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Die Kritiker: «Schimanski: Schuld und Sühne»

Story


Der Selbstmord von Oliver Hoppe, dem Sohn von Sonja, einer langjährigen Freundin Schimanskis und Inhaberin einer Eckkneipe, in der gern Polizisten verkehren, lässt Kommissar Schimanski keine Ruhe. Unklar sind die Umstände eines Selbstmords: Oliver war ein engagierter und selbstbewusster junger Mann. Es gab keine Indizien, dass er sich hätte umbringen wollen. Vor einem halben Jahr erst hatte er die Polizeiakademie verlassen und seinen Dienst angetreten. Doch in den letzten Monaten, so erzählt seine Mutter, sei er wie ausgewechselt gewesen, er habe sich zunehmend abgekapselt. Außerdem habe er Probleme mit der Arbeit gehabt, über die Oliver aber nie sprechen wollte. Als kurz darauf die Leiche einer aus Rumänien stammenden Prostituierten im Rhein gefunden wird, wittert Schimanski direkt einen Zusammenhang.

Er soll Recht behalten: Offenbar hatte Oliver Kontakte zum Drogen- und Prostituiertenmilieu und war mit diesem Geheimnis nicht allein. Schimanski erfährt, dass Olivers Revier bereits seit längerem in den Fokus interner polizeilicher Ermittlungen geraten ist. Man habe bei Drogengeschäften weggesehen oder vor Razzien gewarnt, heißt es. Auch die Stimmung auf dem Revier zeichnet dieses Bild: Die ständige Konfrontation mit dem sozialen Elend, die vielen Überstunden, der geringe Verdienst und der mangelnde Respekt der Bevölkerung gegenüber den Polizeibeamten sind offenbar die Grundlage für Eigennutz und Korruption. Schimanski kommt dem zwielichtig Polizisten Günther Patzak sowie den Hauptkommissare Hinz und Rüden auf die Spur. Schimanskis Kollegen Hänschen und Hunger nehmen die Gerüchte um korrupte Beamte nicht ernst. Doch Schimanski geht seinen Weg und wird beim Schnüffeln im Milieu mehr als einmal bedroht. Ein undurchsichtiger Sumpf tut sich auf.

Darsteller


Götz George («Lüg weiter, Liebling», «Tatort») ist Horst Schimanski
Chiem van Houweninge («Tatort», «Auf Achse») ist Hänschen
Julian Weigend («Geld.Macht.Liebe») ist Thomas Hunger
Denise Virieux («Der Alte») ist Marie-Claire
Hannes Jaenicke («Allein unter Müttern») ist Günther Patzak
Matthias Komm («Volles Haus») ist Martin Schmale
Daniela Schulz («Die Auflehnung») ist Petra Kroppen
Bernd Tauber («Ein Fall für Zwei») ist Paul Hinz
Johann von Bülow («Wir müssen reden») ist Max von Rüden
Ulrike Kriener («Kommissarin Lucas») ist Sonja Hoppe
Jan Pohl («Das Echo der Schuld») ist Oliver Hoppe

Kritik


Kommissar Horst Schimanski ist Kult und mit dem Ermittler im Krimi-Film ist auch Schauspieler Götz George eng verbunden, denn obwohl er in seiner bald sechzigjährigen Karriere über hundert Filmfiguren verkörpert hat, denkt der Zuschauer meist direkt an den Duisburger Polizisten, den Götz George in unnachahmlicher Manier auch diesmal präsentiert. Schließlich ist Schimanski ein sehr eigenewilliger Kommissar, dessen Methoden von seinen Kollegen oftmals als ungewöhnlich abgetan werden. Doch gerade das zeichnet den „Schnüffler“ aus und macht die Krimi-Streifen um «Schimanski» so wertvoll, weil sie schlicht erfrischend anders sind. Bereits seit 1981 ist «Schimanski» zudem auf dem Bildschirm und kaum noch wegzudenken, auch wenn er mittlerweile nur noch sehr selten in Erscheinung tritt. Insgesamt kommt Götz George mit «Schimanski» auf 45 Filme, wovon 29 bis 1991 im Rahmen der «Tatort»-Reihe gedreht wurden und 16 seit 1997 als Einzelfilme gelaufen sind. Auch wenn «Schimanski» mittlerweile auf eine so lange Geschichte im deutschen Fernsehen zurück blickt, so hat er an der Hochwertigkeit früherer Tage nichts verloren und ist auch heute noch ein Zuschauergenuss. Ein wenig Nostalgie schwelgt da immer mit, denn auch im Pensionsalter wirkt «Schimanski» noch sympathisch und fährt seine brachiale Ermittlungsstrategie.

So mischt sich Schimanski auch diesmal wieder ein, als ihm Ungereimtheiten bei einem Polizeieinsatz auffallen. Am nächsten Tag erfährt er von dem Selbstmord des jungen Polzisten, den er 24 Stunden zuvor noch zur Rede stellte. Er kann sich dies nicht erklären und als dann eine Tote aus dem Rotlichtbezirk gefunden wird, wollen die Kollegen den jungen Polzisten gar zum Mörder machen, doch Schimanski mischt sich auch hier wieder ein. Denn man ist es nicht anders von ihm gewohnt: Auf eigene Faust ermittelt er im Rotlicht- und Drogenmilleu und begibt sich auf einen ganz schmalen Grat, denn da er korrupte Polizisten im Auge hat, werden auch die Kollegen ungemütlich. Der Wagen von seiner Freundin Marie-Claire wird brutal gerammt und dann fallen auch noch Schüsse. Ein heißes Eisen, das Schimanski aber dennoch anpackt. Und das obwohl für seine Liebsten größte Gefahr droht. Das färbt schließlich auch auf den konsequenten Rentner-Schimanski ab, der in der neuen Episode merklich nachdenklicher und weniger fröhlich daher kommt. Nur noch selten setzt Götz George in der Rolle des Horst Schimanski ein müdes Lächeln auf oder bringt etwas Witz in den Rotlicht-Krimi. Die Ermittlungen werden düsterer und ernster, denn schließlich geht es auch um die Zukunft der Polizei, deren Ruf auf dem Spiel steht. Die Geschichte im Drehbuch von Jürgen Werner, der zuletzt 2008 für einen «Schimanski»-Film geschrieben hat, ist geradlinig und strukturiert. Auch den Charakter der Hauptfigur Schimanski hat man leicht überzeichnet. Deutlich ruhiger und besonnener laufen die Ermittlungen. Die meiste Zeit des Films werden Gespräche und Verhöre geführt. Viele Charaktere werden eingeführt und eine komplexe, aber leicht verständliche Figurenkonstellation arrangiert.

Richtig zur Sache geht es erst am Schluss, wenn Rentner Horst Schimanski endlich wieder in das Geschehen mit eingreifen kann. Regisseur Thomas Jauch, der unter anderem die «Post Mortem»-Serie inszenierte, hat offenbar bewusst auf einen milderen Schimanski gesetzt und damit dem älter gewordenen Ermittler Tribut gezollt. Götz George muss also keine Türen mehr einschlagen, Fensterscheiben einschlagen und lange Verfolgungsjagden im Sprint absolvieren. Auf das große Poltern, das den Duisburger Polizist früher kennzeichnete, wurde verzichtet. Denn neben Schauspieler Götz George ist auch seine Filmrolle älter geworden. Man hat hier gut daran getan, dies nicht verleugnen zu wollen, sondern diesem Alterungsprozess Rechnung getragen. Das ist auch im Sinne von Götz George, der zu der 2011er-Version von «Schimanski» sagt: „ Körperlich präsent ist er noch immer, er kann noch immer über Asphalt rollen und auch noch immer zuschlagen, wenn er will, aber das passiert alles langsamer und nicht mehr mit der Wucht wie vor zehn Jahren“, beschreibt der Schauspieler treffend, wie der neue Krimi-Film den pensionierten Ermittler zeigt. Letztlich nutzt man den Alterungsprozess und die Entwicklung der Figur Schimanski auch, um die Generationen-Unterschiede aufzuzeigen, hier am Beispiel der Gesellschaft und den historischen Veränderungen. Denn in der globalisierten Welt würde Schimanski als Polizist heute nicht mehr arbeiten möchten, wie er im Film sagt. Zudem geht er mit einer gewissen Selbstironie zu Werke, was dem Film gut tut.

In «Schimanski: Schuld und Sühne» hat man also eine durchdachte, grundsolide Geschichte eingebaut, die ein interessantes Thema offenbar, welches sogar Platz für Gesellschafts- und Sozialkritik bietet. Gute Spannung kommt aber erst zur Mitte Films auf, weil Regisseur Thomas Jauch zu Beginn eine lange Rückblende einsetzt, die zwar etwas langatmig wirkt, aufgrund der Dramaturgie aber dennoch interessant ist. Denn auch die Vorgeschichte hat es in sich. Action-Szenen wurden weitgehend ausgelassen, dafür hat man ein hochkarätiges Ensemble an Charakter-Schauspielern wie Hannes Jaenicke, Ulrike Kriener und Matthias Komm sowie die «Schimanski»-Veteranen Chiem van Houweninge und Julian Weigend. Sie schaffen es den Krimi-Film über die Gefühlsebene zu tragen, so dass vor allem Emotionen und Verstrickungen im Vordergrund stehen. Das gelingt und macht auch diese «Schimanski»-Folge zu einem Krimi-Erlebnis.

Das Erste zeigt «Schimanski: Schuld und Sühne» am Sonntag, 30. Januar 2011 um 20.15 Uhr.
29.01.2011 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/47380
Jürgen Kirsch

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Tags

Schimanksi

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