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Fast 600 Mitbewohner und kein bisschen müde: «Zimmer frei» wird 15

Deutschlands bekannteste Wohngemeinschaft wird 15 Jahre alt: Die WDR-Show «Zimmer frei» startete 1996 als Lückenfüller im Programm – und blieb so lang wie nur wenige andere TV-Formate. Wir blicken zurück auf außergewöhnliches Fernsehen…

Noch immer liebt es Götz Alsmann zu Beginn jeder Sendung, den großen Showmaster zu inszenieren: Wenn er seine kongeniale Moderationspartnerin Christine Westermann pompös und laut ankündigt und sie ihn in normalem Gesprächston begrüßt, dann haben sich für die nächsten 60 Minuten wieder zwei gefunden, die viel unterschiedlicher nicht sein könnten. Oft geht eine solche Konstellation schief. Bei «Zimmer frei» aber wurde gerade das Zusammenspiel zwischen der bodenständig, intelligent und hintergründig fragenden Westermann und dem schrillen, witzigen und lauten Alsmann zum unverkennbaren Markenzeichen, zu einer Energie, die unvergessliche Bildschirm-Momente hervorbringen kann.

Im Juli wird «Zimmer frei» 15 Jahre alt; schon jetzt feiert die WDR-Sendung mit der Rückkehr einiger früherer Gäste ihr Jubiläum. Einer von ihnen ist Sternekoch Alfons Schuhbeck, der laut Westermann einfach „sehr offen und amüsant war“, wie sie in einem retrospektiven Interview mit der WZ erklärt. „Er hat nach der Sendung in der Garderobe sein Hemd ausgezogen, um uns seinen durchtrainierten Oberkörper zu zeigen – das war zwar sehr schräg, aber nicht die Spur peinlich. Er wollte uns demonstrieren, dass man mit ein bisschen Training auch jenseits der 50 noch fit sein kann.“

1996 wurde «Zimmer frei» als Testballon im Sommerprogramm ausgestrahlt und überzeugte die Verantwortlichen, sodass die Erfolgsgeschichte ihren Anfang nehmen konnte. Zwar gab es im Laufe der Jahre konzeptuelle Äderungen, doch die Grundidee blieb gleich: Ein prominenter Gast muss in 60 Minuten versuchen, das Publikum davon zu überzeugen, in die große «Zimmer frei»-Wohngemeinschaft einziehen zu dürfen. Interessant ist dieser Grundsatz der finalen Abstimmung über WG-Tauglichkeit deswegen, weil der prominente Gast von Anfang an eine Verpflichtung gegenüber den Zuschauern hat: die, zu unterhalten. Denn sonst droht bei der Abstimmung eine peinliche Niederlage. Vielleicht lernt man die Prominenten gerade deswegen von einer neuen, privateren Seite bei «Zimmer frei» kennen; sie müssen sich authentisch und offen geben – wer will schon jemanden in der WG haben, den man nicht kennt?

Die Stars aus Film und Fernsehen gaben sich bei der Show – hier passt die Redewendung wirklich – die Klinke in die Hand. Denn Westermann und Alsmann hatten die Größten der Größten zu Gast. Hervorragende Auftritte wie jener von Hape Kerkeling bleiben auch Jahre später erinnerungswürdig; andere Besuche wie 1999 von ARD-Moderator Cherno Jobatey, der jahrelang die Ausstrahlung verbot, trugen ebenso zur skurrilen Geschichte von «Zimmer frei» bei. Einige Jahre später stimmt Westermann zum damaligen Sendeverbot übrigens versöhnliche Töne an: „Ich hätte ihn gern noch mal als Gast – um zu sehen, wie erwachsene Leute zwölf Jahre nach einem solchen Eklat miteinander umgehen. Es ist bei «Zimmer frei» wie im richtigen Leben: Entweder die Chemie stimmt oder sie stimmt nicht. Wenn nicht, wird es spannend“.

Glücklicherweise stimmte die Chemie zwischen Westermann und Alsmann von Anfang an. Und auch nach 15 Jahren wirkt das das einzigartige Moderationsduo kein bisschen müde. Nur selten werden Fernsehsendungen, insbesondere Unterhaltungsformate, so alt. Es hat mittlerweile schon etwas Magisches, etwas Rituelles, wenn Westermann und Alsmann sonntagabends zum Ausklang der Woche in ihr virtuelles Fernseh-Wohnzimmer einladen. Obwohl kaum eine Wohngemeinschaft überhaupt 15 Jahre übersteht: Dieser wäre es zu wünschen, dass es mindestens noch einmal so viele werden.
28.03.2011 09:09 Uhr Kurz-URL: qmde.de/48629
Jan Schlüter

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Zimmer frei

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