Zufrieden blickt Sky-Moderator Patrick Wasserziehr auf zwei Jahre seiner Fußball-Debatte zurück. Highlight war natürlich die Sendung mit Uli Hoeneß. Was ihm während des brisanten Gesprächs wichtig war, verrät er Quotenmeter.de.
Die zweite Saison von «Sky90» geht zu Ende. Ihre Bilanz, Herr Wasserziehr?
Eine sehr positive Bilanz. Wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben – vielleicht sogar ein bisschen mehr. Denken Sie an unsere Sendung mit Uli Hoeneß, davon kann man eigentlich nur träumen. So etwas kannst du nicht planen. Mein Eindruck war, dass Uli Hoeneß «sky 90» als Plattform nutzen wollte, weil er offenbar die Art unserer Sendung sehr schätzt. Wir haben es geschafft, dass wir mit dem Format neue Themen setzen – und die Zuschauer scheinen das zu mögen.
Wie oft werden Sie denn noch auf die Sendung mit Uli Hoeneß angesprochen?
Oft, das muss man schon sagen. Das war eine Art Ritterschlag für uns. Natürlich gab es auch viele andere Ausgaben mit sehr guten Debatten. Es hat sich ausgezahlt, dass wir uns einst entschieden haben, kein Publikum ins Studio zu holen, um so eine noch intensivere Situation zu schaffen. Ich erinnere mich noch an die Sendung mit Netzer, Huberty und Beckenbauer oder an die mit Kahn, Becker und Reif – und an viele andere, in denen sehr intensiv diskutiert wurde. Letztlich sticht die Hoeneß-Sendung sicherlich heraus, weil er etwas gemacht hat, womit keiner von uns gerechnet hatte. Die Sendung wird sicherlich in die Sky-Geschichte eingehen, wenn ich das so sagen darf…
Dann erinnern wir uns noch einmal zurück… Uli Hoeneß kam recht knapp zur Sendung. Wie überrascht waren Sie dann als er nach etwa 20 Minuten mit seinen Ausführungen über van Gaal loslegte?
Es gab vor der Sendung kein Vorgespräch – ich hatte keinen direkten Kontakt zu Uli Hoeneß. Er kam dann punktgenau um 19.30 Uhr an, weil er noch im Stau stand. Sein Auftritt hat mich dann schon überrascht, das Thema aber kannte ich. Ich wusste durch Recherchen im Vorfeld, dass es in München im Hinblick auf Louis van Gaal rumort. Im Nachhinein glaube ich, dass es wichtig war, dass Uli Hoeneß mit seiner Kritik nicht überzogen hat. Als Moderator kannst du in solchen Momenten deinen Gesprächspartner schon dazu bringen, Aussagen zu treffen, die dieser später dann bereut. Das gab es bei uns nicht: Uli Hoeneß hat nichts von dem Gesagten später zurückgenommen. Mit hat Hoeneß übrigens gesagt, dass der Auftritt so nicht geplant war – er wollte auf seinen Bauch hören.
Ihnen war während der Sendung aber schon klar, dass da gerade einmaliges passiert?
Für mich als Moderator war das sicherlich eine Sternstunde. Es war aber auch eine Herausforderung, dann eben der Situation entsprechend zu reagieren. Wir hatten in der Sendung einen Beitrag gezeigt, in dem van Gaal sinngemäß sagte, dass die Ziele beim FC Bayern nicht immer so hochgesteckt werden dürfen. Ich glaube, dass das das Fass bei Hoeneß zum Überlaufen brachte. Hoeneß hat mit vielen Aussagen in der Sendung recht gehabt: Er hielt ein Plädoyer für Mario Gomez, der ja fast bei Liverpool gelandet wäre. Und dann schauen Sie mal, wie viele Tore Gomez jüngst erzielte.
Mal abgesehen von Uli Hoeneß und Ihren Experten: Welche Gäste erweisen sich als besonders gut?
Grundsätzlich sind das Gäste, die Spaß an der Debatte haben und offen Stellung beziehen. Eines vorneweg: Franz Beckenbauer, aber auch alle anderen Experten wie Sammer, Effenberg, Hitzfeld oder Lehmann, sind eine große Stütze für uns. Ich mag es aber auch, wenn wir Gäste haben wie Roger Willemsen, Helmut Markwort oder Günther Jauch. Sie bringen einen nicht ganz so fachbezogenen Blick in die Sendung und sorgen nicht selten dafür, dass wir die Themen noch einmal auf eine andere Ebene hieven. Sie adeln uns natürlich auch durch ihren Namen. Jürgen Klopp ist ein großartiger Gast, weil er eloquent und witzig ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass Günter Netzer zu uns kam: Er hat eine ungeheure Ausstrahlung. Oliver Kahn fand ich unglaublich interessant. Er hat viel zu sagen, weil er momentan eben nicht aktiv im Geschäft ist. Es geht uns bei «sky 90» dann auch nicht nur darum, für große Headlines zu sorgen – wenn wir die haben, dann freuen wir uns umso mehr. Unser Ziel war es aber von Anfang an, auch Hintergründe zu beleuchten, neue Themen zu setzen und den Fußball einfach in all seinen Facetten `rüberzubringen.
Am Samstag war Reiner Calmund bei Ihnen zu Gast…
Ich bin großer Reiner Calmund-Fan. Seine volkstümliche Art tut der Sendung gut. Klar ist aber auch: Calmund polarisiert. Wen ich in meiner Aufzählung übrigens keinesfalls vergessen möchte: Alfred Draxler von der Bild – er hat ein unglaubliches Wissen über die Bundesliga. Es war noch kein Gast bei uns, den wir nicht wieder einladen würden. Jeder bringt seine eigene Note hinein.
Haben Sie an Ihrer Herangehensweise und Moderation etwas geändert in den zwei Jahren?
Gute Frage. Nicht wirklich viel. Wichtig ist: Die Gäste sollen sich wohl fühlen. Natürlich habe ich aber ein Gespür entwickelt, wie man eine Runde ins Laufen bringt. Der Optimalfall tritt ein, wenn die Dreier-Runde untereinander debattiert und ich die Gespräche nur lenke. Ich erinnere mich an die Sendung mit Matthias Sammer, wenige Tage nachdem er dem HSV absagte oder die Ausgabe mit Oliver Bierhoff, unmittelbar nach seinem Streit mit dem DFB. Bei heißen Themen waren wir häufig weit vorn. Die Sendung macht mir immer mehr Spaß, weil sie journalistische Kompetenz erfordert und das Geschick, sehr spontan auf Situationen einzugehen.
Wie intensiv verfolgen Sie am Sonntagvormittag den «Doppelpass»?
Natürlich verfolge ich die Sendung. Genauso wie ich natürlich auch das «Sportstudio» oder die «Sportschau» ansehe. Ich bin ein großer Bewunderer von Jörg Wontorra, der schon auf dem Schirm war, als ich noch studierte. Übrigens: Er war ja auch mal bei uns zu Gast – ein sehr gelungener Auftritt, wie wir alle fanden. Der «Doppelpass» hat bei Sport 1 seinen Platz – er ist seit 15 Jahren erfolgreich. Das muss man erst einmal schaffen. Übrigens sehe ich uns nicht in Konkurrenz – wir grenzen uns weder bewusst voneinander ab noch übernehmen wir kurzfristig Themen, weil wir gesehen haben, dass im «Doppelpass» drüber gesprochen wurde. Wir achten einzig darauf, dass sich Gäste an einem Tag nicht doppeln – da sprechen wir uns auch ab. So gut ist das Verhältnis untereinander dann schon. Eine Woche später nehmen wir Gäste durchaus. Horst Heldt war eine Woche nach seinem «Doppelpass»-Auftritt bei uns, aber da ist mit Champions League und Manuel Neuer wieder so viel passiert, dass es genügend neue Themen gab.
Wie erklären Sie sich den großen Erfolg von Fußball-Talks?
Eigentlich ganz einfach: Die Leute diskutieren in der Arbeit, am Stammtisch, im Verein oder beim Grillen über die Bundesliga: Wir machen eigentlich nichts anderes. Wir setzen an das letzte Bundesliga-Spiel des Spieltags an, nehmen den Schwung mit in unsere Sendung. Wir können so auf Ereignisse wie etwa Guerreros Flaschenwurf, der unmittelbar vor «sky 90» passierte, eingehen. In dieser Saison hatten wir sonntags viele absolute Top-Spiele – erst kürzlich das Aufeinandertreffen zwischen Bayern München und Leverkusen. Zudem haben wir den kompletten Spieltag als Diskussionsgrundlage, was ein großer Vorteil für uns ist. Und noch etwas: Sonntags werden die meisten Trainer entlassen. Vormittags tagt meistens der Vorstand, das Ergebnis wird dann am Nachmittag bekannt. Man mag es bedauern, aber genau diese Themen interessieren die Menschen.
Dortmund war von Spieltag zehn an Tabellenführer, teilweise sogar mit 15 Punkten Vorsprung. Und dennoch war es keine langweilige Bundesliga-Saison…
Die Saison war sicherlich verrückt, davon haben wir auch profitiert. Ich erkenne übrigens einen Trend und glaube, dass die jungen Trainer die Liga dauerhaft verändern werden. Es wird künftig nicht immer nur um das Geld gehen… Die Saison war auch deshalb so bemerkenswert, weil Mannschaften oben sind, die man da nicht erwartet hat. Mainz oder Hannover oder sicherlich auch Dortmund als Deutscher Meister. Die Bayern haben die gesamte Saison über Probleme gehabt – das sorgt immer für Gesprächsstoff. In den vergangenen Wochen waren mit Christoph Daum und Felix Magath zwei sehr bekannte Trainer im Abstiegskampf – also dort, wo man sie auch nicht vermutet. Gladbach ist nun vielleicht kurz davor, ein kleines Fußball-Wunder zu schaffen. Schalke hatte eine absurde Situation mit etlichen Themen…
Was wünschen Sie sich für die Spielzeit 2011/2012?
Ich wünsche wir, dass wir mit «Sky90» das Niveau dieser Saison halten können. Ich hoffe, dass wir Nationaltrainer Joachim Löw mal bei uns in der Sendung begrüßen dürfen. Auch über Gerhard Schröder würde ich mich freuen. Ihn hatten wir schon einmal angefragt, da wollte er nicht in einer Sportsendung auftreten.
Welche Namen stehen noch auf Ihrer Wunschliste?
Harald Schmidt und Anne Will. Anne Will hat ab Herbst sonntags ja wieder mehr Zeit – es wäre schön, mit ihr über Fußball zu diskutieren.
Sie haben bislang noch keine Frau in «Sky90» begrüßt…
Jein. Während der WM hatten wir in «Sky 90Extra» mal Steffi Jones. In den Bundesliga-Sendungen waren in der Tat immer Männer zu Gast. Es ist unser Wunsch, dass wir in der kommenden Saison auch Frauen bei uns haben. Barbara Schöneberger ist meines Wissens nach sportinteressiert – sie in der Sendung zu haben, wäre sehr reizvoll.
Am 33. und 34. Spieltag senden Sie «Sky 90 Extra» samstags direkt im Anschluss an die neun Spiele, 150 Minuten lang ab 17.30 Uhr. Im Gegensatz zu sonst gab es nach der Ausgabe vom vergangenen Samstag nun Kritik. Die Sendung sei in ihrer XL-Version zu statisch. Konkret wurde dies zum Beispiel daran festgemacht, dass Sie gemütlich mit Herrn Calmund plauderten, als die Fanrandale in Frankfurt im Gange waren. Verstehen Sie die Kritik?
Ja, das kann ich verstehen. Die Frage ist: Musst du eine Fußball-Sendung mit einem solchen Thema aufmachen? Wir haben das Thema Fanrandale in Frankfurt in der Sendung durchaus ausführlich besprochen, hatten auch erste Aussagen von Heribert Bruchhagen bei uns. Wir hätten da sicherlich schneller reagieren können und würden es auch tun, sollte sich so etwas – was niemand hofft – am letzten Spieltag noch einmal ereignen. Es lag aber nicht am Format «sky 90 Extra», dass wir da nicht sofort darüber gesprochen haben.
Herr Wasserziehr, wer steigt ab?
Ich würde mal St. Pauli sagen.
Ein sicherer Tipp (lacht). Und weiter?
Ich befürchte Frankfurt. Der Trend spricht gegen sie. Als ich vor einigen Wochen die Analyse von Heribert Bruchhagen hörte, war ich mir sicher, dass der neue Trainer nur Christoph Daum heißen kann. Genauso sicher war ich mir, dass Daum den Abstieg verhindern kann. Aber es sieht jetzt nicht danach aus. Dortmund – der Gegner der Frankfurter am Samstag – wird sich vor der Meisterfeier nicht noch einmal wie in Bremen präsentieren. Für Gladbach spricht der Trend.
Und wo landen die Bayern letztlich?
Bayern wird Dritter. Ich bin mir sicher, dass Jupp Heynckes alles daran setzen wird, gegen Freiburg mindestens einen Punkt zu holen.
Vielen Dank für das Gespräch, ich wünsche einen erholsamen Sommer.