Quotenmeter.de bewertet die erste Show von «Unser Song für Deutschland», die unser ESC-Lied ermittelt.
Nicht wenige haben im vergangenen Jahr gestaunt, als Stefan Raab ankündigte, dass Lena Meyer-Landrut im Jahr 2011 versuchen werde, ihren Titel als Siegerin des «Eurovision Song Contest» im eigenen Land zu verteidigen. Dieser Vorgang dürfte einzigartig in der langjährigen Geschichte der europäischen Musikveranstaltung sein. Darf Lena das? Natürlich, denn die erste deutsche Grand-Prix-Gewinnerin seit 1982 ist mehr als berechtigt dazu, noch einmal antreten zu dürfen, wenn sie will. Kann Lena das? Ihre gesanglichen Fähigkeiten und ihr Charme beim Publikum sind unbestritten. Die eigentliche Frage aber ist: Kann Lena das noch einmal erfolgreich? Und hier glauben einige daran, dass sie ihren Coup von 2010 nicht erneut schafft – und damit letztlich als Verliererin im eurovisionalen Gedächtnis bleibt.
Wenig ermutigend machen aktuell im „Spiegel“ negative Meldungen des ARD-Programmbeirats die Runde, in denen Verantwortliche der ARD (immerhin einer der Ausrichter dieser Veranstaltung neben ProSieben) Lena dafür kritisieren, dass sie „nur noch eine Rolle“ spiele und „ihre Unbefangenheit verloren“ habe. Stefan Raab kontert in gewohnter Art mit einer Analogie: „Da waren bisher 43 Leute, die kein Mensch kannte [der ARD-Beirat, Anm.], und jetzt gibt es sozusagen einen Gejagten, einen FC Bayern.“ Und Marius Müller-Westerhagen, der sich noch vor einem Jahr in «Unser Star für Oslo» als Lena-Fan geuotet hatte, konstatierte im „Spiegel“: „Ich fürchte, Lena ist die Einzige, die dabei verlieren wird.“
Nun begann sie also am Montagabend, die Suche nach Lenas Song für den diesjährigen Grand Prix. In der dreiteiligen Show «Unser Song für Deutschland 2011» interpretiert die Hannoveranerin ganze 12 Lieder für die Fernsehzuschauer, die wiederum darüber entscheiden, welches letztlich in den internationalen Wettkampf geschickt wird. Raab betont zu Beginn, dass man sich intensiv darum bemüht habe, charakterlich passende Songs zu Lena und ihrer Stimme auszusuchen. Denn die besten Lieder würden nichts nützen, wenn letztlich der oder die Falsche sie am Mikro vorträgt – Song und Interpret müssen also zueinander finden, zueinander passen. Natürlich wird auch noch einmal in einer MAZ zurückgeblickt auf das Märchen in Oslo und den ersten deutschen Grand-Prix-Sieg Deutschlands seit fast drei Jahrzehnten.
In der Jury, die Lenas Performance und die Songs für das Publikum bewertet, sitzen neben Mentor Stefan Raab diesmal auch „Silbermond“-Frontfrau Stefanie Kloß und Der Graf, Sänger der erfolgreichen Band „Unheilig“. Nach einer halben Stunde und Vorgeplänkel inklusive Werbung stellt Lena ihren ersten Song „Good News“ vor, eine mittelschnelle und fröhliche Musiknummer mit leichten Country- und Jazz-Einflüssen. Ein ähnliches Tempo hat das zweite vorgestellte Lied mit dem Titel „Maybe“ – beide Lieder reißen die Jury bisher nicht vom Hocker, beide entfalten als vielleicht langweilige, aber zumindest unspektakuläre Nummern eher gemütliche Radioqualitäten für den nächsten Stau als beim «ESC» begeistern zu können.
Positiv fällt die Einstimmung auf die jeweiligen Lieder ein: In einem kurzen Clip werden deren Komponisten und die Geschichte hinter den Noten erzählt. Auch Lena gibt ihre Meinung in diesen mehrminütigen Filmchen ab, sodass die Zuschauer interessante Begebenheiten über den jeweiligen Song erfahren können. Als dritter wird dann „I Like You“ präsentiert, erneut ein langsames, diesmal balladiges Lied, das Lena auf einem Hocker sitzend vorträgt (wer erinnert sich noch an Max Mutzke?). Aber auch bei diesem Song springt der Funke nicht über; wie schon in „Maybe“ wirkt der Refrain mit seiner ständigen Verswiederholung redundant und simpel. Zudem ist die ruhige Performance des sonst so energiereichen Kraftbündels Lena ungewöhnlich – aber gerade dadurch wirkt das Lied nach und hat Ausstrahlungskraft. Auch hier allerdings die Frage: Ist so etwas für den großen Samstagabend beim «ESC» geeignet? Die Zuschauer applaudieren, als Stefanie Kloß den Song als „zu ruhig“ bemängelt.
Angebot Nummer vier: Das von Stefan Raab selbst komponierte Stück „That Again“, erneut jazzig und punktuell mit guter Big-Band-Atmosphäre, tempomäßig aber immer noch – wie alle anderen Lieder bisher – langsamer als unser Sieger-Song „Satellite“. Der Graf bemerkt bei „That Again“, dass man die Vertrautheit zwischen Raab und Lena merke und man Songs stimmiger füreinander komponieren könne, wenn man sich besser kennt. „Taken By A Stranger“, das Lena als experimentell bezeichnet, verwirklichte Gus Seyffert, ein waschechter Hollywood-Musikproduzent. Das Lied hält einen interessanten Text mit interpretationswürdigem Plot bereit, erinnert rein atmosphärisch an Jacksons „Smooth Criminal“ und hat eine irrationale Anziehungskraft, was sowohl Lena als auch die Jury bestätigen.
Die letzte Nummer des Abends wurde von Raab und Lena gemeinsam geschrieben und umgesetzt, basiert jedoch auf einer musikalischen Idee ihrerseits. „What Happened To Me“ ist fröhlich, up-tempo mit Ohrwurmqualitäten und erstmals ein Lied, das sowohl von der Schnelligkeit als auch von der Bühnenperformance Lenas an „Satellite“ erinnert.
Gewohnt gut präsentierte sich das bekannte Moderatorenduo Sabine Heinrich und Matthias Opdenhövel. Die Jury bot interessante und fachkundige Einwürfe, die allerdings durchweg zu kurz ausfielen; meist durften sie nur drei Sätze zum vorangegangenen Song abgeben. Inszeniert ist «Unser Song für Deutschland» hervorragend: Sowohl Studiodesign als auch Schnitt und Ausleuchtung der Bühne sowie der Performance Lenas wurden grandios in Szene gesetzt. Lenas Stimme selbst wirkte bei einigen der vorgetragenen Lieder eher dünn und kraftlos – allerdings gab es diesen subjektiven Eindruck auch schon oft im vergangenen Jahr beim Vorentscheid «Unser Star für Oslo». Insgesamt zeigte sie erneut ihre Wandelbarkeit und gelungene Interpretation verschiedenster Musikrichtungen, auch wenn nicht alle restlos überzeugten. Auch einige Songs selbst passten nicht zur pompösen Welt des «Eurovision Song Contest», sodass in der zweiten Show durchaus noch eine qualitative Steigerung erwartet werden darf. Und welche drei Lieder wählten die Zuschauer am Ende in die finale Vorauswahl? Es wurden „Maybe“, Lenas selbst geschriebenes „What Happened To Me“ und „Taken By A Stranger“, das aufgrund seiner Andersartigkeit überzeugte. Fortsetzung folgt…