In der neuen Ermittlerserie am Vorabend finden sich einige ganz ungewohnte Elemente: Charakterentwicklung, sarkastischer Humor und ein roter Faden.
Seit Jahren experimentiert Sat.1 nun mittlerweile mit seinem Vorabendprogramm, um endlich wieder stabile Quotenpfeiler zu finden, die ein gutes Lead-In für Nachrichten und Primetime bieten. Zwischenzeitlich fand Sat.1 sein Heil in dilettantischen Ermittler-Dokusoaps, Dutzendware mit Laiendarstellern, kostengünstiger Umsetzung und hochnotpeinlichen Drehbüchern. Zuletzt schien sich die Ära der Vorabend-Ermittler langsam dem Ende zu nähern. «Lenßen und Partner» wurde eingestellt, die weiteren Reihen wackelten unter schwächelnden Quoten und dem miesen Image.
Da jedoch auch die Versuche, erfolgreiche Soaps oder Telenovelen zu installieren in ordentlicher Regelmäßigkeit fehlschlagen, greift Sat.1 seit diesem Montag dann doch wieder auf eine neue Ermittlerserie im halbstündigen Format zurück. «Schmidt & Schmitt» erzählt von Privatdetektiv Mark Schmidt, der seiner eigenen Detektei in Boston den Rücken zuwendet und in seine Heimat München zurückkehrt, wo er in der Kanzlei von Anwältin Sina Schmidt anheuert. Diese ist froh, endlich einen halbwegs kompetenten Mitarbeiter gefunden zu haben, denn der erste Fall wartet schon: Ein Heiratsschwindler soll überführt werden.
Was wie ein weiterer Abklatsch von «Lenßen», «K11» und «Niedrig und Kuhnt» klingt, geht in Wahrheit in eine deutlich andere Richtung. «Schmidt & Schmitt» ist mehr eine Kreuzung des gesamten Vorabend-Programms, denn auch Elemente der Telenovela lassen sich im Format wiederfinden. Hauptfigur Mark Schmidt kommentiert das Geschehen immer wieder aus dem Off und spart dabei nicht an sarkastischen Kommentaren. Etwa wenn die besorgte Mutter über den noch aktuellen Freund ihrer Tochter schwärmt, einen erfolgreichen Geschäftsmann, mit einem "Wie sagt man so schön?" nach Worten ringt und Schmidt in Gedanken mit einem "Uhmm.. Schleimer?!" kontert.
Die Genre-Mischung schafft ein durchaus interessantes Alleinstellungsmerkmal, das durch einige weitere humoristische Einlagen gestärkt wird. In einer Sequenz, in der Sina Schmitt Vorstellungsgespräche führt, erleben wir einen Ermittler, der angibt, seinen Job durch das Fernsehen gelernt zu haben, einen, der sich geregelte Arbeitszeiten von 8 bis 16 Uhr wünscht und bloß keine Wochenend-Arbeit und einen heruntergekommenen Detektiv, dem schon die Anstrengung, sich auf dem Stuhl zu halten, Schweißflecken auf dem Hemd beschert. An dieser Stelle ist die Pilotfolge von «Schmidt & Schmitt» durchaus kurzweilig umgesetzt.
Das gelingt wahrlich nicht immer. Zwar sind im Gegensatz zu den anderen Sat.1-Ermittlersoaps dieses Mal echte Darsteller mit den Hauptrollen betraut worden, Bäume reißen diese mit ihrem Schauspiel allerdings auch nicht aus. Susu Padotzke als Sina Schmitt mangelt es eklatant an Ausdrucksstärke und Eric Langer fällt als Mark Schmidt auch des Öfteren in eine ziemliche Farblosigkeit zurück. Letzterer hat immerhin den Vorteil, mit seiner außergewöhnlich charismatischen Stimme durch seine vielen Off-Einsätze dem Charakter ein gutes Profil zu verpassen. Mit dem richtigen Timing wiederum tun sich von Schauspielern über Kamera bis Schnitt allerdings alle Beteiligten schwer.
Auf der technischen Seite sieht man natürlich auch «Schmidt & Schmitt» die preisgünstige Produktion an. Die Sets sind karg, die Kamera sehr statisch, die Musikuntermalung wird zwar an mehreren Stellen sehr pfiffig und ironisch eingesetzt, scheint sich aber aus keinem großen Fundus bedienen zu können. Allein der Titelsong der Serie kommt in der Pilotfolge nicht weniger als vier Mal zum Einsatz. Positiv fällt aber auf, dass man sich nicht erneut versucht hat, am Billig-Look von Polizeidokumentationen anzubiedern, sondern die Optik professioneller Serien zu erreichen.
Ein besonders interessanter Aspekt an «Schmidt & Schmitt» ist die ungewohnt starke Konzentration auf die Geschichte der Hauptcharaktere. Der eigentliche Fall um den Heiratsschwindel ist beinahe Hintergrund und kommt im ersten Drittel der Folge kaum vor. Hier wird Marks Rückkehr nach München und Sinas Suche nach einem neuen Geschäftspartner thematisiert. Bei Mark wird gar eine Hintergrundgeschichte angedeutet, die trotz guter Geschäfte seine Rückkehr nach Deutschland erklären soll, aber bislang nicht aufgelöst. Offenbar arbeitet «Schmidt & Schmitt» also telenovela-mäßig sogar mit einem dünnen roten Faden. Die Episodenhandlung selbst erfährt einen netten Twist als sich am Ende statt dem Verdächtigen der Wunschschwiegersohn der Mutter als der wirkliche Heiratsschwindler entpuppt - das lässt einen ein wenig darüber hinwegsehen, dass diese Lösung wie so oft in der letzten Minute aus heiterem Himmel kommt.
Letztendlich bleibt «Schmidt & Schmitt» trotz interessanter Ideen und Ansätze natürlich anspruchslose Vorabendunterhaltung vom Fließband, die mit ihrer lockeren Art den Nerv der Zuschauer treffen oder sich durch ihre Mischung aus Krimi und Telenovela genauso gut zwischen alle Stühle setzen könnte. Es ist kein Qualitätsfernsehen, aber immerhin mehr als nur ein neuer Aufguss alter Erfolgsformeln.