Die Syfy-Serie wusste nur teils zu überzeugen: Zu oft dachten die Autoren nur von Episode zu Episode.
Es ist nicht einfach einen britischen Erfolg fürs US-Fernsehen zu kopieren. NBC scheiterte kläglich mit «Coupling» und «The IT Crowd», CBS wünscht sich nur zu gern, niemals «Viva Laughlin» bestellt zu haben, und MTV hatte letztens mit «Skins» nur wenig Erfolg und sehr viel Stress. Dass Remakes von britischen Serien funktionieren können, darf «The Office» nun schon seit sieben Jahren beweisen, und auch Showtimes «Shameless» war solide Unterhaltung mit sehr viel Luft nach oben. Syfy brachte im Januar das Remake zu «Being Human» auf die Bildschirme und konnte offensichtlich überzeugen. Schnell für eine zweite Staffel verlängert, entwickelte «Being Human» sich zu einer interessant ansehenden Dramedy über drei Monster, die eine Wohngemeinschaft in Boston bilden: Aidan (Sam Witwer) ist ein Vampir auf einem Killerinstinkt-Entzug; Josh (Sam Huntington) ist ein Werwolf auf der Suche nach seiner neuen Identität; Sally (Meaghan Rath) ist eine junge Frau, die vor sechs Monaten starb und ihr Dasein nun als Geist fristet.
Als Serienidee klingt dieser Plot herzlich erfrischend – man hat genügend Möglichkeiten, den Charakteren einfallsreiche und dramatische Geschichten zu geben und die Autoren können sich aus einer schier unerschöpflichen Quelle von fantastischen Handlungen aus dem Mystery-Genre bedienen, um neben dem Drama auch genügend Spannung und Horror zu bieten. Im Laufe der ersten Staffel hat genau diese Formel jedoch nicht hundertprozentig funktioniert. Während es vor allem für Josh und Sally regelmäßig Handlungen gab, die ihre Charaktere vorangetrieben haben, gab es in Sachen fortlaufender Story ein gravierendes Problem: Die Geschichte rund um Aidans ehemaligen Vampirfreund Bishop (Mark Pellegrino), der sich zur Aufgabe genommen hat, die Vampire in die Öffentlichkeit zu führen, wirkt teilweise zu aufgesetzt, dann wird sich darauf nicht konzentriert, und am Ende stellt man sich als Zuschauer die Frage, ob das wirklich alles war, was die Story zu bieten hatte.
«Being Human» zeugte in seiner Premierenstaffel nämlich von einer großen Schwierigkeit: Entweder schafften es die Autoren nicht, ihre Geschichten wirklich auszunutzen, oder sie gingen zu weit – in einer Instanz sogar beides gleichzeitig. Zudem schaffen es vor allem die Nebencharaktere regelmäßig nervtötend zu sein. Aidans Vampirgeliebte Rebecca (Sarah Allen) kann sich offenbar nicht entscheiden, ob sie gut oder böse sein will; und Sallys Verlobter Danny (Gianpaolo Venuta), der nach ihrem Tod zwischen seinen alten Gewohnheiten und einem neuen Leben steht, ist immer wieder Dreh- und Angelpunkt in Sallys Leben. Auch wenn es so ausgesehen hat, als wäre Dannys Geschichte endlich vorbei, taucht er einige Episoden später wieder auf und die selbe Leier beginnt von vorne. Nicht zu vergessen, dass vor allem die Wiederholungen einzelner Geschichten (in denen Rebecca und Danny mysteriöser Weise immer wieder aufzufinden sind) den interessanten Plots die Zeit stiehlt und nach einer Weile einfach vergessen werden.
Trotzdem schafft es «Being Human» unterhaltsam genug zu sein, dass es nie langweilt. Zu verdanken ist dieser Faktor vor allem der spürbaren Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern. Es macht Spaß den drei Monstern zuzusehen, wenn sie versuchen ihr Schicksal zu vergessen und stattdessen einfach nur leben wollen, oder wenn sie am Dinnertisch sitzen und über einem Braten die Geschichten ihres Tages analysieren. Der Humor der Serie kommt ebenfalls nicht zu kurz, auch wenn dieser immer untergeht, wenn die Autoren mit den Hauptplots beschäftigt sind (Aidan gegen Bishop, Sally und die Suche nach ihrer Tür, Joshs Werwolfproblem und was das für seine Familie bedeutet). Dankenswerterweise schließt das Finale der ersten Staffel alle großen Plots ab (auch wenn ein minimaler Cliffhanger den Spaß ein wenig ruiniert), und die Autoren haben die Möglichkeit sich zukünftig auf die guten und wichtigen Geschichten zu konzentrieren, die «Being Human» so interessant machen: drei Monster und deren Versuch, wie normale Menschen zu leben.
Dass Sally und Josh die einzigen Charaktere mit den gelungenen Plots waren, liegt vor allem daran, dass die Autoren viel zu viel für Aidan in petto hatten. Zu Beginn der Serie war er der Charakter, der seinen Tötungstrieb zu bekämpfen wusste, allerdings trotzdem Rebecca für seinen Bluthunger opferte; in der Mitte der Staffel tanzte er hin und her zwischen seiner Besessenheit zu Rebecca und seinen Plan Bishop aufzuhalten; und am Ende war von Aidans positiven Charakterzügen nichts mehr übrig gewesen. Selbiges gilt auch für Bishop, bei dem die Autoren offenbar nicht wussten, ob sie ihn als Antagonist darstellen, oder ihn für mehr als nur eine Story nutzen wollten. Man wusste als Zuschauer zeitweise überhaupt nicht, ob Aidan in Bishop einen Freund sah, oder ob Aidan schon vor dem Start der Serie mit dem Gedanken spielte, Bishop aus seinem Leben zu entfernen. Das Duell der beiden Vampire begann irgendwann in der ersten Staffel und dank des großzügigen Hin und Hers bei beiden Charakteren ist man als Zuschauer nicht in der Lage den genaueren Zeitpunkt zu bestimmen – für einen Serienautor ist das ein absolutes No-go.
Auch Rebecca wurde schnell zu einem Problem der Serie. Während sie zu Beginn noch als potentielle Antagonistin galt, die das Leben von Aidan hätte verkomplizieren können, wurde sie schnell als Love Interest abgestempelt, die zusätzlich gegen ihre Vampirtriebe zu kämpfen hatte, und schlussendlich sogar die Möglichkeit ergriff, die Mutter für einen Kindesvampir zu spielen. Vergleichbar mit Aidan hatten die Autoren zu viele Ideen für Rebecca und beschlossen, alles Mögliche in den einzelnen Episoden unterzubringen. Dass dabei die interessanten Geschichten untergingen, zeigt die Story um den Nachbarsjungen Bernie, welcher von Rebecca nach einem tödlichen Autounfall zum Vampir verwandelt wird, nur um Aidan den Sinn einer Familie zurückzugeben. Statt sich die Frage zu stellen, was ein Kind über sein neues Dasein als Vampir denkt, ist Bernie nur ein Vehikel für Rebeccas Probleme und ihren Wunsch, endlich von Bishop loszukommen und mit Aidan ein neues Leben zu starten. Hier zeigt sich auch, was mit „nach einer Weile werden die interessanten Plots einfach vergessen“ gemeint war: Aidan scheint in den letzten Folgen der Staffel vergessen zu haben, dass er Bernie töten musste. Oder er vergaß einfach nur, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
Was Danny angeht, haben die Autoren den kleinen Fehler gemacht, nichts von seinen negativen Seiten zu erzählen, bevor der Twist mit Sallys wahrer Todesursache kam. Von null auf hundert war Danny plötzlich ein Mann, der auf Gewalt zurückgreifen muss, um seine Frauen unter Kontrolle zu haben, und der alles daran setzt, Sally wortwörtlich in die Hölle zu schicken, bevor diese Dannys nächste Beziehung zu Nichte macht. So kam es, dass die Wendung mit Danny als Sallys Mörder zu unglaubwürdig herüberkam, und seine positiven Seiten, die während der ersten vier Folgen wiederholt gezeigt wurden (ein Mann, der um den Verlust seiner Verlobten trauert), waren plötzlich ausgelöscht und wurden mit neuen Charakterzügen ersetzt (ein Mann, der ein Geist in den Wahnsinn treiben will).
Storys wie diese zeigen, dass die Autoren die Serie nicht vollständig durchgedacht und stattdessen auf einer Episode-zu-Episode-Basis gearbeitet haben (ein kreativer Fehler, welcher die späteren «24»-Staffeln ausmacht). Das mindert den Spaß von «Being Human» und verhindert, dass eine Mythologie aufgebaut wird, die letztendlich über mehrere Staffeln hinaus wirken kann. Letztendlich war die erste Staffel nichts anderes als ein abgeschlossenes Kapitel im Leben von Aidan, Josh und Sally mit einem Anfangs-, Mittel- und Endpunkt (was durchaus positiv sein kann) – ein großes Ganzes existiert nicht, was dazu führt, dass kein Ziel existiert, was wiederum dazu führt, dass man nicht mit den Charakteren mitfiebern kann. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Autoren herausgefunden haben, wie mit zukünftigen Geschichten umzugehen ist, bevor die Charaktere auch in der zweiten Staffel ziellos umherwandern, auf der Suche nach einer normalen Existenz.