Sieben Jahre nach der Absetzung kehrte die Serie ins Fernsehen zurück. Bislang mischen sich klassische Highlights jedoch mit wirren Gagparaden.
Im Jahr 2003 zog der US-Sender FOX einen Schlussstrich unter seine Animationsserie «Futurama». Ein Jahr später lief die letzte Staffel auch im deutschen Fernsehen aus und "Die Hände des Teufels" sollte für lange Zeit die letzte Folge der Serie bleiben. Erst im vergangenen Jahr zeigte ProSieben die vier Direct-To-DVD-Filme, die im Jahr 2008 entstanden waren, aufgetrennt in jeweils vier halbstündige Folgen. Die neuen Episoden, die Hybridformen aus Halbstündern und 90-Minütern bilden mussten, zeigten einige Schwächen: sprunghafte Stories auf der einen Seite, schleppende übergreifende Plots auf der anderen.
Im gleichen Sommer kehrte «Futurama» in seiner Ursprungsform ins US-Fernsehen zurück. Nach dem Erfolg der Filme hatte der Sender Comedy Central 26 neue Folge geordert, von denen die ersten 13 ausgestrahlt wurden. Erfreut konnte man feststellen: Das echte «Futurama» ist zurück. Aber irgendwie nicht ganz. Was kein prinzipiell schlechtes Urteil sein muss, denn wie die Produzenten selber mehrfach betonten, liegt eine Veränderung der Serie darin, dass den Autoren auf dem Kabelsender Comedy Central viel größere Freiheiten eingeräumt werden als es bei FOX möglich gewesen wäre.
So enthält «Futurama» jetzt nicht nur einige zotigere Gags, sondern ist insgesamt oftmals auch stärker auf den schnellen Witz fixiert, was in einigen Episoden leider sehr zu Lasten der Geschichte geht. Ähnlich den jüngeren Staffeln der «Simpsons» macht es nun immer wieder den Eindruck, als würde ein Plot notdürftig um ein fertiges Kontingent an Witzen herum gestrickt. Dem kürzlich gesendeten Auftakt der zweiten 13 neuen Folgen war klar anzumerken, dass hier das Thema "Männer- und Frauenklischees" die Grundlage bildete, an dem eine Parade an Gags abgearbeitet wurde, die Rahmenhandlung aber vor konstruierten Wendungen, Unplausibilitäten und unpassendem Charakterverhalten nur so strotzte.
Fans, die «Futurama» dafür geliebt haben, dass es trotz seiner ziemlich abgedrehten Zukunftsvision immer ein Herz für seine Figuren gehabt hat und es im Gegensatz zu selbst den besten «Simpsons»-Episoden sogar immer wieder schaffte emotional zu berühren (man muss schon ein Herz aus Stein haben, um beim Ende von "Gebell aus der Steinzeit" keine feuchten Augen zu bekommen), werden diese Gagparaden sicherlich nicht unbedingt mögen. Glücklicherweise zeigen die bisherigen Comedy-Central-Episoden aber, dass die Autoren ihr Handwerk nicht verlernt haben. Das nachdenklich-intelligente "The Late Philipp J. Fry" lässt sich in eine Reihe stellen mit den besten Episoden der gesamten Serie. Mit dem Weihnachtsspecial des letzten Jahres schuf man aber auch die mit Abstand schlechteste Folge.
«Futurama» hat sich also verändert, die Varianz ist größer geworden, sowohl im Humor als auch in der Qualität der Geschichten. Dennoch zeigte sich, dass die Serie auch bei Comedy Central noch das Potential für einige hervorragende Episoden hat. Das hat auch der Sender erkannt und weitere 26 Episoden bestellt. Das Überleben der Serie ist damit bereits heute bis Sommer 2013 gesichert. Ob sie auch bald wieder auf ProSieben zu sehen sein wird? "Bestimmt", antwortete der Sender via Twitter.
Es war der Deus Ex Machina, dem die Crew des Planet Express in "Neutopia", dem Auftakt der neuesten Folgen, nach dem Absturz begegnete: Ein Steinwesen, das aus nicht weiter ausgeführten Gründen, die Lust und die Fähigkeiten hatte, die Geschlechter der ungebetenen Gäste nach Lust und Laune zu manipulieren, um so zahlreiche Mann-Frau-Klischees zu erzwingen. Und schon die Vorgeschichte vom Pin-Up-Kalender über die eigene Fluglinie bis zu den eingeschlafenen Piloten zeugte von zahlreichen Sprüngen und Unplausibilitäten, um sich irgendwie am Thema abzuarbeiten.
Leider kein Einzelfall in den neuen Folgen, in denen sich des Öfteren die Geschichten den Gags unterordnen muss statt dass die Gags sich natürlich aus der Geschichte heraus übergeben. Das ist offenbar der Kompromiss, den man gehen muss, um sich auf einem durchaus mit Brachialhumor bestückten Spartensender durchzuschlagen. Die Gagparaden können das durchaus wert sein, wie die irrwitzige Folge "Attack of the Killer App" bewies, das zwar auch eine ziemlich wirre Geschichte hatte, wo aber gleichzeitig die Gags auch einfach zündeten.
Die neuen Freiheiten bei Comedy Central merkt man neben einigen zotigen Anspielungen vor allem an der scharfen Sozialkritik, die einige der neuen Folgen üben. Müllverfrachtung in Dritte-Welt-Länder, Tabuisierung von Homosexualität sowie die in den USA immer wieder präsente Kreationismus-Debatte werden aufgegriffen und parodistisch bis zynisch aufs Korn genommen. Leider sind in einigen Episoden die Lacher den Aufwand nicht wert, der mit abstrusen Storykonstruktionen getrieben wird, wie eben in "Neutopia", oder das Potential wird nicht ausgeschöpft wie bei der Comic Con 3010 aus der Episode "Lrrreconcilable Ndndifferences".
Die Geschichten dürfen also in Zukunft durchaus wieder eine Spur stärker ausfallen, denn dass es möglich ist, hat auch das "neue" «Futurama» bewiesen. "The Late Philipp J. Fry" ist ein wahrer Geniestreich. Ein intelligenter Zeitreise-Plot, der nicht die ausgetretenen Pfade anderer Serien geht, eine irrwitzige Musik-Einlage, eine Liebesgeschichte und nicht zuletzt eine sehr ruhige bis geradezu nachdenkliche Sequenz über die Vergänglichkeit des Universums, am Ende noch gepaart mit einer Portion makabrem Witz im cleveren Schlusstwist.
Auch in den Hauptcharakteren selbst steckt noch Potential wie "Lethal Inspection" bewiesen hat. Hier ist es der behutsame Umgang mit den Charakteren, der letztendlich in der Auflösung von Hermes als Inspector #5, der Bender einst vor der Verschrottung rettete, trotz aller Vorhersehbarkeit den emotionalen Moment schafft, der die Serie auszeichnet und vom Gros der Animationsserien abhebt. Diese Episoden machen Hoffnungen, dass «Futurama» auch in Zukunft weiterhin einige tolle Episoden hervorbringt, auch wenn man den ein oder anderen Durchhänger dazwischen tolerieren muss - und sei er so tief wie das unfassbar schlechte Weihnachtsspecial. Wer kam bitte auf die Idee, es sei eine tolle Weihnachtsfolge, wenn man drei Stories erzählt, in denen die Crew am Ende jeweils einen sinnlosen Tod stirbt?!