Die ehemalige Chefautorin von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» und jetzige Creative Producerin der Daily spricht mit uns über die Entwicklung der Soap, genauso wie über die Rolle von Antagonisten und die Rückkehr von FT Mende.
Frau Hölker, ich weiß, ich bin spät dran. Aber nochmals Glückwunsch zu den Top-Quoten für «GZSZ» zu Jahresbeginn, als Sie die Entführungsgeschichte erzählten. Waren Sie damals eigentlich überrascht?
Überrascht eigentlich nicht, eher erfreut. Für uns war das ein besonders toller Erfolg. Uns war klar, dass diese Geschichte die Zuschauer sehr interessieren wird. Natürlich war die Story aber auch ein Risiko: Eine Entführung ist nicht der Kernstoff von «GZSZ» – vor allem nicht in der Härte und der Länge. Die Umsetzung war für das gesamte Team eine große Herausforderung.
Rainer Ruppert, Ihr Vorgänger, sagte, dass Entführungsgeschichten eigentlich nicht mehr zu «GZSZ» passen würden…
Wäre die Entführung ein kurzes, reißerisches Event gewesen, dann hätte die Geschichte sicher nicht zu uns gepasst. Wir haben den Fokus aber auf die Frage gelegt, was hinterher passiert. Was macht eine solche Gewalttat mit dem Opfer und seinem Umfeld - der Familie, den Freunden? Wie wird man damit fertig? Wie soll man helfen? – Die Geschichte um Dominik und die physischen und psychischen Konsequenzen aus dem Verbrechen für alle Beteiligten läuft immer noch.
Heißt das also, dass solche ungewöhnlichen Geschichten auch künftig einen Platz finden werden?
Sicher – allerdings nicht alle paar Monate. «GZSZ» will so alltäglich, so lebensnah wie möglich erzählen. Zum Leben gehören bisweilen extreme Erfahrungen: Gewalt, Krankheit, Verlust, Orientierungslosigkeit. Damit hat sich «GZSZ» auch in der Vergangenheit schon immer wieder auseinandergesetzt, zum Beispiel bei der großen Geschichte um Emilys Drogensucht.
Richtig, ich erinnere mich an den großen Sekten-Bogen vor einigen Jahren… Im Herbst haben Sie die Familie Seefeld neu eingeführt. Hat diese sich nun gut eingelebt?
Sehr gut. Die Charaktere werden vom Publikum gut angenommen, die Schauspielerinnen sind sowieso toll. Die Familie ist ein wenig rougher als andere zuvor, das wird als sehr alltagsnah wahrgenommen. Wir erzählen bei den Seefelds echte Pubertätskonflikte, die sowohl von den Töchtern als auch von der alleinerziehenden Mutter mit Leidenschaft ausgetragen werden.
Viele Neuzugänge gab es in den vergangenen Monaten – waren die neuen Gesichter mal dringend notwendig?
Wir hatten zuvor auch einige Ausstiege. Die Familie Cöster haben wir beispielsweise - bis auf den Vater Alexander - verloren, sodass die Notwendigkeit bestand, eine neue Familie in die Serie zu holen: Maren Seefeld und ihre zwei Töchter. Zusätzlich haben wir zwei weitere jüngere Charaktere zu uns geholt: Leons Sohn Vince und seinen Kumpel Zac.
Sie konzentrieren sich wieder mehr auf jüngere Charaktere – wird «GZSZ» wieder mehr zur Teen-Soap?
Lucy und Lenny waren damals, als sie bei uns eingestiegen sind, auch 16 und 17. Die Figuren werden, weil sie glücklicherweise oft lange bei uns sind, aber eben bei uns auch älter. Mit den neuen Charakteren haben wir uns bei den Jüngeren jetzt wieder breiter aufgestellt, decken auch eine größere Bandbreite an verschiedenen sozialen Hintergründen ab.
Würden Sie sagen, dass sich die grundsätzliche Ausrichtung von «GZSZ» geändert hat?
Nein, wir sind – wie gesagt – nur wieder breiter aufgestellt. «GZSZ» ist eine „Coming of age“-Serie. Es geht bei uns seit jeher um das Thema „Erwachsen werden“. Das muss aber nicht zwangsläufig immer mit 20-Jährigen erzählt werden. Vince beispielsweise muss als Heimkind schon viel früher auf eigenen Beinen stehen als andere Figuren bei uns. An der Ausrichtung hat sich also nichts geändert. Wir haben aber wieder eine größere Spielfläche für die Jüngeren bekommen, haben auch die Schule als Spielort zurückgeholt.
Sie sehen sich also weiterhin als Metropolen-Soap.
Unbedingt, schließlich spielen unsere Geschichten in Berlin. Nur gefällt mir das Wort „Soap“ überhaupt nicht. «GZSZ» ist ein „Daily Drama“.
Wie werden Sie in der Serie mit der erneuten Schwangerschaft von Susan Sideropoulos umgehen?
Wir bespielen sie nicht. Das wird für alle Beteiligten, vor allem unsere Autoren, eine Herausforderung sein. Die Zuschauer dürfen gespannt sein, was passiert.
Sie wollen noch nichts verraten?
Nein. Nur so viel: Susan wird natürlich wieder eine Pause einlegen, das ist klar.
Telenovelas sind für Sie natürlich eine Konkurrenz: Trägt man dem nun Rechnung, indem man mit der Geschichte von Dominik und Jasmin eine Love-Story in den Mittelpunkt rückt?
Ich sehe Telenovelas nicht als Konkurrenz, die Machart unterscheidet sich zu sehr von «GZSZ». Und lang laufende Love-Storys hat es bei «GZSZ» auch immer schon gegeben. Gerade bei Dominik und Jasmin ist die Liebesgeschichte nur ein Aspekt der Geschichte um einen jungen Mann, der zum Opfer eines Verbrechens wurde. Das ist für mich das zentrale Thema. Dazu gehört natürlich: Was macht diese schreckliche Erfahrung mit der Liebe zwischen Dominik und Jasmin? Aber eben nur als ein Aspekt von mehreren.
Worin sehen Sie den genauen Unterschied zwischen Telenovela und der Dominik-Geschichte?
Eine Telenovela erzählt monoperspektivisch. Sie hat in der Regel eine Heldin mit einem klaren Wunschziel: Liebe, Schönsein, Erfolg... Ist das Ziel erreicht, ist die Telenovela vorbei. «GZSZ» dagegen wechselt auch innerhalb einer Geschichte immer wieder die Erzählperspektive. Heißt hier: Mal erzählen wir die Sicht von Dominik, der nur noch vergessen will, mal die von Jasmin, die ihn liebt, ihm aber nicht helfen kann. Dann wieder fühlen wir mit Gerner mit, der darunter leidet, dass er seinen Sohn nicht beschützen konnte. Wir erleben die Perspektive der Freunde, die hilflos mit ansehen müssen, wie Dominik sich verändert...
Die Fans – das lese ich immer wieder in Foren – vermissen einen klassischen Antagonisten in «GZSZ», wie es ihn sonst in jeder Soap gibt. Wieso verzichten Sie auf einen Bösewicht?
Weil wir realistischer erzählen wollen. Es gibt im Leben selten die Unterscheidung schwarz/weiß. Und wir wollen immer die Frage beantworten: Wieso macht jemand jetzt so etwas? Der klassische Antagonist ist ziemlich eindimensional. Die Figur Gerner hat für mich sehr gewonnen als liebendes Familienoberhaupt. Natürlich können bei uns aber jederzeit zwei oder mehr Personen antagonistisch gegeneinander aufgestellt werden, das passiert ja auch ständig. Der klassische Antagonist läuft sich mit der Zeit aber tot. Das ist nichts für ein realistisches Daily-Drama.
Eine interessante Aussage. Eigentlich alle anderen Soaps, oder Daily-Dramen, natürlich auch die Telenovelas, setzen auf solche Antagonisten. Sind diese wirklich ein Auslaufmodell?
Man kann tägliche Serien nicht einfach auf diese Weise miteinander vergleichen. Beispielsweise «Verbotene Liebe», die jetzt Isa Jank zurückholen, ist komplett anders aufgestellt als «GZSZ». Dort können Entscheidungen getroffen werden, die bei uns niemals funktionieren würden. Wir sind – wie Sie schon sagten – eine Metropolen-Daily, die sehr nah am Alltag sein will. Der Zuschauer glaubt uns dann einige Dinge einfach nicht, die in einer anderen Welt durchaus plausibel sind. Unsere Zuschauer finden es derzeit sehr spannend, wie der sonst so mächtige Gerner auf die Folgen der Entführung reagiert, dass auch er mal mit dem Rücken zur Wand steht. Aber wie man aktuell an seinem schlimmen Verdacht gegen Tayfun sehen kann: Wir haben ihm nicht alle Zähne gezogen...
Aber einen reinen Antagonisten werden Sie auch in absehbarer Zeit nicht einführen?
Einen reinen Antagonisten nicht. Wir finden Charaktere wie Patrick Graf spannender: Eigentlich ist er „der Böse“, weil Dominik nicht entführt worden wäre, wenn Patrick sich nicht aus egoistischen Motiven mit den falschen Leuten eingelassen hätte. Andererseits ist er aber doch nur ein kleiner Junge, der nicht wusste, mit welchem Feuer er spielt, und dann haben ihn die Ereignisse überrollt und komplett überfordert. Jetzt haben unsere Zuschauer Mitleid mit ihm – obwohl er doch irgendwie schuld ist. So was finde ich richtig gut; wenn es schwierig wird, über etwas oder jemanden zu urteilen, eben grau statt schwarz/weiß.
Lisa Riecken und FT Mende werden noch immer im Cast aufgeführt. 2010 hieß es, die beiden werden immer mal wieder für einige Wochen zurückkehren. Ist das noch aktuell?
Wir werden beide schon sehr bald wieder sehen. Es wird dann einen etwas kürzeren Auftritt der beiden geben. Frank Thomas Mende spielt aktuell sehr erfolgreich Theater.
Was erwartet die Zuschauer allgemein in den kommenden Monaten?
Unsere Geschichten, die ich zurzeit wirklich toll finde, werden fortgesetzt. Gerners Wunsch nach Rache wird immer größer, je schlechter es Dominik geht. Bei der Familie Seefeld spitzt sich der Konflikt zwischen Mutter Maren und Tochter Tanja immer weiter zu, weil Tanja alles Mögliche unternimmt, um endlich ihren Rockstar-Vater zu treffen. Ob sie das dann wirklich schafft… lassen Sie sich überraschen. Und dann geht es auch um die Koch-Moreno-Familie: Wird Vince bei Leon und Verena die Familie finden, die er sich insgeheim immer gewünscht hat?
Kommen noch mal neue Figuren hinzu?
Nach den jüngsten Neuzugängen sehen wir uns sehr gut aufgestellt.
Vielen Dank für das Interview.
Vielen Dank für Ihr Interesse!