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Die Kritiker: «Polizeiruf 110: ...und raus bist du!»

Inhalt


Auf ihrem Arbeitsweg fällt Katrin König täglich ein Schrottauto auf, das von Woche zu Woche mehr und mehr verkommt, bis sie das Auto abschleppen lässt. Zufällig entdecken Mitarbeiter des Schrottplatzes im Kofferraum eine Leiche – der Rentner war offenbar ein Müllsammler. Doch was zunächst wie ein Mord an einem Obdachlosen aussieht, entpuppt sich zu einem Erpressungsfall im Zusammenhang mit illegaler Sondermüllentsorgung, Korruption und Bestechung. Doch wer hat ein Motiv, einen mittellosen Rentner umzubringen? Katrin König und Alexander Bukow tauchen bei ihren Ermittlungen ein in eine Welt voller menschlicher Schicksale und skrupelloser Geschäftsmänner, die die Situation der bitterarmen Müll- und Schrottsammler ausnutzen.

Darsteller


Anneke Kim Sarnau («Dr. Psycho») ist Katrin König
Charly Hübner («Ladykracher») ist Alexander Bukow
Andreas Günther («Vorzimmer zur Hölle») ist Anton Pöschel
Uwe Preuss («Im Angesicht des Verbrechens») ist Henning Röder
Josef Heynert («Die Auflehnung») ist Volker Thiesler
Ursina Lardi («Das weiße Band») ist Nathalie Schiecke
Jan Georg Schütte («Die Glücklichen») ist Lukas Gehring
Christine Schorn («Frei nach Plan») ist Margit Schütte
Jan Peter Heyne («Die Schimmelreiter») ist Kran Schütte

Kritik


Spätestens, als einige unvermittelt aufgetauchte Kinder beim Anblick des Aufhängers des neuen «Polizeiruf 110», der Leiche im Auto, «Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, der Opa liegt im Kofferraum» singen, wird klar, dass das kein Anfang für einen gewöhnlichen Krimi sein kann: Was Drehbuchautor Wolfgang Stauch («Die Seele eines Mörders») und Regisseur Christian von Castelberg («Der Tote im Spreewald») hier als vierten Fall des neuen Rostocker «Polizeirufs» inszenieren, ist in der Tat mehr als schräg – weniger der Fall, denn der beginnt fast langweilig. Katrin König lässt ein modernde Karre vom Straßenrand abschleppen, «das verschreckt die Touristen». Im Kofferraum befindet sich eine Leiche, die als erste Spur in einem großen Komplott aus Korruption und illegaler Müllbeseitigung zwischen skrupellos-reichen Geschäftsmännern und unter der Armutsgrenze lebenden Müllsammlern in die Ermittlungsakte eingehen wird.

Zwar nicht alltäglich, aber irgendwie auch nichts Besonderes in Zeiten, in denen das Extrem zwischen Millionärsmilieu und Hartz IV-Morast schon fast zum guten Ton gehört. Besonders ist jedoch die Tatsache, dass hier nicht nur das blanke Sozialdrama zelebriert wird, sondern der schnelle und unbarmherzige Abstieg von Besserverdienenden in einer Leistungsgesellschaft, die Scham vor dem Sozialamt, die Angst vor der Adoption des eigenen Kindes, der Wille zum Wiedereinstieg in die Arbeitswelt thematisiert werden – butterweich einer Bekannten des Toten angedichtet, die plötzlich zur Protagonistin wird. Ebenso mühelos gelingt es dem Film dann auch, Krimi- und Dramahandlung zu verknüpfen, ohne einen halbgaren Genremix anzuliefern. Was so pädagogisch wertvoll klingt, ist allerdings alles andere als trocken, vor allem, weil die Handlung immer Zeit für Dialoge und Szenen findet, die schon jetzt in die Best-Of-Sammlung der Reihe aufgenommen werden könnten.

Dafür sorgen vor allem die Hauptdarsteller: Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner brillieren wie eh und je als Ermittler und moderne Antihelden König und Bukow, vor allem, weil sie einander in bester Hassliebe begegnen. In einer unfassbar grandiosen Paraderolle ist Jan Georg Schütte als Schrotthändler Lukas Gehring zu sehen, der sich zwischen skrupellosem Geschäftsmann mit «der Waffe von diesem Hitler» in der Schublade und arglosem Kleingeist bewegt, der sich mittags «in der Pfanne vom Biolek» sein Spiegelei brät. Ebenfalls eine gelungene Darstellung liefern Christine Schorn und Jan Peter Heyne als müllsammelndes und trinkfestes Ehepaar Schütte ab, die nicht nur für köstliche Weisheiten – «Hat man‘s erstmal im Magen, hat‘s die gleiche Wirkung wie dieses Luxuszeug für 2,50€.» –, sondern auch einige der besten Szenen im ganzen Film verantwortlich sind. Wer den gewollten Gossencharme allerdings anstößig findet, wird mit diesem Krimi nicht glücklich.

Gleiches gilt für Tagträumer, denn wie bei bisher allen Folgen der neuen «Polizeiruf 110»-Truppe gibt es einen großen Wermutstropfen, in diesem Fall sogar mit Vorwarnung dank passenden Titels: «...und raus bist du!» ist nicht nur eine herrlich zynische Beschreibung für die zahlreichen Filmprotagonisten auf dem gesellschaftlichen Abstellgleis, sondern wird am Sonntagabend in bester Rostock-Tradition auch wieder zum Schlagwort beim Familienbingo. Andeutungen, seltsam kryptische Dialoge und einfachste Beziehungsverhältnisse, die unnötig komplex eingeführt werden, erschweren den Filmgenuss gerade bei Freunden der leichten Sonntagabendunterhaltung bis zur Grenze der Frustration. Auch die Referenzen zu den vorherigen Episoden, in denen Bukows Vergangenheit für Probleme sorgte, dürfte Ersteinsteigern Probleme bereiten. Für Krimifreunde machen das gelungene Ensemble und ein tolles Drehbuch diesen Umstand allerdings mehr als wett, denn auch der vierte Fall der Rostocker ist eine wahre Freude.

Das Erste zeigt «Polizeiruf 110: ...und raus bist du!» am Sonntag, den 22. Mai 2011, um 20:15 Uhr.
21.05.2011 12:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/49774
Jakob Bokelmann

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polizeiruf 110

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