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360 Grad: Don't Tread on Me

Zwischen dem Deutschen Journalisten-Verband und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger kam es am 23. Februar zum Eklat.

Eigentlich sollte es eines der obersten Ziele von Journalisten sein, dass sie selbst und ihre Kollegen nicht mit Füßen getreten werden. Die größte Journalisten-Organisation Europas, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), scheint das jedoch nicht unbedingt so zu sehen. Anders lässt sich das Verhalten seiner demonstrierenden Mitglieder bei den letzten Tarifgesprächen mit der Verlegervertretung jedenfalls nicht interpretieren. Die Hintergründe sind schnell erklärt:

Nachdem die Tarifverhandlungen zwischen dem JDV und dem BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger) seit dem 8. Dezember letzten Jahres geruht hatten, sollten sie am 23. Februar nun wieder aufgenommen werden. Die Fronten waren zu diesem Zeitpunkt so verhärtet wie eh und je, was eigentlich nur ein umso größeres Maß an Diplomatie erfordert, sofern man an einer konstruktiven Lösung des Problems interessiert ist. Doch die demonstrierenden Redakteure des DJV vor Ort sahen die Sache wohl anders: Sie belegten den einzigen Zugangsweg zum Verhandlungsraum mit Plakaten, auf denen Photos von Redakteuren sowie der Schriftzug „Guten Journalismus nicht mit Füßen treten“ abgebildet waren. Die Verleger weigerten sich, über diesen Bilderteppich zu gehen, während die protestierenden Redakteure sich nicht willens zeigten, ihn zu entfernen. Schließlich zogen die Vertreter des BDZV ab.

Das Motiv der Journalisten bei dieser Angelegenheit ist wohl offensichtlich. Man wollte die Verleger schlicht in eine Lose-Lose-Situation bringen: Hätten diese den Bilderteppich passiert, so hätte die Gegenseite populistisch wirksam den Schrei des Entsetzens („Sehen Sie hier! Die Kapitalisten trampeln auf den Journalisten herum!“) verbreiten können. Nach dem eingetreten Ausgang kann man sich nun betrübt geben: Kajo Döhring, Verhandlungsführer des DJV, hält es etwa für „völlig unverständlich“, dass der BDZV mit dem Protest der Redakteure nicht umgehen könne. Weiter sagte er: "Wer von den Redakteuren Einkommenseinbußen von rund 30 Prozent verlangt, wie der BDZV es am 8. Dezember gefordert hat, kann keinen Jubel erwarten.“ Das vielleicht nicht. Aber ein faires Umfeld sollte dagegen als Mindestmaß doch von allen Seiten zu gewähren sein. Und dazu gehört es auch, den Populismus in die Schranken zu verweisen und die Gegenseite nicht mit miesen Tricks in eine Lage zu bringen, aus der sie von vornherein nicht unbeschadet wieder heraus kann. Denn das zeigt nicht nur einen Mangel an Verhandlungs-Know-How, sondern auch ein Fehlen von grundsätzlichem Respekt für die Gegenseite.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.
11.03.2011 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/48262
Julian Miller

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360 Grad

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