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Die Kritiker: «Mörderischer Besuch»

Jerusalem ist nicht nur erfüllt von religiösen und historischen Mythen, sondern auch vom Wirken einer bekannten Musikerfamilie. Doch ehe an Pessach Frieden in die Heilige Stadt einkehrt, wird das Oberhaupt der Musikerfamilie, Felix van Gelden, brutal ermordet.

Inhalt
Inspektor Michael Ochajon ist nicht nur hingerissen von seiner Nachbarin Nita, sondern auch von dem Lächeln eines kleinen Kindes, das vor seiner Wohnung abgelegt wurde. Doch ehe sich Ochajon um das Kind kümmern kann, wird er an den Tatort gerufen. Entdeckt wurde die Leiche von Dora Sackheim, einer Freundin des Hauses. Balilati macht Ochajon am Tatort darauf aufmerksam, dass ein Gemälde fehlt. Hängt der Mord mit einem Kunstraub zusammen?

Ochajon begegnet Nita an diesem Tag zum zweiten Mal. Sie ist die Tochter des Opfers. Ochajon vermutet eine Beziehungstat, doch Nita kommt für ihn nicht als Mörderin in Frage. Hat einer der Söhne, Gabriel oder Theo, ein Motiv? Spannungen und Konflikte in der Familie gibt es genug. Gabriel war schwul - sein Freund Isi durfte nicht an der Familienfeier teilnehmen.

Was die Ermittler sehen und wissen, müssen sie neu bewerten, als die Leiche von Gabriel gefunden wird. War der Sturz vom Dach Unfall, Selbstmord oder Mord? - Fragen, die sich Daniel Balilati, Ochajons Kollege, immer weniger stellt, je öfter er Ochajon mit Nita zusammen sieht. Sie gehört zum Kreis der Verdächtigen. Polizeipräsident Schorr bleibt schließlich nichts anderes übrig, als Ochajon von dem Fall abzuziehen. Und Balilati beobachtet, wie Nita das gestohlene Gemälde ihrem Ex-Mann Hassan übergibt.

Ochajon ermittelt auf eigene Faust weiter. Der Schlüssel zur Aufklärung der Verbrechen liegt in einem wertvollen Requiem und der grausamen Vergangenheit des ersten Opfers. Keiner kennt diese Vergangenheit besser als der verschwundene Geschäftspartner von Felix van Gelden, Herzl Cohen. Ochajon begibt sich auf die Suche nach ihm und nach der Person, die das Kind vor seiner Tür abgelegt hat.

Darsteller
Heiner Lauterbach («Ken Folletts Eisfieber») ist Michael Ochajon
Menashe Noy («Parashat Ha-Shavua») ist Daniel Balilati
Astrid Posner («Kommissar LaBréa - Todesträume am Montparnasse») ist Hannah
Hannelore Hoger («Bella Block») ist Dora Sackheim
Liane Forestieri («Männerherzen») ist Nita von Gelden
Benjamin Sadler («Liebe deinen Feind») ist Theo von Gelden
Wilfried Hochholdinger («Die Snobs») ist Gabriel von Gelden
Joost Siedhoff («Ich trag dich bis ans Ende der Welt») ist Felix van Gelden
Kais Nashif («Paradise Now») ist Ya'ir
Bülent Sharif («Traum aus Schokolade») ist Hassan

Kritik
Nach dem Erfolg von «Die Seele eines Mörders» im Vorjahr, setzt das ZDF mit «Mörderischer Besuch» die Reihe um den Jerusalemer Chefinspektor Ochajon fort. Dargestellt wird dieser wieder von dem profilierten deutschen Schauspieler Heiner Lauterbach und auch dieses Mal basiert der Film frei auf einem Roman aus der Feder der bereits verstorbenen israelischen Autorin Batya Gur. In diesem Fall „Das Lied der Könige“.

Doch erneut ist es nicht unbedingt der ausdrucksstarke Mime, der im unmittelbaren Mittelpunkt der Verfilmung steht, sondern die Kultur und die Bildgewalt des Landes Israel. So verwundert es auch nicht, dass der gesamte Film in den Kontext einer kulturellen, aber auch familiären Auseinandersetzung einer israelischen Musiker-Familie eingebettet wird. Der Zuschauer erhält auf diese Weise interessante, abwechslungsreich aber auch tiefgründige Einblicke in Kultur, Sitten und Bräuche des Landes und eben auch in die Gegebenheiten des gezeigten Pessach-Festes, eines der wichtigsten Feste des Judentums. Alles in allem Dinge, die der Zuschauer im gezeigten, zuweilen auch von brutalen Meldungen bestimmten Nachrichten-Alltag kaum oder gar nicht zu sehen bekommt. So verzichtet man bei Ochajon-Verfilmungen bewusst auf eine Darstellung des schwelenden Nahost-Konflikts, spart aber nicht daran, die weiteren unangenehmen zu thematisieren. So gibt wird im Rahmen der Ermittlungen zum Beispiel der allgegenwärtige Rassismus zwischen den europäisch-stämmigen und den orientalisch-stämmigen Bewohnern.

Insgesamt erscheint es, als wäre die hier nun vorliegende Verfilmung von Regisseur Jorgo Papavassiliou («Danni Lowinski») im Vergleich zum Vorgänger reifer geraten. Die Hauptfigur hat an Eigenleben gewonnen, wird sogar persönlich in den Fall verwickelt. Und auch Lauterbach scheint sich noch besser mit seinem neuen Ego auf der kleinen Leinwand zu vereinbaren. Schon im Erstling überzeugte er als ruhiger, besonnener Ermittler, doch dieses Mal kann er noch tiefer in die scheinbar auf ihn maßgeschneiderte Figur des Michael Oachajon eintauchen. Neben ihm sind es aber auch die stimmigen Nebenfiguren, die sich aus israelischen und deutschen Schauspielern zusammensetzen, die dem Film seine Kraft geben. Da macht es dann auch nichts, dass die letztendliche Auflösung des Falles nach dem Drehbuch von Autor Nils-Morten Osburg («Kennedys Hirn», «Marie Brand und die Nacht der Vergeltung») und Produzent Hermann Kirchmann ruhig etwas ausgefallener hätte gelingen dürfen.

Was bleibt, ist aber immerhin ein in der deutschen TV-Krimi-Landschaft sehr abwechslungsreicher, politisch sehr ambitionierter Fernsehfilm, der dem Anspruch des Sendeplatzes zu jeder Zeit gerecht wird. Eine Fortsetzung ist bei Beibehaltung der Qualität der Filme unbedingt zu erstreben.

Das ZDF zeigt «Mörderischer Besuch» am Montag, den 06. Dezember 2010, um 20:15 Uhr.
04.12.2010 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/46230
Torben Gebhardt

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Tags

Die Seele eines Mörders Mörderischer Besuch

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