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Der Fernsehfriedhof: Die Wurzel allen Übels

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 140: Der Anfang der Call-In-Quizsendungen und die längste Spielshow Deutschlands.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer Idee, die wie kaum eine andere das Fernsehen der vergangenen zehn Jahre beeinflusst hat.

«Call TV» wurde am 01. März 2000 bei RTL II geboren und stellte den Anfangspunkt von Call-In-Quizshows in Deutschland dar. Der Sender versprach dabei nicht nur, die längste Quizshow im deutschen Fernsehen zu sein, sondern auch Gewinne im Minutentakt zu verteilen. Um dies zu gewährleisten und möglichst viele Anrufer anzulocken, waren die Quizfragen nie besonders schwer. So lautete beispielsweise eine Aufgabe: „Wie heißt das Tier, dass die Gans gestohlen hat, einen buschigen rot-braunen Schwanz trägt und sich auf 'Luchs' reimt?" Die Moderatoren Maike Tatzig, Andrea Wieser, Karsten Linke, Gernot Wassmann, Kai Spitzel, Markus Lürick, Astrid van der Staaij, Christian Galvez und Meinert Krabbe waren sich nicht zu Schade, solche Rätsel zu stellen.

Wer eine Frage lösen konnte, erhielt in der Regel 250 bis 500 DM und hatte außerdem die Chance, den Jackpot von 1 Million D-Mark zu knacken. Dazu durfte man eine vierstellige Zahlenkombination für den entsprechenden Safe vorschlagen. Öffnete er sich, war das Geld gewonnen. Nachdem dies, wohl zum Entsetzen der Verantwortlichen, tatsächlich passierte, hatte der Folgejackpot nur noch eine Höhe von 500.000 DM.

Den legendären Hot Button gab es anfangs noch nicht, sondern die Kandidaten riefen an und durften mit etwas Glück, ihre Daten hinterlassen, wenn sie zudem eine „Schlüsselfrage“ korrekt beantworteten. Waren sie im System vermerkt, konnten sie hoffen für eine Quizrunde zurückgerufen zu werden. Nur wenn dies geschah, bestand die Möglichkeit etwas zu gewinnen. Selbstverständlich kostete aber schon damals jeder Anruf 96 Pfennig – egal, ob man durchkam oder nicht.

Die insgesamt dreistündigen, werktäglichen Ausgaben, die von 10.00 bis 13.00 Uhr ausgestrahlt wurden, waren jeweils in drei Blöcke unterteilt, die leicht verschiedene Schwerpunkte hatten. So gab es anfangs «People TV», «Talent TV» und «Game TV». Im Laufe der Zeit wurden die Grenzen jedoch fließender und die thematische Abgrenzung weniger streng.

Gleichzeitig feierte der Sender im Abendprogramm mit der ersten Staffel von «Big Brother» große Erfolge, die übrigens am selben Tag startete. Nachdem der Hype um die Reality-Show immer größer und die Kandidaten immer bekannter wurden, konzentrierte sich auch «Call TV» stärker auf den großen Bruder und ersetzte die Bereiche «People TV» und «Talent TV» nach und nach mit «Big Brother TV». Konsequenterweise übernahmen ab Mai 2000 dann auch die «Big Brother»-Kandidaten Manu und Kerstin die Moderation der Sendungen.

Das Konzept erwies sich zwar nicht als beliebt, aber aufgrund der Telefoneinnahmen als äußerst lukrativ, sodass nach dem Ende von «Call TV» ab April 2001 begonnen wurde, den ehemaligen Frauensender tm3 zu einem interaktiven Spielshowkanal umzubauen. Innerhalb kürzester Zeit wurde das herkömmliche Programm unter dem Slogan „So live wie das Leben“ durch einen 13stündigen Block aus Call-In-Shows wie das Urlaubs- und Reisequiz «Paradiso», «Wow, Wow - Die Tierquizshow», die Talentshow «Flash!», die Erotikschiene «La Notte» oder die Prime-Time-Reihe «Greif an!» ersetzt. Durch das Programm führten mit Kai Spitz, Gernot Wassmann und Astrid van der Staaij die gleichen Personen wie einst bei RTL II. Ab 01. September 2001 wurde mit der Umbenennung des Kanals in 9Live der vollständige Umbau vollendet.

Nachdem der anfängliche Umsatz deutlich einbrach, wurde der Sendebetrieb von 9Live am 31. Mai 2011 eingestellt. Bis zuletzt spielte die Verknüpfung mit «Big Brother» eine zentrale Rolle, denn mit Norman Magolei, Alida-Nadine Kurras und Jürgen Milski moderierten dort drei ehemalige Kandidaten bis zum Ende des Senders.

«Call TV» wurde am 02. März 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von genau einem Jahr. Die Show hinterließ die Moderatorin Maike Tazig, die anschließend durch die vergleichbare Show «Big Brother – Das Quiz» bei RTL II führte, dann mit Hugo Egon Balder den «9live Tanzmarathon» präsentierte und schließlich die Improshow «Schillerstraße» entwickelte, bei der sie ab 2005 als Spielleiterin auftrat. Das Prinzip von «Call TV» infiltrierte derweil mit seinen Varianten bei RTL («Nachtquiz»), Sat.1 («Quiznight»), Kabel eins («Nightquiz»), DSF («Sportquiz») und ProSieben («QuizBreak» und «NightLoft») nahezu das komplette deutsche Fernsehprogramm.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem Vorabend Call-In-Quiz mit Nominator Christian.
02.06.2011 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/49792
Christian Richter

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