Inhalt
Für den Musikhistoriker Jakob bricht seine wohlgeordnete, ruhige Welt zusammen, als er feststellen muss, dass er mit seiner ursprünglichen Arbeit kein Geld mehr verdienen kann. Zufällig stolpert er in das Büro eines Plattenbosses, der ihn sogleich damit beauftragt, Türkpop-Sommerhit zu suche. Zwar ist ihm diese Musikrichtung völlig fremd, aber er beschließt, seine Kenntnisse in diesem Bereich zu erweitern, um den einen Sommerhit zu finden und seine Miete wieder bezahlen zu können.
Als sich der notorisch klamme Jakob schon fast auf den Weg nach Istanbul machen will, trifft er ebenso zufällig auf Didem, angehende Modedesignern und im Glauben ihrer Eltern Wirtschaftsstudentin. Da Didems Eltern auf dem Weg nach Deutschland sind, um ihre akademischen Fortschritte zu begutachten, muss für Didem ganz schnell eine eigene Wohnung her – bisher wohnte sie bei ihrem Ex-Freund, von dem die Eltern natürlich ebenso wenig wissen wie von ihren kreativen Modedesignplänen. Aus der Not heraus tauscht der Liebhaber von Bachkantaten und dunklen Konzertsälen für ein verlängertes Wochenende seine Berliner Altbau-Wohnung gegen eine Wohnung in Istanbul und macht sich auf den Weg in die pulsierende Metropole am Bosporus, um dort die Musikszene zu erkunden.
Jakob gibt sich große Mühe, aber dieser hektische orientalische Schmelztiegel ist einfach zu viel für ihn. Er hält die Enge und die vielen Menschen nicht aus und kehrt überstürzt nach Berlin zurück. Dort weigert sich seine Wohnungstauschpartnerin allerdings, seine Wohnung zu räumen. Da hilft kein Betteln, denn ein türkischer Vater lässt sich von einer deutschen Kartoffel nichts sagen. Um den lieben Frieden zu wahren, bringt Didem Jakob dazu, ihren zukünftigen Ehemann zu spielen, damit ihre Mutter Birsen und ihr Vater Ekrem endlich wieder nach Istanbul zurückkehren. Als sich dann Jakobs Auftraggeber in der Plattenfirma auch noch als Didems Ex-Freund herausstellt, gerät sein Leben vollständig aus den Fugen.
Darsteller
Tim Bergmann («Die letzte Schlacht») ist Jakob
Jasmin Gerat («SOKO Köln») ist Didem
Tayfun Bademsoy («Alle lieben Jimmy») ist Ekrem
Meral Perin («Alle lieben Jimmy») ist Birsen
Aykut Kayacik («Der Dicke») ist Ali
Petra Kleinert («Doppelter Einsatz») ist Frau Staffe
Ingo Naujoks («Anke») ist Pfandleiher
Rike Schäffer («Spreewaldkrimi») ist Susa
Dirk Martens («SK Kölsch») ist Ahrens
Kritik
Nein, es ist tatsächlich kein Sat.1-Film, der den Titel «Liebeskuss am Bosporus» trägt, sondern ein Spielfilm des ehrenwerten öffentlich-rechtlichen ZDF. Da wird manch einer erst einmal schlucken, denn Handlung, Aufmachung und Titel haben so gar nichts gemein mit den sonstigen Montagsfilmen, die das ZDF programmiert. Dennoch hat Regisseur Berno Kürten auf Grundlage des Drehbuchs von Katrin Milhan und seiner selbst einen atmosphärisch einwandfreien Film gezaubert, der vor allem von seiner Musik, seiner Multikulturalität und tollen Schauspielern lebt.
Das gesamte Ensemble einschlägig bekannter deutsch-türkischer Filme, so scheint‘s, wurde verpflichtet, sich zum «Liebeskuss am Bosporus» zu Hände zu reichen. Damit hat man keinen Fehler gemacht, den Film aber quasi zum Selbstläufer. Klar, die Handlung ist absolut bescheuert, aber mit Charme und guter Laune lädt er trotzdem ein, unbeschwert einzutauchen in eine fremde und doch so vertraute Welt, die ganz ohne politische Spitzen auskommt.
Ein großer Wermutstropfen ist eigentlich nur die Drehbuchcharakterisierung von Jakob. Tim Bergmann schauspielert derartig gut, dass die zu vermittelnde Engstirnigkeit und die Langeweile und Belanglosigkeit seines Lebens den Bach-Fan zu einer durchweg unsympathischen Person machen lassen – zu gewissen Teilen ist das natürlich gewollt, um ein Gegenstück und eine Herausforderung für die begeisterungsfähige Didem zu haben, über weite Strecken ist das bei einem der wichtigsten Protagonisten allerdings schade, weil keine wirkliche Identifizierung mit dem Hauptdarsteller stattfindet.
Entstanden ist dennoch eine vollkommen absurde Verwicklungskomödie mit tollen Schauspielern und einem Haufen Trash galore, die den Spielfilm zu einem sehenswerten Stückchen Unterhaltung werden lassen. Klar, wer auf intellektuellen Anspruch oder so etwas wie eine realistische Handlung hofft, sollte sich den «Liebeskuss am Bosporus» sparen. Alle anderen sollten sich einfach einlassen auf 90 Minuten Unsinn mit vielen kleinen und großen Macken, die aber alle irgendwie süß und verzeihbar sind. Und der Unterschied zum Sat.1-Film zeigt sich dann in vielen liebevollen Details und weniger Plumpheit – und das will bei einer derart plumpen Thematik schon etwas heißen.
Das ZDF zeigt «Liebeskuss am Bosporus» am Montag, den 11. April 2011, um 20:15 Uhr.