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You are Cancelled: «Defying Gravity»
«Lost in Space» meets «Grey's Anatomy - aber eben nicht lange.
2011 wird wohl das Jahr, indem echte Science Fiction im amerikanischen Network-Fernsehen ausstirbt. Nachdem «Battlestar Galactica» sein Ende fand, konnte sich keine weitere Raumschiffserie im TV etablieren – entweder sie finden keine Zuschauer, oder werden zu schnell abgesetzt. «Stargate Universe» zeigte, dass beides zugleich eher zutrifft. Das Problem gab es schon bevor Syfy und die Misere ihres «Stargate»-Franchises, auch 2009 schaffte es eine Raumschiffserie, nicht über 13 Episoden hinauszukommen: «Defying Gravity» war eine Mixtour aus verschiedenen Serien und Filmen, die in eine einzige Serie zusammengefasst wurden. Im Sommer 2009 auf ABC ausgestrahlt, schaffte es die als "«Grey's Anatomy» in space“-bezeichnete Serie nicht mal mehr als acht Episoden über die Bildschirme zu bringen. ABC fand gleich eine handvoll Gründe, dass Sci-Fi-Drama abzusetzen: die schlechten Kritiken, die miesen Einschaltquoten, die Tatsache, dass die Fall-Season der Serie im Weg stand und letztendlich die Tatsache, dass ABC womöglich keine Idee hatte, wie mit der Serie umzugehen war.
«Defying Gravity» übernahm die Charakterzüge von «Grey's Anatomy», das Storytelling von «Lost» und erzählte eine Geschichte, die sich über drei Zeitlinien verteilt, jeweils fünf Jahre voneinander getrennt. Wir schreiben das Jahr 2052, als sich acht Astronauten aus fünf Staaten auf dem Weg ins Weltall befinden, um ihre sechsjährige Mission durch das Sonnensystem anzutreten. Sieben Planeten sollen in dieser Zeitspanne besucht werden und das Leben der lebenserfahrenen Raumfahrer auf dem technologisch hochversierten Schiff Antares wird auf Schritt und Tritt von der Missionsleitung auf der Erde verfolgt – und gelegentlich für ein Publikum im Fernsehen übertragen. In unzähligen Rückblenden wird auch von der Vorbereitung der schwierigen Mission erzählt, die fünf Jahre zuvor begann und auch die erste bemannte Mission zum Mars, welche in der Serienhistorie 2042 ein tragisches Ende fand, war für Serienerfinder James Parriott von wichtigster Bedeutung.
Dass die Serie nicht nur eine Kopie der BBC-Produktion «Space Odyssey» ist, zeigte sich schon in der Pilotfolge: Schnell gab es Mysterien, merkwürdige Träume, seltsame Visionen, und allwissende Männer im Hintergrund - «Defying Gravity» hätte sich schnell zum „Lost ... in space“ entwickeln können, doch diese Hoffnungen waren von Grund auf zerstört, als ABC es nicht so sah, stattdessen den Vergleich mit „Grey's Anatomy“ in den Slogan packte. Die Premiere wurde am 2. August 2009 ausgestrahlt, nach acht Episoden fand die Serie erwartungsgemäß ein abruptes Ende, und im Herbst war laut Parriott sein Werk endgültig abgesetzt. Kein Wunder, nach den schon schrecklichen Einschaltquoten von rund 3,7 Millionen Zuschauer, und der Reichweitendurchschnitt aller acht ausgestrahlten Episoden lag sogar bei rund 2,8 Millionen Zuschauer – selbst für Sommerverhältnisse waren die Werte für ABC mehr als katastrophal. Auch die Quoten für die Mitproduzenten CTV (783.000 Zuschauer) und BBC (1,58 Millionen Zuschauer) waren mehr schlecht als recht, weshalb es wohl kein Wunder ist, dass Ko-Produzent Nummer vier in der Reihe, ProSieben, «Defying Gravity» nie ins Programm aufgenommen und stattdessen in die Archive verbannt hat.
Nach der Absetzung fand bekanntlich die Suche nach den Gründen statt. Und ausgerechnet James Parriott fing mit einer Tirade gegen ABC an. Wenn es nach ihm gegangen wäre, war der «Grey's Anatomy»-Slogan ein Fehler, der mehr Schaden anrichtete, als er geholfen hat. Auch fand Parriott Probleme darin, dass ABC seine Serie drei Wochen nach Ende der Produktion einkaufte, sofort einen Ausstrahlungstermin für den Sommer ansetzte und nicht mal daran dachte, die Serie anständig zu bewerben – ganz zu schweigen davon, dass «Defying Gravity» bewusst gegen die ankommende Fall-Season gesetzt wurde, was nur nach einer frühzeitigen Absetzung schrie. Dass ABC Probleme mit der Programmplanung hat, ist allgemein bekannt, doch man weiß nie, was den damaligen Entertainment President Stephen McPherson dazu bewogen hat, die Science-Fiction-Serie so frühzeitig zu verheizen.
Heutzutage ist «Defying Gravity» fast vergessen. Parriott hat in einem Interview verlauten lassen, wie es mit der Serie weitergegangen wäre, hätte sie es für mehrere Jahre im Fernsehgeschäft gegeben. Fangruppen gab und gibt es so gut wie keine, und es gab auch keine Fanproteste gegen die Absetzung im Spätsommer 2009 – zu wenige Zuschauer schalteten ein und die meisten davon schalteten wieder ab, da blieben nicht genügend Zuschauer für Proteste übrig. Was schade ist, denn „Defying Gravity“ war die bis heute letzte Science-Fiction-Serie ihrer Art in Broadcast Television. Und die Frage ist nun, welcher Sender und welche Serie das vorerst tote Raumschiff-Genre aus dem Grab holen werden. Doch echte und klassische Science Fiction scheint nicht mehr rettungsfähig zu sein, und es wird Jahre dauern und eine Menge Geld kosten, bis endlich ein neuer Weltraumhit gefunden ist. Auch wenn dieser Hit «Star Trek» heißt und von J.J. Abrams fürs Fernsehen weiterentwickelt wurde.
20.01.2011 15:45 Uhr
Kurz-URL: qmde.de/47195
Christian Wischofsky
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• Defying Gravity
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