Für angeblich 54 Millionen Euro pro Saison hat das ZDF die Rechte an der Champions League 2012/2013 erworben. Entbrannt ist nun eine Debatte, ob das Zweite die Gebührengelder wirklich sinnvoll einsetzt. Pro von Manuel Weis:
Dass die UEFA am Dienstag die Fernsehrechte für die Champions League an das ZDF vergeben hat, wird sich in rund eineinhalb Jahren als guter Schritt erweisen. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es gerecht ist, dass die Mainzer Station mehr finanziellen Spielraum in der Bieterphase hatte und Gerüchten zufolge 54 Millionen Euro auf den Tisch legte. Die genannte Zahl bezeichnet das ZDF selbst inzwischen übrigens als „zu hoch“.
Beim ZDF selbst sagt man – was soll man auch anderes tun – dass man die UEFA mit dem Übertragungskonzept und nicht nur mit Geld überzeugt habe. Wie plausibel das auch klingen mag; die TV-Zuschauer werden davon profitieren. Da ist zum einen zu nennen, dass die Champions League deutlich flächendeckender als in Sat.1 nun auch in HD im Free-TV zu sehen ist. Da muss man zwangsweise auf die Werebefreiheit zu sprechen kommen und deutlich sagen, dass Vor- und Nachberichte schlichtweg aufgewertet werden, wenn sie nicht von acht oder neun Minuten langen Werbeinseln unterbrochen werden.
Dass das ZDF eine Reichweitensteigerung vorhersagt, die mit Sicherheit auch eintreten wird, kommt nicht von ungefähr. So viel manche Kommentatoren oder Moderatoren des Zweiten zuletzt gescholten wurden, so steht das Zweite Deutsche Fernsehen in Sachen Sportjournalismus nach wie vor für hohe Qualität. Genaue Pläne des Zweiten sind noch nicht publik, glaubt man ersten Aussagen, könnte die Vorberichterstattung regelmäßig deutlich ausgeweitet werden; am Dienstag war sogar von einem Beginn um bereits 19.25 Uhr die Rede.
Die Königsklasse des Fußballs wird mehr als aktuell Thema in dem «aktuellen Sportstudio» und der «ZDF sportreportage» am Sonntag sein. Die UEFA bekommt durch den neuen TV-Deal schlicht neue Flächen, um sich zu präsentieren. Flächen, die Sat.1 entweder nicht anbieten konnte oder die im Privatfernsehen von den Zuschauern nicht angenommen wurden (wie das «ran»-Champions League-Magazin).
Nun gibt es natürlich noch eine Reihe von Bürgern, die es als „Skandal“ ansehen, dass das ZDF die Champions League – und somit die Liga, die als kommerziellste der ganzen Welt gilt – von „unseren Gebührengeldern“ gekauft hat. Denen sei gesagt: Deutschland ist sicherlich ein unbürokratisches Land; es ist aber nirgends festgelegt, dass öffentlich-rechtliche Sender kommerzielle Sportprodukte nicht kaufen dürfen oder dass sie nur einen bestimmten Betrag X dafür einsetzen sollen. Und so lange es hierfür keine klaren Regeln gibt, können den Programmverantwortlichen des ZDF letztlich auch keine Vorwürfe gemacht werden.
Contra von Jan Schlüter:
54 Millionen für die Free-TV-Rechte an der UEFA Champions League: Der UEFA selbst kann man sicherlich keinen Vorwurf machen, bei einem solchen Preis die Rechte an das ZDF abgegeben zu haben. Selbst die Ungewissheit der Rechtelage bei der Ausstrahlung von Sponsoring-Werbespots im Umfeld der Übertragungen hat die UEFA nicht dazu veranlasst, den Deal auszuschlagen – schon allein daran erkennen wir, wie attraktiv das ZDF-Angebot war. Kein Wunder, denn aktuell zahlt Sat.1 40 Millionen Euro für die Rechte am internationalen Spitzenfußball. Dass schon diese Summe an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit liegt, erkennen wir am Angebot, das Sat.1 diesmal gemacht und damit verloren hat: Denn nun wollte der Privatsender sogar
weniger als die bisherigen 40 Millionen für die Champions League ausgeben.
Dies ist kein Argument für einen legitimen Rechtekauf des ZDF, sondern im Gegenteil eine Bestätigung dafür, dass andere – private – Interessenten im Bieterkampf um die Champions League keine Chance haben. Das öffentlich-rechtliche ZDF hat diese mit einem fast unmoralischen Angebot ausgebootet – und die UEFA bedankt sich beim deutschen Gebührenzahler für die millionenfachen Mehreinnahmen in den kommenden Jahren.
Bei diesem System stellt sich nun die grundsätzliche Frage nach einem fairen Wettbewerb bei der Vergabe von TV-Sportrechten: Die öffentlich-rechtlichen Sender können, wie gezeigt, jederzeit die Angebote der Privaten deutlich überbieten – bis zu dem Punkt, an dem das Privatfernsehen die teuren Rechte durch Werbeeinahmen längst nicht mehr finanzieren kann. Sat.1 hätte also nicht mehr als 50 Millionen Euro bieten können, ohne deutliche Verluste zu schreiben. Das ZDF aber muss nicht auf Werbeeinahmen schielen, sondern bedient sich aus dem großen Topf der GEZ.
Wenn man den teuren Einkauf der Champions League nun durch die Grundversorgung begründen könnte, wäre keine Kritik vonnöten. Doch das ZDF besitzt bereits umfangreiche Sport- und insbesondere Fußball-Rechte: Zunächst überträgt man Länderspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft exklusiv live, weiterhin besitzt das ZDF die Free-TV-Zweitverwertungsrechte der Fußball-Bundesliga sowie die Free-TV-Erstrechte des Samstagabend-Topspiels. Schließlich teilt man sich mit der ARD die Übertragungen des DFB-Pokals sowie die großen Welt- und Europameisterschaften. Braucht es da wirklich noch die Champions League?