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You are Cancelled: «Emily's Reasons Why Not»

Wir erinnern an eine Serie, die binnen 24 Stunden nach der Erstausstrahlung schon wieder Geschichte war.

«Emily's Reasons Why Not» feierte ihre Premiere am 9. Januar 2006 auf ABC, nachdem der Alphabetsender in seinen goldenen Zeiten seine neue Comedyserie mit Heather Graham stark beworben hat. Unzählige Promos zwischen Werbeblöcken, Billboards sowie Radiowerbung haben ABC offenbar Millionen gekostet und sowohl die kreativen Köpfe hinter der Serie und dem Sender als auch Zuschauer und Kritiker erwarteten den neuen Hit, der nach einem weniger schlüpfrigen «Sex and the City» klang. Und warum sollte die Serie kein Hit sein? Sie bekam den beliebten Slot am Montag Abend, sie hatte Heather Graham in der Hauptrolle, und sie hatte das volle Vertrauen in ABC-Chef Stephen McPherson. Zugegeben, Graham hatte ihre letzte nennenswerte Rolle vier Jahre zuvor in «Der Super-Guru», jedoch machte sie sich einen Namen im TV mit Gastauftritten in «Arrested Development» und «Scrubs»; und McPherson hatte selten den richtigen Riecher für die starken Comedys im US-TV - der Markt gehörte CBS.

'Emily', dank der ORF1-Ausstrahlung in 2007 auch unter dem deutschen Titel «Emilys Liste» geläufig, handelte von der erfolgreichen Autorin Emily Sanders, die Selbsthilbebücher schreibt, aber kein Glück in ihrem eigenen Liebesleben hat. In der Pilotepisode beendet sie eine Beziehung, die sich schon zum Schlechten entwickelt hat, und erstellt eine Liste: Findet sie während einer Beziehung fünf Gründe, um sich von ihrem Freund zu trennen, dann wagt sie auch den Schritt. Hilfe bekommt Emily von ihren Freunden, dargestellt von unbekannten Gesichtern, von denen nur Smith Cho Eindruck hinterlassen konnte, die später in den (ebenfalls kurzlebigen) NBC-Serien «Knight Rider» und «100 Questions» eine Hauptrolle hatte. Was wie ein Konzept für einen schnellen Erfolg klingt, hatte für ABC ein albtraumhaftes Erwachen zur Folge, als die Quoten am nächsten Tag ersichtlich waren. Die Pilotfolge interessierte nur 6,2 Millionen Zuschauer - eine Reichweite, die selbst heute für ABC-Sitcoms ungenügend ist. Zum Vergleich: Selbst die neueste ABC-Sitcom «Better with You» erreicht im Durchschnitt eine Reichweite über 7 Millionen Zuschauer während der aktuellen Season, und ist somit eine der reichweitenstärksten Sitcoms im US-Fernsehen, die nicht auf CBS ausgestrahlt wird.

Zusammen mit der katastrophalen Quote, 'Emily' bekam auch noch schlechte Kritiken. Neben Beschwerden einer Pro-Abstinenz-Gruppe, der die Serie Unfähigkeit unterstellte, eine abstinente Person zu porträtieren und ihr vorwarf mit Homosexualität und der Darstellung einer gewollten Jungfrau Stereotypen zu bedienen, bekam ABC auch noch Feuer von den Kritikern, die die Serie schon als Erfolg abgestempelt hatten. Von heute auf morgen hatten Zeitschriften, Magazine und Internetblogs mit der unerwarteten, aber doch verdienten, Absetzung einer Serie zu tun. Alessandra Stanley bezeichnete auf der Website der New York Times Heather Graham als "casting mistake", und war nicht müde zu behaupten, dass Grahams abstoßende Darstellung der Grund war, warum ABC die Notbremse zog. Und selbst McPherson musste am Tag nach der Premiere eingestehen, dass die Serie farblos war und er eine Verbesserung während der nächsten Episoden für unwahrscheinlich hielt.

Während der Winter TV Press Tour 2006 musste McPherson dann einige Fragen bezüglich der radikalen Absetzung beantworten. Auf die Frage, warum er 'Emily' keine Chance gab, und stattdessen ABCs ebenfalls schwach laufende John-Stamos-Sitcom «Jake in Progress» im Programm behielt (die, ironischerweise, ein paar Wochen nach 'Emily' ebenfalls vom Sender gekegelt wurde), antwortete er erst mit einem Scherz ("Ich schwärme for John Stamos"), und dann mit Ernst: "«Emily's Reasons Why Not» kam kreativ nicht an einem Punkt, wo es sein sollte, während «Jake in Progress» gewachsen ist. Und leider fühlten wir, dass 'Emily' sich nicht verbessern wird und deshalb eine schnelle Änderung nötig war."

«Emily's Reasons Why Not» wurde offiziell am 10. Januar 2006 abgesetzt, nicht mal 24 Stunden nach ihrer Premiere. ABC und die Serienproduzenten lernten etwas aus der Misere hinzu, während die Karriere von Heather Graham sich für eine lange Zeit nicht richtig erholen konnte. Mit «The Hangover» kehrte sie ins Gedächtnis der Kinozuschauer zurück, und für die nächsten zwei Jahre hat die Schauspielerin, die Ende des Monats ihren 41. Geburtstag feiert, eine Hand voll Projekte am Start. Serienetwicklerin Emily Kapnek beschäftigte sich nach ihrem Flop mit der HBO-Serie «Hung», sowie als Produzentin für NBCs Kritikerliebling «Parks & Recreation», während die Darsteller es nicht schafften, auf sich aufmerksam zu machen.
06.01.2011 13:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/46842
Christian Wischofsky

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