinere Zeitsprünge, in denen die Figuren jedoch größere emotionale Wandlungen durchmachen. Dann sind es die Lichtarbeit und Deakins’ bedachtvoll gewählten Aufnahmewinkel, die dem Publikum aufzeigen, ob es für die Protagonisten ein kleines Stück aufwärts oder doch wieder noch weiter nach unten ging.
Insgesamt ist «Company Men» ein gelungenes Drama, das an den exemplarischen Schicksalen dreier Männer ein sachlich erzähltes, einfühlsames Porträt der Finanzkrise und ihrer Folgen für die USA zeichnet. Der nicht sonderlich straffe Spannungsbogen und die mangelnde Zahl an eindringlichen Charaktermomenten hält John Wells’ Regiedrama jedoch davon ab, in eine gehobene cineastische Güteklasse aufzusteigen. Ob die mangelnde Systemkritik ein löblicher Verzicht auf moralinsaure Lektionen ist, oder verschenkte Aussicht auf größere Relevanz, liegt derweil im Auge des Betrachters.
«Company Men» ist seit dem 7. Juli in einigen deutschen Kinos zu sehen.