Ob Gottschalk, Katzenberger oder Lena - Die Deutschen nörgeln gern.
Ein alte Weisheit besagt: Negativpresse verkauft sich besser als positive Nachrichten. Gerade in Deutschland ist das Nörgeln und Motzen sowohl im Alltag als auch in den Medien ein ständiger Begleiter. Fußballer können ein Lied davon singen. Gewinnt die deutsche Nationalmannschaft, hofieren die Fans die Spieler wie junge Götter, doch sobald ein Spiel verloren ist, wird die Empörung über die überbezahlten Millionäre wieder laut. Auch Thomas Gottschalk wurde zuletzt Zeuge dieser Wankelmütigkeit. Jahrelang kritisierten Tageszeitungen und Online-Medien seine Moderation bei «Wetten, dass..?». Er mache nur noch müde Witze, hole keine großen Stars mehr nach Deutschland, und überhaupt sei die Show inzwischen überflüssig. Häufig wurden die allmählich sinkenden Quoten als Beleg angeführt, obwohl diese nach wie vor überdurchschnittlich gut sind. Doch kaum wurde bekannt, dass Gottschalk seinen Hut ziehen wird, drehte sich das Blatt, und plötzlich trauerten Medien und Zuschauer dieser doch eigentlich so schönen TV-Institution hinterher.
Erfolgreiche Stars werden heutzutage allein aufgrund ihrer Anwesenheit kritisiert. Häufig spielen dabei Neid und Missgunst eine große Rolle. Als Comedian Mario Barth im Jahr 2003 durchstartete, war er noch "in" und genoss zumindest eine allgemeine Anerkennung, selbst wenn er mit seinem Humor nicht jeden Nerv traf. Mittlerweile gilt sein Name beinahe als Synonym für schlechte Comedy, und selbst Komikerkollegen machen sich über ihn lustig. Diese Überheblichkeit der angeblichen Verfechter des guten Geschmacks geht mir inzwischen mehr auf die Nerven als Barth selbst. Omnipräsenz wirkt sich offenbar stets negativ auf die Wahrnehmung der Leute aus. Dies gilt auch für Daniela Katzenberger. Bereits 2009 war sie erstmals im Fernsehen zu bewundern, bevor sie 2010 ihren Durchbruch hatte, und ihr Gesicht auf einmal in jeder zweiten Boulevardzeitschrift zu sehen war. Kritiker verschrien sie als kurzlebiges Medienphänomen, das bald wieder in der Versenkung verschwinden würde. Nun, auch im April 2011 ist sie entgegen der Prophezeiungen immer noch präsent und holt für VOX Traumquoten zur Primetime. Die Rechnung der Kritiker ging nicht auf, weshalb sie inzwischen verstummt sind. Ähnlich verhält es sich mit der Realityshow «Big Brother». Unzählige Male wurde das Format bereits für tot erklärt. Da die Sendung jedoch in Kürze in die elfte Runde geht und für RTL II weiterhin ein wichtiger Quotenbringer ist, sind die negativen Stimmen verklungen und man hat sich inzwischen wohl auf eine friedliche Koexistenz geeinigt. Die Medien berichten zwar nicht mehr negativ über den Großen Bruder, dafür strafen ihn mit trotziger Ignoranz.
Scharf verurteilt wurde zuletzt auch Ina Müller für ihre Moderation des ECHO. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein scheinheiliges Verhalten. Deutsche Preisverleihungen, insbesondere der ECHO, galten stets als bedeutungslose Schnarchveranstaltungen. Nun wollte die ARD das Event endlich einmal frecher gestalten und aus seiner Bewegungsstarre herausholen, und dann war es wieder nicht recht. Zu laut, zu schrill, zu peinlich sei es diesmal gewesen. Bigottes Volk. Während die Amerikaner ihre Stars einfach feiern, müssen deutsche Promis zunächst durch einen imaginären Qualitätscheck. Dabei könnten einem die Kritiker eigentlich leidtun. Sind es doch sie, die als Einzige auf Musikkonzerten nicht mitsingen und sich zwingen, bei Comedy-Programmen nicht zu lachen, sondern verbissen mit ihrem Notizblock dasitzen und krampfhaft nach Elementen suchen, um einen Verriss schreiben zu können.
Ein perfektes Beispiel für den Hang der Deutschen zum Niedermachen ist der Eurovision Song Contest mit Lena Meyer-Landrut. Jahrelang monierte man sich über das schlechte Abschneiden des deutschen Beitrags. Immer wieder landete Deutschland zuletzt auf den hintersten Rängen des Wettbewerbs und der Unmut war groß. Als Lena schließlich das Unglaubliche gelang und den Contest im vergangenen Jahr gewann, wurde sie zunächst umjubelt und gefeiert. Doch diese positive Stimmung hielt nicht lange an und inzwischen reagieren die meisten Menschen genervt auf den Namen Lena. Dabei hat sie eigentlich nichts falsch gemacht. Entgegen der subjektiven Wahrnehmung einiger Leute hielt sich Lena in den vergangenen Monaten mit öffentlichen und medialen Auftritten abseits von «TV total» sehr zurück. Letztendlich wäre sie kritisiert worden, egal wie sie sich verhalten hätte. Wäre sie nach ihrem Grand-Prix-Sieg in der Versenkung verschwunden, wäre sie von besserwisserischen Journalisten als One-Hit-Wonder gebrandmarkt worden. Doch da sie weiterhin erfolgreich Platten verkauft und in den nächsten Wochen anlässlich des ESC wieder vermehrt im TV zu sehen sein wird, riefen BILD & Co. schon mal den "Lena-Overkill" aus. Vermutlich schafft es abgesehen von den Deutschen niemand, sich den Song Contest im eigenen Land durch negative Schlagzeilen selbst kaputtzumachen, anstatt sich einfach auf dieses Mega-Event zu freuen. Ich wünsche Lena jedenfalls für die Titelverteidigung viel Glück und würde ihr den erneuten Sieg schon allein deshalb gönnen, um den ewigen Nörglern eins auszuwischen, und die Spaßbremsen zumindest für eine Zeit lang mundtot zu machen.
Dies war die letzte Ausgabe von Glenns Gedanken. Ich möchte mich bei allen treuen Lesern der vergangenen 73 Kolumnen herzlich bedanken. Man liest sich.