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Drei Gerichtsfälle sind mindestens einer zu viel

Wo bleibt die Charakterentwicklung? Der Auftakt von «Franklin & Bash» bot viel Luft nach oben.

Wir blicken künftig noch mehr in die Vereinigten Staaten - dorthin, wo die Perlen des Fernsehens laufen. Unser US-Korrespondent Christian Wischofsky präsentiert den deutschen Fernseh-Fans den "First Look" - bei fiktionalen Programmen übrigens komplett Spoiler-frei. Heute: Die neue TNT-Serie «Franklin & Bash».

Die Serienpremiere der leichtherzigen Anwaltskomödie «Franklin & Bash» liegt mitten in einer Zeit, in welcher sich der Kabelsender TNT wohl oder übel auf eine zukünftige Ausrichtung einigen muss. Wird sich TNT mit den nächsten Jahren sich immer mehr dem Konkurrenten USA annähern, oder gibt es doch noch einen Ausweg aus der kommenden Misere? Sicher war «Franklin & Bash» von Beginn an nicht dafür geeignet gewesen, ein quotenstarker Gefährte für «The Closer» oder «Rizzoli & Isles» zu sein, doch bestand und besteht immer noch die Hoffnung, dass die neue Dramedy aus der Feder von Kevin Falls («Journeyman») mehr als nur eine Kopie von TNTs vergangenen Anwaltsflop «Raising the Bar» ist. Ein Urteil nach der Pilotfolge ist einfach: «Franklin & Bash» ist weder schlechter als «Raising the Bar», noch der qualitative Hoffnungsträger, nach dem TNT sucht. Zwar könnte die Serie eine Buddycomedy-Version im Anwaltsbereich sein, doch war es das auch schon – mehr hat die Premiere nämlich gar nicht zu bieten.

Das Problem, welches sich nach 43 Minuten herauskristallisiert, ist inzwischen typisch für TNT/USA-Serien: Sie sind viel zu leichtherzig, um anspruchsvoll zu sein; sie versuchen die ereignislosen Geschichten mit Humor zu übertünchen; und sie setzen keinen Wert darauf, ihre Charaktere zu entwickeln. So verhält es sich auch mit «Franklin & Bash» und seinen zwei Serienhelden Jared Franklin (Breckin Meyer) und Steven Bash (Mark-Paul Gosselaar), welche nach einem prestigeträchtigen Gewinn im Gerichtssaal von Stanton Infeld (Malcolm McDowell) angeworben werden. Beide nehmen das Leben auf eine leichte Schulter, denken faktisch nicht an Konsequenzen, und sind nur darauf aus, ihre Gerichtsfälle zu gewinnen. Letzterer Punkt mag im Anwaltsgenre zur Normalität gehören, doch zeigt der Pilot, dass die beiden jungen und exzentrischen Anwälte wohl keine Erfahrungen mit Niederlagen in ihrem Job machen werden. Dazu sind die beiden zu gutherzig zu ihren Klienten, und zu eingebildet, um zu realisieren, dass ihr neuer Job weitaus größer ist als ihre kleine Privatkanzlei während der ersten zehn Minuten.

Es liegt nicht an den Darstellungen der Schauspieler, dass ihre Charaktere mehr naiv als erfahren wirken. Es ist das Drehbuch, was von vorne bis hinten nicht mehr als eine hippe Anwaltsvariante ist, und welches sich nicht auf die eigentlichen Geschichten der Pilotfolge konzentriert. Zudem lässt die Premiere all die Fehler erkennen, welche schon von den früheren (und inzwischen beerdigten) Genrekonkurrenten «The Deep End» und «Raising the Bar» begangen wurden. Für eine Einleitung in die Serienwelt ist der Cast zu aufgebläht, es gibt viel zu viele Geschichten, und auf den eigentlichen Teil, welches «Franklin & Bash» ausmachen soll, wird sich gar nicht erst fokussiert: die Fälle im Gerichtssaal, von denen es in der Pilotfolge gleich drei Stück gab. Sollte auch der Rest der ersten Staffel im gleichen Modus verfahren, wird es von «Franklin & Bash» nicht viele Episoden geben. Doch vielleicht gibt es noch einen Funken Hoffnung und das Autorenteam hat von den vergangenen Fehlern der Konkurrenz hinzugelernt.

Natürlich ist es einfach, die beiden freien Geister im neuen Bürohochhaus zu mögen. Franklin und Bash nutzen die Gunst der Stunde, um die Angepasstheiten der harten Anwaltsarbeit für eine namhafte Kanzlei nicht zu akzeptieren, und stattdessen den Spaß von Büroaktivitäten, inklusive Videospiele während Bürostunden, mit in die neue Welt zu bringen. Das erzeugt nicht nur Irritationen bei Profis wie Damien Karp (Reed Diamond, dessen Charakter faktisch ein Zwillingsbruder von «Eli Stone»s Matt Dowd ist), sondern auch Verwunderung bei ihrem Boss – ganz besonders nachdem Franklin und Bash auch mit den Großen im Geschäft mithalten kann und im Gerichtssaal gewinnt. Die beiden Freunde sind plötzlich Underdogs, und sie werden einen langen Weg vor sich haben, um von all ihren neuen Kollegen akzeptiert zu werden. Darin könnte der Spaß von «Franklin & Bash» liegen, wenn die Autoren denn wirklich an dem Teil der Serie interessiert sind. Nicht, dass die Autoren auch diese neue Anwaltsserie zu einem weiteren Liebeskarussell zwischen ihren Hauptcharakteren verkommen lassen, während jede einzelne Episode wiederholt, wie die neuen hippen Anwälte bei ihren älteren Kollegen auf Widerstand stoßen.

Fernsehfreunde des Anwaltgenres, welche schon mit Klassikern wie «Law & Order», «Boston Legal» oder «The Practice» Serienerfahrungen sammeln konnten, werden mit «Franklin & Bash» keinen Spaß haben. Der Rest könnte sich durchaus mit der lockeren Gerissenheit der Serie anfreunden. Allerdings sollte niemand Geschichten auf gleichem Level wie «The Good Wife» erwarten. «Franklin & Bash» ist nichts weiter als eine einfach gestrickte Sommerserie ohne Komplikationen in ihrem Aufbau und ohne Schwierigkeiten, die Geschichten zu verstehen. Die neuen TV-Anwälte sind dazu da, für Gerechtigkeit zu sorgen, auch wenn es heißt, dass dabei so gut wie jede Episode vorhersehbar wird, wenn es zu den Gerichtsfällen kommt. Am Ende ist «Franklin & Bash» eine Buddycomedy eingekleidet im Anwaltsbusiness, und wer nach etwas Unkompliziertem im TV sucht, wird mit der Serie keinerlei Probleme haben. Fans von Drama-TV werden jedoch vergeblich nach Charakterentwicklung Ausschau halten. Doch nichts anderes war in dieser Sommerserie auf Basic Cable zu erwarten. Allerdings sollte es doch kein Problem sein, wenigstens die Genreklischees einmal beiseite zu lassen.
03.06.2011 13:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/50006
Christian Wischofsky

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Franklin & Bash

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