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«Schlüter sieht's»: Der Sarah-Faktor

RTL hat es geschafft: Mit Dschungelzicke Sarah wurde die Show zum Mega-Quotenhit.

Noch 2009 hatten wir uns gewundert über «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus»: Die damalige vierte Staffel bot so viel Harmonie wie nie zuvor, die Campteilnehmer verhielten sich wie zivilisierte Menschen und Konflikte wurden – wenn überhaupt – nur am Rande ausgetragen. Da war es an einigen Tagen richtig schwierig für die RTL-Produktionsfirma, die einstündige Sendung mit unterhaltsamem Material zu füllen. Waren die Promis sogar zu abgezockt für den Dschungel geworden? Haben sie das Spiel, das der Sender mit seinen ihm ausgelieferten Kandidaten spielt, etwa durchschaut?

Die aktuelle Staffel der Show zeigt, dass dem nicht der Fall ist und es ganz einfach auf die geschickte Auswahl des Teilnehmerfeldes ankommt, um es richtig krachen zu lassen. Dass Sarah Knappik (eine Frau, die vorher so gut wie niemand kannte) nicht ohne Grund für das Camp ausgesucht wurde, erschließt sich nun erst durch den besoderen Verlauf der Show. Denn am Montag krachte es, als das Camp durch Verleumdungsvorwürfe seitens Sarah gegen den Sänger Jay auf eine harte Probe gestellt wurde – wer lügt, wer spricht die Wahrheit? Ein Eklat war geboren, und halb Deutschland diskutiert darüber.

Das Publikum kann sich natürlich seine eigene Meinung bilden und tut dies umso zahlreicher, je mehr die Stimmung bei den Teilnehmern erhitzt wurde. Mit der Ausgabe am Dienstag schauten dann mehr als die Hälfte der jungen Fernsehzuschauer zwischen 14 und 49 Jahren «Ich bin ein Star» – nur das Finale der ersten Staffel erzielte einen höheren Marktanteil. RTL hat es geschafft, mittels einer Person systematisch eine Dramaturgie des Eklats planen zu können und hat mit Sarah eine emotional „tickende Zeitbombe“ ins Camp geschleust, die irgendwann ausbrechen würde.

Wer sich etwas näher mit der medialen Vergangenheit der früheren «Topmodel»-Kandidatin Sarah befasst, erkennt schnell ihr Eskalationspotenzial. So fiel sie nicht nur in Heidi Klums Show mit Zickereien und Streit gegen Kolleginnen auf, sondern auch in der späteren ProSieben-Sendung «Die Model-WG» und diversen Videobeiträgen für Boulevard-Magazine. Und wenn Knappik schon in "normalen" TV-Shows für Szenen sorgt, wie soll es dann erst in einem Dschungel feranb der Zivilisation sein, eingeschlossen mit anderen narzisstischen Selbstdarstellern wie Jay? Dass eine vielleicht psychisch etwas labile junge Frau mit einer totalen Extremsituation wie dem Dschungelcamp nicht umgehen kann, war ein kalkulierter Plan, der voll aufgegangen ist.

Und letztlich wissen wir als Zuschauer, dass die verzerrte Darstellung im Fernsehen ähnlich extrem ist wie die Lage im Camp; dass es von Anfang an einen klaren Fokus darauf gab, Sarah emotional und physisch zu überfordern und damit für einen Streit zu instrumentalisieren – nicht umsonst musste sie beispielsweise die meisten der Dschungelprüfungen am Anfang machen. Dies rechtfertigt natürlich nicht ihr schuldhaftes Verhalten, doch liefert es eine mögliche Erklärung dafür, warum Sarah so reagierte wie von Millionen Menschen am Dienstag gesehen. Was bleibt, ist Unterhaltung für das Volk auf Kosten einiger Ex-Stars, die durch die Camp-Streitereien auch wohl für immer solche bleiben werden und deren Ruf nachhaltig geschädigt sein dürfte.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.
27.01.2011 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/47328
Jan Schlüter

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Schlüter sieht's

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