Hegt Stefan Raab zurecht Zweifel an seiner Show «Unser Song für Deutschland»?
Überraschende Töne aus Köln: Der „Bundesfernsehmacher“ Stefan Raab gab dem Spiegel ein Interview, in dem er – angesprochen auf die schwachen Quoten der Show «Unser Song für Deutschland» – gestand: „Kann auch sein, dass das mit der Titelverteidigung eine Scheißidee war.“ Zweifelt der Mann am Konzept seiner eigenen Show, der eigentlichen Mission Impossible, den Song Contest im eigenen Land noch einmal zu gewinnen?
Fakt ist, dass die Zuschauer wirklich nicht allzu zahlreich einschalteten: Nach ordentlichen Quoten der ersten Entscheidungsshow von «Unser Song für Deutschland» sahen die zweite Sendung 1,82 Millionen Menschen, von denen 1,25 Millionen aus der werberelevanten Zielgruppe kamen. Innerhalb einer Woche verlor man knapp eine halbe Million jüngere Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren; der Marktanteil in Folge zwei lag noch bei 9,1 Prozent und damit deutlich unter dem Senderschnitt von ProSieben.
Ungeachtet der inhaltlichen Qualität des Formats, die fast durchweg von Kritikern bemängelt wurde, sind die vorliegenden Einschaltquoten allerdings noch kein Grund, dass Raab Selbstzweifel hegt. Denn mit der zweiten Show trat man gleichzeitig auch gegen den zweiten Teil des RTL-Eventfilms «Hindenburg» an, der sieben Millionen Zuschauer und damit deutlich höhere Reichweiten verzeichnete, als dies RTL sonst am Montagabend tut.
Interessant ist dennoch, dass im vergangenen Jahr mit «Unser Star für Oslo» niemals ein einstelliger Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe hingenommen werden musste; zudem unterschritt man beim Gesamtpublikum lediglich einmal die Marke von zwei Millionen Zuschauern. Schönreden sollte man sich die Zahlen von «Unser Song für Deutschland» also auch nicht – ein fundierter Anlass zur Raab`schen Kritik sind sie allerdings ebenfalls nicht. Und genauso hat er sich auch ausgedrückt: Wenn in vielen Medien nun berichtet wird, dass Raab seine Lena-Show als „Scheißidee“ bezeichnet habe, dann ist dies ein übles journalistisches Niveau.
Er hat lediglich betont, dass es sein könne, dass es eine Scheißidee war – diese Aussage koinzidiert wiederum mit dem vagen Umstand der Einschaltquoten, die bei zwei Sendungen einfach nicht aussagekräftig sind. Es wird nun auch darauf ankommen, wie das Finale am Freitag im Ersten abschneidet. Noch spricht Raab also im Konjunktiv, erklärt im Spiegel aber auch: Wenn es eine Scheißidee gewesen sein soll, dann werde sie auch schnell wieder vergessen – er glaube aber fest daran. Wirkliche Selbstzweifel und Resignation sehen anders aus. Gedanken sollte sich Raab eher darum machen, warum «Unser Song für Deutschland» als einzige monotone Werbeveranstaltung für Lenas neues Album aufgezogen wurde und warum Raab seine eigenen Songs auch noch als Jurymitglied bewerten soll. Gute Unterhaltung – und darum geht es letztlich immer im Geschäft – sieht ganz, ganz anders aus. Nicht zuletzt dies verwundert besonders beim sonstigen Unterhaltungskönig Stefan Raab.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.