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Serien-Update: «Human Target»

Die US-Serie ist in ihrer zweiten Staffel eine andere, von den Geschichten her aber nicht wirklich besser.

Neu bei Quotenmeter.de: Jede Woche bespricht unsere Serien-Redaktion die aktuelle Entwicklung einer US-Serie. Was ist gut, was ist schlecht, was ist neu? Und wie sind die Aussichten für den deutschen Zuschauer? Auf Spoiler wird natürlich hingewiesen.

Die erste Staffel der lockeren Actionserie gab den Zuschauern eine Mischung aus einfach gestrickten Bodyguard-Storys und einer selten erwähnten Hintergrundgeschichte, die den Helden Christopher Chance stärker ins Licht des Geschehens rücken sollte. Und mehr als das hatte die Serie in ihrem ersten Jahr sowieso nicht zu bieten, wenn man mal von den hübschen Frauen absieht, die in fast jeder Episode die Dienste von Chance und seinen zwei Kollegen Winston und Guerrero benötigten. Selbst das auf ProSieben noch ausstehende Staffelfinale hatte in der Hinsicht nicht unbedingt Interessantes zu zeigen. Bis auf einen Staffelcliffhanger, der, rückblickend auf die zweite Staffel, nicht nur unnötig, sondern auch reine Zeitverschwendung war.

Selbst Chance hat eine mysteriöse Vergangenheit, wie uns die erste Staffel weismachen wollte. Daraus hätte man eigentlich eine interessante Geschichte für die zweite Staffel entwickeln können, jedoch findet diese zusammen mit dem Showrunnerwechsel ein abruptes Ende, und «Human Target» findet sich als völlig überarbeitete Serie in einer zweiten Staffel wieder. Man könnte denken, dass die Autoren von ihren Fehlern gelernt haben. Wenn man allerdings etwas tiefer in eine Analyse der neuen Episoden geht, lassen sich jedoch noch mehr logische Fehler finden, als es in der ersten Staffel der Fall war. Doch während die Storys in der zweiten Staffel immer noch nicht funktionieren und kein Wert auf einen roten Faden gesetzt wird, arbeiten die Charaktere plötzlich besser zusammen - was größtenteils den zwei weiblichen Neuzugängen zu verdanken ist.

Sowohl Indira Varma und Janet Montgomery schafften es ein wenig Chemie in die Charakterbeziehungen zu bringen. Und schlussendlich war es das Beste, was der Serie hätte passieren können: Plötzlich haben es die drei Herrschaften, die selten auf Vorgesetzte, geschweige denn Frauen, hören, mit neuen Kolleginnen zu tun, die nicht nur das Beste aus ihrem Geschäft herausholen wollen, sondern auch nicht davor zurückschrecken, die Männer herumzuschubsen und zu nerven - Streitereien und ein zerrüttetes Arbeitsklima inklusive. Mit den beiden Frauen schafften die Autoren auch, etwas mehr Humor in die Episoden zu bringen. Dadurch entfernt sich die Serie aus ihrem Comicstil und schafft es, einen eigenen, ganz normalen Stil zu entwickeln.

Das half der Serie am Ende auch nicht weiter und «Human Target» weilt immer noch unter den Serien, die ihr Potential nicht ausschöpfen können und wollen. Trotz der Veränderungen, welche dafür sorgen, dass Chance nur noch ein Bodyguard-for-hire ist (was in der Serie jedoch nie konkret erwähnt wird), haben es die Autoren nicht geschafft, ihre Serie interessanter zu gestalten. Das haben wohl auch die Zuschauer bemerkt und begannen reihenweise abzuschalten. Für FOX hilft nur noch das Wunder "Lead-in", wenn die verbleibenden Episoden im Anschluss an «American Idol» ausgestrahlt werden. Und wenn das Wunder tatsächlich eintreten sollte, wäre eine dritte Staffel möglich.



All die Probleme, die die zweite Staffel aufweist, lassen sich schon in den ersten fünf Minuten der Staffelpremiere "Ilsa Pucci" erkennen. In Rekordzeit wird der Staffelcliffhanger aufgelöst, Chance geht in seinen (sechs Monate dauernden) wohlverdienten Urlaub, und bevor er es sich versieht, steht seine neue Klientin und zukünftige Chefin Ilsa vor ihm. Und dann erst kommt das Intro. Das ist nur das erste von mehreren dutzenden Beispielen, dass die Autoren jegliches Storypotential verschwenden und stattdessen ihre Geschichten um die Actionszenen herum erzählen. Die Rückkehr von Chances Erzfeind Baptiste zeigt dies deutlich: Statt sich wie normale Menschen zu benehmen, die eine gefangen genommene Frau befreien wollen, verhalten sie sich vorhersehbar wie kleine Mädchen, wenn sie sich gegenseitig anzicken und angeberische Muskelprotze, wenn sie ihre Fäuste in einer Bar sprechen lassen. Auf die Story wird überhaupt kein Wert mehr gelegt, logische Fehler werden in Kauf genommen, nur damit die Charaktere ihre Actionszenen haben.

Der größte Tiefpunkt der Serie dürfte die Episode "A Problem Like Maria" sein, in der gleich mehrere Logiklöcher auf die Zuschauer warten. Lang hat Winston gewartet, um endlich einen Raketenwerfer zu bedienen und dann schafft er es, dass die Rakete, in einem Flugzeug abgefeuert, aus eben jenem hinaus fliegt (ohne, dass etwas beschädigt wird), und mehrere hundert Meter entfernt in einem Fahrzeug einschlägt und für eine Explosion sorgt - logisch? Natürlich nicht. Selbes Problem nur ein paar Minuten später: Ilsa, die kurz zuvor noch in San Francisco zu sehen war, schafft es binnen weniger als einer Stunde nach Südamerika zu fliegen, um Chance gegenüberzustehen, nur damit die beiden eine weitere Diskussion über ihr Arbeitsverhältnis führen können. Logisch? Nur, wenn «Human Target» eine Science-Fiction-Serie mit Teleportationsanteilen ist.

Doch damit ist das Ende der Fadenstange noch lange nicht erreicht. Die Autoren schaffen es tatsächlich, ihre beiden Charaktere Chance und Ilsa binnen einer einzigen Nacht gegen den Mörder Hector Lopez im südamerikanischen Dschungel antreten zu lassen, einen Weg aus diesem herauszufinden und nach San Francisco zurückzukehren. In der selben Nacht gelang es Lopez, sich aus dem Dschungel zu retten, ebenfalls nach San Francisco zu fliegen, nur um Ilsa in ihrem Apartment gegenüber zu stehen und töten zu wollen. So lange man nicht auf die Zeitlinie achtet, wäre es eine spannende Story, in der nicht nur Chance um sein Leben fürchten muss, jedoch hinterlässt die Serie keinen guten Eindruck, wenn die Autoren jedes Mal solch schlampige Arbeit leisten.

Die Staffel hat jedoch auch ihre guten Momente und die liegen alle in den einzelnen Beziehungen der Hauptcharaktere. Chance und Ilsa haben ein schönes verstörtes Arbeitsverhältnis, welches einiges an Humor in die Geschichten bringt, während Ames und Guerrero eine seltsame Freundschaft verbindet, die manchmal auch in Hass ausartet. Die Einstellung der zwei Damen verstärkte die Charakterdynamik und brachte Humor ins Geschehen – welches die Weihnachtsepisode „The Other Side of the Mall“ besser aussehen lässt, als sie eigentlich ist. Hier war der Kampf gegen die Vorstadtklischees weitaus interessanter als der Terroristenklatsch der Woche. Zudem brachten die Produzenten Janet Montgomery regelmäßig äußerst gut ins Bild. Neben den üblichen Unterwäsche- und Bikiniszenen der 25-jährigen Engländerin dauerte es auch nicht lange, bis ihr Charakter Ames eine eigene Geschichte bekam; nur um später wieder in die Versenkung zu verschwinden und den anderen Darstellern das Feld zu überlassen.

«Human Target» ist definitiv eine andere Serie in ihrer zweiten Staffel. Wenige Dinge funktionieren nun besser, aber die Drehbücher sind immer noch unter aller Kanone. Die Actionszenen wirken nicht mehr so übertrieben und comichaft, dafür aber die Gründe, warum unsere Helden ihre Abenteuer erleben. Dass die Serie sich in ihren verbleibenden Episoden noch verbessert, ist schon fast unmöglich. Charaktermomente gibt es so gut wie nie, Spannung erst recht nicht. Manch ein Zuschauer auf der Suche nach Logik und Verstand im Fernsehen wird sich vielleicht glücklich schätzen, wenn FOX seine Actionserie nach der zweiten Staffel für immer in die Archive schickt. Dass die Serie überhaupt für ein drittes Jahr zurückkehrt, ist nach den vergangenen Einschaltquoten in den USA sowieso recht unwahrscheinlich.
19.01.2011 13:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/47163
Christian Wischofsky

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Human Target

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