Lieber Onkel Olli,
Nun ist es aus. Endlich. Hat ja auch lange genug gedauert. Schmidt hat es am Donnerstag vor drei Wochen bissig und zuerst verkündet, dann Sat.1 am darauf folgenden Freitagabend sachlich, dann Du selbst am gleichen Tag zu einer noch späteren Zeit in einer der letzten Ausgaben Deiner «Oliver Pocher Show» ironisch.
Das Auslaufmodell endete am 18. März und mit ihm eine Odyssee.
Viele fragten sich, wieso Sat.1 nicht schon eher den Stecker gezogen hat bei den durchgängig schlechten Quoten. Viele fragen sich immer noch, wieso Dein Ex-Partner so auf Dir herumhackt. Und noch mehr wissen gar nicht genau, was sie eigentlich von der ganzen Lage halten sollen. Du wohl auch selbst nicht so ganz.
Lass es mich Dir und ihnen etwas psychologisch, aber auch analytisch erklären: Vor «Schmidt & Pocher» warst Du im Privatfernsehen der Typ mit dem Brachialhumor, der ganz am Anfang von Hans Meiser entdeckt wurde und irgendwann mal aus einem unerfindlichen Grund den „Sprung“ von VIVA nach ProSieben schaffte.
Dann holte Dich im Herbst 2007 der Altmeister der deutschen Late-Night zur Verstärkung hinzu. Genau hier vergessen viele Zuschauer und Kollegen, dass dies deswegen geschah, weil Harry in seiner letzten Solo-Staffel vorher so grottenschlecht war, wie du jetzt in Sat1. Wobei – vielleicht warst Du das ja am Schluss gar nicht mehr, aber wen interessierts eigentlich noch?!
Also zurück zum Harald: Er war so schlecht wie noch nie zuvor. Seine Quoten sanken in den Keller, bis sie dort von Ratten und Spinnen aufgefressen wurden. Daher, aber auch wegen Sendeplatzumpositionierungen, die man im Ersten ja immer mal gerne macht, musste er sein Sendekonzept von zwei halbstündigen Shows pro Woche auf eine einstündige Sendung ändern und damit auch den Inhalt. Du kamst als Unterstützung hinzu, wurdest Co-Moderator und konntest Dir in den zwei Jahren einen neuen, einen besseren Ruf erarbeiten. Wieso? Weil Du dich so präsentiertest, wie man Dich vorher gar nicht kannte und es Dir nie zugetraut hätte: Deutlich niveauvoller und professioneller. Den Feinschliff gab der „Chefe“ Dir, der sich derweil gemütlich zurücklehnte und Dich schuften ließ – ganz nach dem Motto „Hast du denn sonst noch was vorbereitet, Olli?!“. Die Quoten waren etwas besser, als beim Solo-Schmidt 2007, doch berauschend immer noch nicht. Und so war es auch bei «Schmidt & Pocher» nur eine Frage der Zeit, bis Du und der Harald sich trennen mussten und wollten. Im Frühjahr 2009 hieß es dann, dass der Meister die intellektuelle Messlatte wieder höher legen wolle und Du zu Sat.1 wechseln und dort am gefürchteten Freitag eine eigene Late-Night-Show moderieren würdest.
Gesagt, getan: Für Schmidt begann der langsame Aufstieg, der vor allem in der noch laufenden Staffel Nr. 2 nach eurer gemeinsamen Zeit unaufhaltsam zu sein scheint und durch die Nachricht, dass er bald ebenfalls zu Sat.1 kommen würde, noch weiter beflügelt wurde. Die Quoten stiegen wieder. Der Altmeister hat sich mit seinem unnachahmlichen Können also selbst wieder bis fast in die Spitze der deutschen Unterhaltung gehievt.
Was aber machtest Du inzwischen am Freitag-Abend um 22.15 oder sonst wann? Ziemlich flache und nur stellenweise unterhaltsame Shows, die sich mehr und mehr vom klassischen Late-Night-Konzept verabschiedeten.
Nichts schien mehr geblieben von der bei Schmidt erworbenen Qualität. Dabei hätten sich doch alle so gefreut, wenn Du es geschafft hättest, diese Qualität rüberzuretten. Du scheinst sie jedoch nur dann zeigen zu können, wenn du mit den Großmeistern zusammen bist. So sieht man es ab und an bei «5 gegen Jauch» nochmal kurz blitzen, doch bei Deiner Sat1-Show sah man das fast nie.
Selbst schuld also, dass die Zuschauer aus und die Quoten seit Beginn schwach blieben! Der ach so schwierige Sendeplatz war da nur ein nebensächlicher Faktor.
Folglich halfen auch keine künstlichen Aufpolierungsversuche. Zumal Dein Ex-Partner ständig auf Dir rumtrampelte und einen verbalen Seitenhieb nach dem anderen auf Dich abfeuerte. Insofern, als dass Du es nicht geschafft hast, die bei ihm erworbene Kunst beizubehalten, tat und tut er es auch zu Recht.
Mit einem tut man Dir aber stets unrecht, nämlich damit, Dir die Schuld daran zu geben, dass Schmidt während euren verrückten zwei Jahren so schlecht war. Das war er schon vorher und wurde es nicht erst durch Dich. Gerade weil das so war, kamst Du ja dazu. Fakt ist aber eben auch, dass sich Harald danach aus eigener Kraft wieder nach Oben gebracht hat und du versagtest.
Jetzt seid ihr beiden eigentlich wieder dort, wo ihr vor eurer„Zusammenarbeit“ wart: Er bald bei seinen zwei Sendungen pro Woche (dann aber in Sat1) und Du im Sumpf des Brachialimages (jetzt aber eigentlich unverdient).
Es kann also von neuem losgehen. Bei Schmidt wohl immer weiter in den Himmel, bei Dir ins total Ungewisse. «Lieber Onkel Olli» war nicht nur meine heutige Anrede, sondern ist dann auch der Titel einer neuen Sendung mit Dir in der kommenden TV-Saison. Du erfüllst Kinderwünsche, trotz des scheinbar schlechten Könnens im Umgang mit kleinen Menschen. Doch gerade hier könnte Deine neue Chance warten: Im Gegenteil zum Start der «Oliver Pocher Show» erwartet man jetzt eigentlich nichts Großartiges mehr von Dir. Da könnte die neue Sendung eine positive Überraschung für viele Zuschauer werden. Vor allem auch dann, wenn Du es darin endlich schaffst, deine Qualitäten zu zeigen, die Schmidt aus Dir rausgeholt hat. Für Dich war diese Zeit also ein Gewinn, für ihn nur ein vorübergehender Griff ins Klo, den er schnell wieder vergessen will und durch satirische Bemerkungen dazu versucht, abzuarbeiten. Sehe es ihm nach und springe nicht auf den Zug auf. Das wäre noch unfairer von Dir als Nutznießer von «Schmidt & Pocher», als es von ihm, dem Leitragenden, ist.
Doch wie dem auch sei: Sei froh, dass die Odyssee am Freitag-Abend endlich ein Ende hat, denn in einem Ende liegt ja bekanntlich auch immer die Chance zum Neuanfang. Nutze sie und Du könntest wieder so rasant aufsteigen, wie Dein Lehrer es Dir momentan vormacht.
Mit besten Empfehlungen,
Dein Therapeut
Gregor Elsbeck
Bis zur nächsten Sprechstunde…!