Gottschalk verlässt das ZDF-Flaggschiff «Wetten, dass..?». Das Stellenprofil des neuen Steuermanns: Weg mit großen Namen!
Da war es passiert: Vor über 10 Millionen Zuschauern bei der ZDF-Unterhaltungsshow «Wetten, dass..?» erklärte Thomas Gottschalk auf die ihm eigene Art, dass er nach dem Sommer 2011 eben jene Sendung nicht mehr moderieren möchte. Ein Paukenschlag! 30 Jahre ist «Wetten, dass..?» an diesem Abend geworden, allein 24 Jahre – seit 1987 – ist sie eng mit dem Moderator und Gastgeber Thomas Gottschalk verbunden, denn beinahe hätte er Silberhochzeit mit dem ZDF-Format feiern können. Gewissermaßen der "Mubarak des öffentlich-rechtlichen Fernsehens" – doch anders als die ägyptischen Demonstranten freute sich das deutsche Publikum kaum über den Rücktritt von Gottschalk, der nicht sofort, aber auf Raten erfolgen soll. Bis zur Sommer-«Wetten, dass..?»-Ausgabe macht er noch weiter, dann gibt es sogar noch drei Rückschau-Sendungen im Herbst.
Irgendwann musste es ja mal passieren, waren auch die Worte von Gottschalk am Samstagabend. Wohlbedachte Worte, denn schließlich geht jede Ära einmal zu Ende. Nach dem schweren Unglück und Abbruch der letzten Ausgabe von «Wetten, dass..?» war klar, dass es nicht so weiter gehen könnte wie in der Vergangenheit. Schon hier bahnte sich der Abschied quasi an – denn der Schatten der Tragödie, so ähnlich formulierte es auch Gottschalk, breitete sich immer weiter aus. Das Damoklesschwert, welches nun über der Sendung hängt, machte für Gottschalk die „gute Laune“, die das Publikum von ihm erwartet, beinahe schon zu einer „Mission Impossible“.
Dass Gottschalk somit den Entschluss gefasst hat, mit Stil das Flaggschiff der öffentlich-rechtlichen Unterhaltung zu verlassen, bevor er es wohlmöglich in unruhiges Gewässer steuert, ist aller Ehren wert. Vielleicht wären die Einschaltquoten eingebrochen, vielleicht hätten weniger Menschen zugesehen, da das Spektakuläre fehlt und somit niemanden mehr hinter dem Ofen hervorholt. Überlegungen, die wohl auch für Gottschalk eine Rolle gespielt haben. Den richtigen Zeitpunkt für den Abgang zu finden, ist schwer. Gottschalk aber hat den richtigen Moment getroffen. Denn so hinterlässt er seinem Nachfolger kein sinkendes Schiff. Der neue Kapitän auf dem Flaggschiff «Wetten, dass..?» wird zwar noch alle Steuermöglichkeiten haben, doch einen ähnlichen Kurs wie Thomas Gottschalk zu halten und die große Samstagabendshow sicher in den Hafen zu bringen, birgt auch eine Mammutaufgabe, der nicht jeder gewachsen ist. Sicherlich, die Segel werden 2012 neu gehisst werden, bevor «Wetten, dass..?» wieder in die hohe See hinaus darf, um möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen. Wem aber ist die hohe Bürde zu zutrauen? Das ZDF hat zwar keine Eile, denn bis 2012 wird man sich über die Moderatoren-Frage noch ausgiebig Gedanken machen können. Doch die Stellenanzeige für den ab 2012 frei gewordenen Moderatorenplatz kann bereits grob formuliert werden:
ENTERTAINER GESUCHT!
30 Jahre alter Show-Dino sucht einen würdigen Gastgeber, mindestens im gleichen Alter und/oder mit langjähriger Erfahrung im Showbiz. Anforderungsprofil: Kann souverän durch eine Sendung führen, ohne über die eigenen Beine zu stolpern oder von Mopeds zu stürzen - für solche zwischenzeitlichen Gags hat er eine Co-Moderatorin. Massentauglicher, ansprechender Humor sowie Gentlemen-Charme gleichermaßen. Schlagfertigkeit, gewisse Selbstironie und die Fähigkeit des tiefgründen Interviews sowie der Interaktion auch mit mehreren Gästen auf einer Couch. Sicherer Umgang auch mit Hollywood-Sternchen mit Starallüren. Eine sympathische Art, Ehrgeiz und auch noch Professionalität in Extremsituationen.
Schnell wird klar: Was sich wie ein Porträt von Thomas Gottschalks positiven Eigenschaften gepaart mit Zuschauerwünschen liest, ist wohl eine Stellenanzeige, die so schnell keine passenden Bewerber finden wir. Sicherlich gibt es den einen oder anderen Kandidaten aus dem Bereich "Show und Entertainment", der sich mit einigen oder mehreren Eigenschaften identifizieren wird. Die Souveränität bei der Moderation wie bei Günther Jauch oder Jörg Pilawa wird ergänzt von der unterhaltenden, witzig-selbstironischen Art eines Hape Kerkeling oder dem Ehrgeiz eines Stefan Raab. Auch Harald Schmidt, Johannes B. Kerner, Oliver Pocher, Barbara Schöneberger oder Markus Lanz machen die Runde. Doch von großen Namen sollte man sich tunlichst verabschieden. Zum einen sind die Meisten der gehandelten Show-Größen bereits über Jahre gebunden oder haben bereits neue Projekte begonnen, zum anderen bringen jene mit Rang und Namen auch ihre komplette Biografie im Schlepptau mit. Alle sind sie durch ihr Wirken in der Vergangenheit ein wenig „vorbelastet“, was die Angriffsfläche bei Misserfolg stets groß hält. Ein Quizmaster wird immer der Quizmaster bleiben, so wie der Late-Night-Talker immer in seiner gefestigten Rolle gesehen wird.
Abgesehen davon, ob die gehandelten «Wetten, dass..?»-Moderator-Kandidaten überhaupt in das Profil passen oder überhaupt Interesse an dem Posten haben, respektive dafür abkömmlich sind – sie sollten es lassen. Ihre Bewerbungsmappen können die ZDF-Verantwortlichen ruhig beiseite legen. Weg damit! Vielmehr freut man sich doch über einen frischen, unverbrauchten Moderator oder eine Modertorin - auch aus der zweiten Reihe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. An ihnen hat man sich nicht satt gesehen hat. Sie wecken neues Interesse an der Sendung. Denn das ZDF-Flaggschiff braucht keinen großen Namen wie Pilawa, Kerkeling oder Raab, um wieder in große See zu stechen. In Gottschalks Fußstapfen wird sowieso keiner passen - und das liegt nicht an seiner Schuhgröße. Es braucht einen mutigen Intendanten, der bereit ist - wie vor 24 Jahren - dem mittlerweile als Fernseh-Dino bekannten Format einen neuen Kurs zu verpassen. «Wetten, dass..?» braucht einen ambitionierten Steuermann, der zudem frischen Wind an Deck bringt. Und der wird sich doch wohl hoffentlich finden lassen!
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