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Ulli Potofski: ‚Wir nehmen den Fußball alle miteinander manchmal zu ernst‘

Von «Anpfiff» bis zu «Mein Stadion»: Sportreporter-Legende Ulli Potofski spricht mit uns über seine neuen Aufgaben bei Sky: Von der zweiten Liga bis hin zur neuen Bundesliga-Vorschau am Donnerstagabend.

Herr Potofski, Sie sind bekennender Fan von Schalke 04 – wie gucken Sie Fußball? Im Stadion, in der «Sportschau» oder bei Sky?
Ich bin Sympathisant von Schalke 04 – Fan hat immer auch etwas mit Selbstaufgabe zu tun. Wann immer es möglich ist, versuche ich im Stadion zu sein. Ansonsten verfolge ich die Spiele bei Sky. Am liebsten genieße ich ein einzelnes Spiel in voller Länge. Allgemein muss ich sagen, dass die Fernsehübertragungen heutzutage eine tolle Geschichte sind: Und es macht auch Spaß, es nach 27 Wiederholungen besser zu wissen als der Schiedsrichter.

Sie haben bei RTL die erste Free-TV-Zusammenfassungssendung «Anpfiff» mit aus der Taufe gehoben. Erinnern Sie sich gern an diese Zeit?
Das werde ich nie vergessen. Wir waren damals sehr experimentierfreudig und immer sehr gespannt, wie das Publikum letztlich reagieren wird. Man war gewohnt, dass die ARD fünf oder sechs Kameras im Stadion hatte – wir haben das alles verändert. Plötzlich gab es Kräne hinter den Toren, Steady-Cams. Zwölf oder 13 Kameras haben das Geschehen gefilmt. Unsere Spielberichte dauerten teilweise 20 Minuten. Da haben wir dann recht schnell gemerkt, dass der Zuschauer keine Zusammenfassung dieser Länge sehen möchte und so haben Spiele wie Köln gegen Duisburg nur acht Minuten erhalten.

Heute wären es vermutlich vier…
Das ist gut möglich. Außerdem haben wir versucht, einige lockere Elemente einzubauen. Zuvor gab es eher Finanzamtfernsehen, RTL hat das aufgebrochen. Das war natürlich nicht Jedermanns Sache.

Werden Sie heute eigentlich noch damit in Verbindung gebracht, dass Sie eben nicht für diese Seriosität standen?
Ich würde nicht sagen, dass das etwas mit Seriosität zu tun hatte. Ich habe schon vor 25 Jahren Canal+ angeschaut und mir ist aufgefallen, dass die Kommentatoren dort relativ häufig lachen. Das gibt es bei uns überhaupt nicht. Fußball ist ein Spiel und es freut mich, dass die Berichte darüber durchaus lockerer geworden sind. Man geht heutzutage auch mehr auf das Umfeld ein. Natürlich gefällt es manchen nicht, wenn man in einer Liveübertragung plötzlich drei Spielerfrauen sieht. Auch Superzeitlupen sind von manchen – besonders von Schiedsrichtern – nicht gern gesehen. Insgesamt ist die Entwicklung des Fußballs im TV sehr positiv.

Bis 2006 waren Sie bei RTL. Fiel Ihnen der Abschied denn schwer?
Ja, ohne Wenn und Aber. Das war für mich immer mehr als ein Arbeitsplatz. Ich habe 1984 dort angefangen – das war eine der wenigen Industrien, die in dieser Zeit wirklich komplett neu entstanden ist. Natürlich war es am Ende dann schon so, dass der Sender hauptsächlich daran interessiert war, Geld zu verdienen. Anfangs war das anders. Es war einfach eine tolle Zeit. Die wenigsten wissen übrigens, dass ich von 1992 bis 1995 schon einmal im Pay-TV bei Premiere war und moderiert sowie kommentiert habe. Bertelsmann hielt damals Teile an Premiere und so habe ich neben meiner Arbeit bei RTL eben auch dort gearbeitet.

Seit 2006 sind Sie wieder bei Sky: Wie schwierig war es eigentlich für Sie, in die Arbeit als Kommentator von Zweitliga-Spielen hinein zu kommen?
Das war nicht so ganz einfach. Es dauert einfach eine Zeit, bis alles sitzt und bis man sich daran gewöhnt hat. Man muss sich schon sehr intensiv mit dem Geschehen beschäftigen. Ohne Frage ist es ja so, dass bei Ahlen oder Oberhausen nicht ganz so intensiv hingeschaut wird, wie beispielsweise bei Dortmund.

Haben Sie das als eine Art Karriereknick empfunden? Von RTL zur zweiten Liga bei Premiere?
Nein. Ich habe ein WM-Endspiel begleitet, Europacup-Finals, ich habe Wimbledon vor zehn Millionen Zuschauern gemacht, war beteiligt als wir die Formel 1 zu RTL holten. Und jetzt mache ich die zweite Liga – es macht genauso viel Spaß. Der Vorteil ist sogar, dass es dort oftmals noch natürlich zugeht. Man ist noch näher dran an den Wurzeln dieses Sports. Schauen Sie mal nach Oberhausen: Da halten sich die VIP-Plätze doch arg in Grenzen.

Mussten Sie lange überlegen, als das Angebot von Premiere kam?
Nein, das war ohnehin eine Phase, in der ich mich umorientieren musste. Premiere bot mir eine schöne Möglichkeit, endlich wieder nah an den Fußball heranzukommen. RTL hatte ja keinen Live-Fußball mehr. Selbst die Champions League hatte man ja nicht verlängert. Die zweite Liga war für mich die Möglichkeit wieder einen Blick auf die Basis zu richten. Ich will das auch gar nicht einsortieren, denn eigentlich finde ich, dass Vereine wie Paderborn eine genauso große Aufmerksamkeit verdient haben wie Schalke, Bayern und Bremen.

Sie bekommen jetzt größere Aufmerksamkeit, weil Sie ab Donnerstag mit «Mein Stadion» eine Bundesligavorschau bei Sky machen werden. Der Titel sagt schon viel über das Konzept, aber vielleicht werden Sie noch etwas konkreter.
Natürlich werden wir auf den anstehenden Bundesliga-Spieltag blicken. Aber: Ich habe Sky immer gesagt, wenn ich das mache, dann müssen sich alle auch ein bisschen danach richten, wie ich so eine Sendung angehen würde – sonst könnte es ja auch jeder andere machen. Neben der Vorschau auf die neun Partien möchte ich auch in Kommunikation mit den Menschen dort vor Ort treten, offene und niveauvolle Gespräche führen. Das soll kein platter Stammtisch werden. Ich weiß aber, dass es im Stadion an der Schleißheimer Strasse Publikum gibt, das durchaus über den Tellerrand hinausblickt. Wenn es gelingt, dass wir die Leute dort sinnvoll einbinden, dann bin ich zufrieden. Wir werden sicherlich auch immer wieder einen Blick zurück werfen auf die ein oder andere Persönlichkeit früherer Tage.

Dabei sagte doch Sky-Sportchef Roman Steuer, dass es kein Fantalk werden soll.
Das wird es auch nicht – wir werden weit von dem entfernt sein, was das DSF bis vor Kurzem angeboten hat. Wenn es dort aber einen Stammtisch mit drei Bayern-Fans gibt, die aktuelle Themen mit Weitsicht sehen: Warum solle ich dann nicht kurz mit ihnen sprechen? Es muss ein Spagat aus Kommunikation mit dem Publikum und Vorschauberichten werden.

Werden Sie auch prominente Gäste begrüßen oder ist dies wegen des Sendetags eher schwierig?
Das wird nicht Hauptteil der Sendung sein. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass wir hin und wieder auch einen Gast begrüßen.

Ist es denn für Sie ein Spagat, wenn Sie nach Ihrer «Mein Stadion»-Sendung wieder nach Paderborn und Oberhausen in die zweite Liga fahren?
Das ist beides Mal Fußball. In Paderborn ist der Fußball noch nicht so abgehoben wie mancherorts in Liga eins. Wir nehmen den Fußball alle miteinander manchmal zu ernst. Ich möchte in meiner neuen Sendung auch die Einfachheit dieses Spiels ein wenig zum Thema machen. Wenn das überhaupt noch geht.

Sky überträgt am Sonntag erstmals ein Bundesligaspiel in 3D - «Sportschau»-Chef Simon nannte Fußball in 3D „Fake“.
Ich weiß, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch früher gesagt haben, Privat-Fernsehen sei ein Fake. Dann hat sich unglaublich viel geändert: RTL und Sat.1 haben der ARD und dem ZDF viele Rechte weggeschnappt. Schauen Sie sich doch an, was heute beispielsweise mit «dem aktuellen Sportstudio» passiert. Die verlieren und verlieren. Ich bin vorsichtig mit Aussagen, was funktionieren wird und was nicht. Als die CD auf den Markt kam, haben auch viele gesagt, dass die Schallplatte nicht zu verdrängen sein wird. 3D im Fußball ist für mich ein sehr interessantes Projekt auf dessen Weiterentwicklung wir alle sehr gespannt sein dürfen.

Kommenden Sonntag zeigt Sky die Bundesliga in 3D auch in einer Kölner Sportsbar. Sie sind als Moderator vor Ort...
Das ist ja reiner Spaß. Toni Polster wird mit da sein, da werden sicher alle sehr gute Laune haben.

Welches sind für Sie momentan die spannendsten Themen der Bundesliga?
Natürlich der Torwartwechsel beim FC Bayern. Wird dieser jetzt wirklich so schnell vollzogen? „Leider“ ist es schon wieder ein „Bayern-Thema“, das die Medien beherrscht. Ich bin auch gespannt, ob der BVB in der Rückrunde genauso auftritt wie in der Hinrunde. Ich würde es ihnen wünschen – und das sage ich als Schalker. Ich hätte nicht erwartet, dass sie auf diese Art und Weise Fußball spielen. Schalke ist immer ein Thema, Hoffenheim wird ohne Rangnick spannend zu beobachten sein. Was passiert mit dem HSV? Wie geht es in Bremen weiter?

Zumindest ging es dort schon wieder nicht gut los…
Nun darf man eine 1:4-Niederlage in einem Testspiel aber auch nicht überbewerten.

Letzte Frage: Wer wird Meister?
Normalerweise Borussia Dortmund.

Vielen Dank für das Interview.
12.01.2011 15:19 Uhr Kurz-URL: qmde.de/46980
Manuel Weis

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Ulli Potofski

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