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First Look: «Combat Hospital»

Ein «Grey’s Anatomy» im Krieg von Afghanistan? Christian Wischofsky sah die neue ABC-Serie.

Unser US-Korrespondent Christian Wischofsky präsentiert den deutschen Fernseh-Fans den "First Look" - bei fiktionalen Programmen übrigens komplett Spoiler-frei. Heute mit einer neuen ABC-Krankenhausserie.

Es ist durchaus nichts gegen ein weiteres Krankenhausdrama einzuwenden. Obwohl das Genre seit «Grey's Anatomy» eher durchwachsen ist und keine qualitativ besondere Serie mehr hervorbringt, sind die Sender, Autoren und Zuschauer immer noch auf der Suche nach einem neuen «Emergency Room» - oder wenn es schon nicht mit der realistischen und emotionsgeladenen Dramatik klappt, wenigstens ein neues «Grey's Anatomy» mit einem Schuss Weekly Soap. Die Premiere von «Combat Hospital» auf ABC, welches vor Monaten noch den (weitaus besseren) Arbeitstitel «The Hot Zone» besaß, zeigte zwar nicht, warum es als neues Highlight im Medical Genre gesehen werden soll, war allerdings überraschenderweise den Klischees von heutigen Krankenhausdramen weit überlegen. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, den Kanadiern mit britischer Hilfe das Genre für die Sommersaison zu überlassen.

«Combat Hospital», welches unter der Heerschar der kanadischen Fernsehabteilung Shaw Media zwischen Studios in Kanada und Großbritannien ko-produziert und in Nordamerika von Sony Pictures Television vertrieben wird, könnte letzten Endes das beste Beispiel sein, warum es sich nicht immer lohnt, die bei Serienfans gefürchteten Shonda-Rhimes-Elemente in einer Krankenhausserie zu haben. Die Serie handelt von einer Gruppe von Ärzten in einem US-Militärlazarett inmitten des krisengeschüttelten Afghanistan des Jahres 2006. Die junge Chirurgin und Major Rebecca Gordon (Michelle Borth) durchlebt ihre erste Schicht und hat schon innerhalb der ersten Sendestunde eine Hand voll Soldaten und einen Taliban in Kriegsgefangenschaft gerettet – nicht ohne einmal unter Bombenalarm zu geraten und den in Krankenhausdramen üblichen ersten Patiententod zu erleben. Die Pilotepisode ist nicht umsonst hektisch erzählt und geschnitten, will sie doch den normalen Alltag von Militärärzten zeigen. Dass es in Kandahar während des Krieges gegen den Terrorismus aus allen Ecken und Enden Gefahr für die Helden in Uniform hagelt, ist keine Fiktion, sondern purer Ernst.

Verglichen mit eben jenen Shonda-Rhimes-Dramen und Serien wie «Mercy» (NBC) und «HawthoRNe» (TNT) kann «Combat Hospital» in einer Hinsicht überzeugen: Sie hält die persönlichen Geschichten, welche ins Soap-Genre abdriften können, auf ein Minimum, und konzentriert sich auf das 24-Stunden-Chaos des Militärkrankenhauses. Natürlich kommen einem als Zuschauer Erinnerungen hoch, wenn Rebecca und ihr neuer bester Freund, weil ebenfalls Neuling im Lazarett, Bobby (Terry Chen) nach einem vollen Tag gemixt mit handwerklichen medizinischen Fehlern, afghanischen Terroristen und einem drohenden Anschlag der Müdigkeit verfallen und kurz davor sind, die Kontrolle über ihre Gedanken oder ihren Körper zu verlieren. Diese Art des Geschichtenerzählens ist typisches Standardmaterial jedes Serienpiloten im Krankenhausgenre, angefangen mit dem chaotischen ersten Tag eines jeden Medizinstudenten, über John Carter, der seinen Schlaf im Warteraum findet, bis hin zu den jungen Doktoren in «Grey's Anatomy», welche gleich eine 48-Stunden-Schicht überleben müssen. Das Leben eines Arztes ist nicht nur zu Hause eine chaotische Ansammlung von Patienten und Krankenhausverwaltung, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus. Das zeigte auch schon ABCs «Off the Map» Anfang des Jahres, welches allerdings mit der Beziehungscomedy unter den Ärzten ohne Grenzen ein wenig zu weit gegangen ist.

Die Autoren rund um den TV-unerfahrenen Serienentwickler Jinder Chalmers und Douglas Steinberg haben jedoch beschlossen, sich auf das Drama der Situation zu konzentrieren und stattdessen die Beziehungen unter den Charakteren zweitrangig zu behandeln. Zwar wird in der Premiere indirekt gezeigt, dass Rebecca und der zivile Arzt Simon (Luke Mably) eine gewisse Zuneigung zueinander entwickelt haben, doch scheint es, als hätten die beiden Turteltauben keine Zeit für ein romantisches Techtelmechtel am Arbeitsplatz. Stattdessen bleibt nur noch Zeit für Freundschaft, und wenn man die Geschichten realistisch nimmt, ist es auch Freundschaft und die daraus entstehende Kameraderie, welche es den Soldaten ermöglicht, überhaupt den dauerhaften Druck des Krieges zu überstehen. Und der Pilot macht eine gute Figur genau diesen Umstand zu zeigen. Das führt allerdings zur Frage, ob die Autoren diesen Subplot in den zukünftigen Folgen ausbauen und weiterhin beweisen wollen, dass «Combat Hospital» nicht das kanadische „«Grey's Anatomy» in Afghanistan“ ist, wie es von ABC in den Promos suggeriert wird.

Sicherlich ist «Combat Hospital» auf dem ersten Schlag keine perfekte Serie - und es erwartet auch keiner, dass sie es jemals sein wird. Doch man sollte den Produzenten und Autoren nach der ersten Episode schon anerkennen, dass immerhin versucht wurde, die Klischees zu umschiffen, und die Authentizität der Geschichte größtenteils zu bewahren. Auch wenn es bedeutete, dass der militärische Teil der Serie unglaubwürdig gehalten und für dramaturgische Zwecke regelrecht verbogen wurde. Aber die Darsteller haben in ihrer ersten Episode eine tolle Chemie untereinander entwickelt und ihre Charaktere sind interessant gezeichnet.

Letzten Endes kann man von Glück reden, dass die hausinternen ABC-Autoren und Produzenten nicht zuerst auf die Idee von «Combat Hospital» gekommen sind. Anderweitig würde die neue Serie wahrscheinlich das selbe Muster wie «Grey's Anatomy» oder «Off the Map» haben, und vor allem in den zuschauerarmen Sommermonaten schnell abgesetzt werden. «Combat Hospital» ist ein gutes Beispiel, wie Produzenten in Kanada und Amerika denken und inwiefern sie nach ihrem potentiellen neuen Serienhit Ausschau halten. Kanada machte aus «Combat Hospital» eine kleine, aber feine Serie, die den Realismus des Krieges etwas überstürzt in die Serienwelt bringt (was «Emergency Room» in seinen jährlichen Katastrophenfolgen wie „Der Sturm“ aus Staffel fünf jedoch nicht anders machte) und sein geringes Budget perfekt ausnutzen kann. Amerika machte in den Trailern aus «Combat Hospital» die neue Serie, in welcher die heiße neue Ärztin von ihren männlichen Kollegen angebaggert wird. Da ist es kein Wunder, warum die Einschaltquoten auf Global (1,96 Millionen Zuschauer) gegenüber den Zahlen von ABC (5,26 Millionen Zuschauer) als Erfolg gesehen werden.
30.06.2011 12:28 Uhr Kurz-URL: qmde.de/50497
Christian Wischofsky

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Combat Hospital

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