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«Kochen mit Knall»: Anarchospießer auf «Mythbusters»-Pfaden

«Kochen mit Knall» soll kabel eins den Vorabend mit einer Mischung aus altbekannter Kochshow und «Mythbusters»-Anstrich retten. Kann das gelingen?

Es ist mutig, gar verwegen, vielleicht etwas anmaßend und überheblich, auf jeden Fall aber ein Risiko, eine neue Kochshow ausgerechnet in einer Zeitspanne zu programmieren, in der VOX mit seinem Platzhirsch «Das perfekte Dinner» seit über fünf Jahren die Herzen hartgesottener Kochfreaks erobert. Ausgerechnet kabel eins hat dieses Experiment gewagt und zeigt vorerst noch testweise von montags bis freitags um 18:45 Uhr Folgen seines neuen Vorabendformats «Kochen mit Knall». Eine halbe Stunde Zeit nehmen sich die Sterneköche Stefan Marquard und Frank Buchholz, um "altbekannten Kochmythen auf den Grund zu gehen" und den gewohnten Weg der à la carte-Küche zu verlassen – so zumindest will es die Sendungsbeschreibung von kabel eins. Doch was ist wirklich dran an dem neuen Format, das im Revier des «Perfekten Dinners» wildert?

In jeder Folge werden mehrere ungewöhnliche Kochexperimente gezeigt, die sich Marquard und Buchholz teils selbst ausdenken, teils aus wahnwitzigen Internetvideos übernehmen oder die der Zuschauer einreichen kann. Ohne großes Palaver machen sich beide dran, Würstchen mit einer Autobatterie zu brutzeln, Rösti während einer Autofahrt am Auspuff auszubacken, mit einer Heizung Gemüse zu garen oder die Inhalte von Tütensuppen zu analysieren – natürlich alles im Auftrag des Verbrauchers und um "Ideen für die Küche von morgen" zu sammeln. Was derart ungewöhnliche Kochversuche mit moderner Kochkunst zu tun haben, bleibt zwar fraglich, unterhaltsam ist das aber allemal. Angenehm ist das halbstündige Format vor allem deshalb, weil wenig Platz für große Töne, lange Erklärungen und gemütliches Brutzeln bleibt. Stattdessen geht es gleich ans Eingemachte und Frischgekochte, an den Betonmischer und an den Lötkolben.

Die Idee, die Ausführung und die beiden Anarchospießer erinnern stark an das Kultformat «Mythbusters», wenngleich der ganz große Knall, die eine faszinierende Herausforderung fehlt. Umgekehrt gibt es für Hobbyköche nur in sehr überschaubarem Maße die Möglichkeit, sich Profitipps zu holen und sich Handgriffe oder ein schnelles Rezept abzuschauen, obleich die Essenz eines jeden Experiments natürlich ist, dass ein frisches und leckeres Essen auch mit dem kleinstmöglichen Zeitaufwand zu realisieren ist. Der Spagat zwischen Koch- und Experimentshow ist zwar gelungen und die Rezepte sind für Interessierte auch online abrufbar, Zuschauer sollten sich allerdings trotzdem auf bloße Unterhaltung einstellen: Bei «Kochen mit Knall» die Zubereitung von Speisen nicht das Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck, im Anschluss die perfidesten Experimente mit den Leckereien zu veranstalten.

Garniert wird die Show mit markigen Sprüchen, einem zweckmäßigen Ambiente und vielen Sticheleien unter Kollegen – die Berufsehre will schließlich auch beim Arnachokochen aufrechterhalten werden, und das geht eben am besten mit Besserwissereien und zwinkerndem Spott. Dank der Interaktion zwischen Marquard und Buchholz wird «Kochen mit Knall» zu einem kleinen Geheimtipp, denn Shows mit zündenden Experimenten gab und gibt es im deutschen Fernsehen deutlich bessere. Wenn sich zwischen den beiden Köchen ein «Mythbusters»-ähnliches Konkurrenzdenken entwickelt und der Wettbewerbscharakter noch deutlich mehr in den Vordergrund gestellt wird, hat «Kochen mit Knall» eine gute Chance, selbst zu einem kleinen Kultformat zu werden. Und Buchholz fragt sich: "Muss man das wirklich machen?" – Nein, aber Spaß macht es dann irgendwie doch.
12.04.2011 14:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/48968
Jakob Bokelmann

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kochen mit knall

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