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Die Kritiker: «Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer»

Story


Bernd Fröhlich, gelernter Autoschlosser, hat über 30 Jahre bei einem Zuliefererbetrieb in der Automobilbranche am Fließband gestanden. Vor zwei Jahren wurde er entlassen, sein Betrieb ging Konkurs. Seitdem hat er unzählige Bewerbungen geschrieben und auch einige Vorstellungsgespräche gehabt, aber seine Zuversicht, zeitnah eine neue Arbeitsstelle zu finden, schwindet mit jeder weiteren Absage, die er fein säuberlich in einem Order abheftet, der fast schon überfüllt ist.

Bernds pingeliger Fallmanager beim Jobcenter, Wolf Lämmle, ist ihm wenig hilfreich, da dieser ihn immer nur mit Worthülsen abspeist. Immer wieder ärgert er sich über das Jobcenter. Zuhause hat Bernd die Rolle des Hausmanns übernommen, denn glücklicherweise konnte seine Frau Petra ihre Tätigkeit in einem Kosmetikstudio ausdehnen. Sie veranstaltet nebenbei Hauspartys, bei denen sie Kosmetika und Dessous vertreibt. Damit kann Petra die Familie ernähren. Der Rollentausch in der Familie ist für Bernd trotz seiner Koch-Leidenschaft alles andere als einfach. Mit jüngsten Tochter Nele läuft zwar alles prima, aber die 19-jährige Tochter Mia hat sich kurz vor dem Abi noch frisch verliebt und ist auf Krawall gebürstet. Erst mag sie ihren neuen Freund Jakob gar nicht vorstellen, doch als sie ihn schließlich mit nach Hause bringt, ist Bernd alles andere als begeistert. Mia stört das nicht weiter. Sie trifft sich weiter regelmäßig mit Jakob und wird daraufhin auch schwanger.

Denn wie sich später bei einer Familienzusammenführung herausstellt, ist Jakob ausgerechnet der Sohn von Bernds gehasstem Fallmanager Lämmle, der ihn gerade nach einem sinnfreien Bewerber-Seminar zu einem demütigenden 1-Euro-Müllsammeljob im Park verdonnert hat. Bernd kriegt die totale Krise: Mia träumt von einer großen Hochzeit, dann macht Jakob einen Rückzieher und es sieht ganz so aus, als ob Mia das Kind allein erziehen müsste. Bernd ist als Familienoberhaupt gefordert. Er muss sich und seinen Lieben beweisen, dass er noch gebraucht wird.

Darsteller


Jürgen Tarrach («Fremde Heimat») ist Bernd Fröhlich
Simone Thomalla («Aschenputtel», «Tatort») ist Petra Fröhlich
Luisa Spaniel («Lilly Schönauer») ist Nele Fröhlich
Henriette Confurius («Eichmanns Ende») ist Mia Fröhlich
Rudolf Kowalski («Kommissar Stolberg») ist Wolf Lämmle
Jörn Schlönvoigt («Gute Zeiten, schlechte Zeiten») ist Jakob Lämmle
Leslie Malton («Kreutzer kommt») ist Gabriele Lämmle
Martin Brambach («Barfuß bis zum Hals») ist Harald "Harry" Schmitz
Ralph Herforth («Tatort», «Swans») ist Norbert Gockel

Kritik


Wenn etwas nicht rund läuft, dann bietet das neben einem Drama immer auch einen Anreiz für Komik. Somit die die Geschichte in «Familie Fröhlich» auch durchaus zur Familienkomödie geeignet. Wer genau hinschaut, erkennt schon am Titel des Films eine gewisse Ironie. Denn schon der Familienname passt ganz und gar nicht zum Handlungsverlauf. Familie Fröhlich ist alles andere als fröhlich – sie plagen Sorgen, die immer größer werden. Vor allem das Familienoberhaupt Bernd Fröhlich, wunderbar gespielt von Jürgen Tarrach, scheint kein Fettnäpfchen auszulassen, in das er hineintritt. Das sagt auch schon der Untertitel: Schlimmer geht immer. Doch versinkt er dabei viel mehr in der Dramatik als in der Komik. Denn für Späße sind die Themen in «Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer» viel zu ernst.

Eines der wichtigen Themen ist die Arbeitslosigkeit. Bernd Fröhlich bemüht sich redlich einen neuen Job zu bekommen. Er schreibt dutzende Bewerbungen, doch allesamt enden sie mit Absagen. Auch ein verheißungsvolles Vorstellungsgespräch, bei dem man schon andeutet sich für ihn einsetzen zu wollen, hat das gleiche Ergebnis. Natürlich macht sich hier Frust bereit, der noch zusätzlich geschürt wird, weil Bernd Fröhlich in seinem Jobcenter offensichtlich nicht ernst genommen wird. Der dortige Sachbearbeiter Wolf Lämmle, gespielt von «Kommissar Stolberg»-Darsteller Rudolf Kowalski, ist ebenfalls gefrustet, weil er keine Erfolgserlebnisse in seinem Job hat. Denn jegliche Versuche die Arbeitslosen wieder auf den Markt zu bringen, scheitern daran, dass es tatsächliche gar keine Stellen gibt, die man vermitteln könnte. Stattdessen hüllt sich der Fallmanager in Worthülsen und drückt Bernd Fröhlich Maßnahmen wie ein sinnfreies Bewerbungsseminar oder einen 1-Euro-Job im Park auf oder schickt ihn zu Vorstellungsterminen, bei denen seine Chance übernommen zu werden gleich null ist. Ganz so wie es „von oben“ angewiesen wurde, denn auch dem Fallmanager sind die Hände gebunden. Denn auf die Qualifikationen des Bernd Fröhlich geht man auch im Jobcenter nicht ein und verschafft ihm so allerhöchstens einen Zeitvertreib, der eine minimale Hoffnung auf eine Stelle bietet, aber in Wirklichkeit ein aussichtsloses Unterfangen ist. Zwei Schicksale, im Drehbuch von Anne Müller, die also direkt miteinander zu tun haben, aber einer jeweils anderen Wahrnehmung unterliegen.

Das zweite wichtige Thema, das eher zur Ernsthaftigkeit als zu Klamauk einlädt, ist das Umgehen mit Teenager-Schwangerschaften. Denn in all dem Chaos der schwierigen und frustrierenden Jobsuche muss Bernd Fröhlich noch mit ansehen, wie seine Tochter Mia schwanger wird und ihr Freund Jakob sich danach offensichtlich aus dem Staub macht. Auch das ist, wie beim Thema Arbeitslosigkeit nicht völlig aus der Luft gegriffen, sondern auch eine alltägliche Geschichte, in der sich der eine oder andere Zuschauer durchaus wiederfinden kann. Auch kann das Behandeln dieser Themen durchaus zur Nachdenklichkeit bewegen. Jedenfalls in keinem Fall wirkt all dies witzig, auch wenn manche Szenen rund um die Teenie-Schwangerschaft durchaus einer der typischen Soaps entsprungen sein können. Drehbuchautor Anne Müller hat die beiden Schwerpunkt-Themen aber noch miteinander verwoben. So ist der Vater des Kindes von Bernd Fröhlichs Tochter Mia, der Sohn seines ungeliebten Fallmanagers im Jobcenter. Erst als das klar wird, mehr als die Hälfte des Films ist dabei schon vorbei, kommt so etwas wie Komik in die angespannte Familiensituation. Die Ernsthaftigkeit geht dabei aber niemals verloren und bleibt im Vordergrund. Nur wenige Pointen zwischendurch und am Ende könnten der Komödie zugeordnet werden. Das reicht aber bei weitem nicht aus, um den ganzen Film, den Regisseur Thomas Nennstiel inszeniert hat, als Familienkomödie zu bezeichnen. Das vermeintliche Ziel wurde von Nennstiel dadurch verfehlt, dass er den komplexen Themen Arbeitslosigkeit und Teenie-Schwangerschaft ohne Ernsthaftigkeit nicht begegnen konnten und somit sich nur noch wenig Komik im Film entwickeln konnte. Doch als Familiendrama ist der Film gut geworden. Eine runde Sache, die anhand der erfahrenen Schauspielern aus zahlreichen Krimis und Spielfilmen nur gelingen konnte.

Mit etwas weniger Ernsthaftigkeit hätte man an Bernd Fröhlichs Rolle als eifersüchtiger Ehemann herangehen können. Dies wäre ein Thema gewesen, bei der Komik geradezu angebracht gewesen als auf die Tränendrüse zu drücken. Insgesamt jedenfalls wurden die ernsten Themen im Film «Familie Fröhlich» zu wenig humorvoll angefasst, dass man von einer Familienkomödie sprechen könnte. Dass es am Ende doch noch einige Lacher gibt, liegt daran, dass sich auch die Familiensituation hin zum Happy End entwickelt und somit auflockert. Doch auch ohne Komik passt vor allem Hauptdarsteller Jürgen Tarrach wunderbar in die Rolle des Hausmanns auf Jobsuche, der mit Familienproblemen fertig werden muss. Zumal ihm mit Martin Brambach als Bernds Freund „Harry“ ein Charakter zur Seite gestellt wird, der in ähnlicher Situation ist, welche sich aber sehr realitätsnah in eine noch tragischere Richtung entwickelt. Da erscheint das Film-Happy-End der Phantasie entsprungen.

Das ZDF zeigt den Film «Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer» als Fernsehfilm der Woche am Montag, 13. Dezember 2010 um 20.15 Uhr.
12.12.2010 16:09 Uhr Kurz-URL: qmde.de/46407
Jürgen Kirsch

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Tags

ZDF Familie Fröhlich

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