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Die Kritiker: «Die Frau des Schläfers»

Inhalt:


Ein Job im Callcenter ist mit Sicherheit nicht das, was sich Karla Ben Yakin in ihrer Kindheit für die Zukunft erträumt hat – doch die glückliche Ehe mit ihrem Gatten Zaid und die gemeinsame Erziehung des Sohnes Hamy macht diese Tatsache schlicht nebensächlich. Auch nach dem Tod Zaids Vater hat die Deutsche keinen Grund, an ihrer perfekten Familie zu zweifeln. Bis sie eines nachts aus dem Schlaf schreckt und feststellen muss, dass Zaid und Hamy verschwunden sind.

Beamte des Bundesnachrichtendienstes greifen sie daraufhin auf und weihen sie in ihre Ermittlungen ein. Alles deutet darauf hin, dass Zaid zurück in seine Heimat, den Sudan, gekehrt ist, um dort einen Terroranschlag zu planen. Die verzweifelte Karla kann sich nichts davon erklären und macht sich kurzerhand nach Afrika auf. Getarnt durch eine Burka versucht sie, Hamy gesund wieder zu finden.

Darsteller:


Yvonne Catterfeld («Gute Zeiten, schlechte Zeiten») ist Karla Ben Yakin
René David Ifrah («Das Blut der Templer») ist Zaid Ben Yakin
Ercan Durmaz («Was nicht passt, wird passend gemacht») ist Tarif Al Hiri
David A. Hamade («München») ist Murat Ben Yakin
Ludger Pistor («Inglourious Basterds») ist Markus Bender
Faraz Kafi («-») ist Hamy Ben Yakin

Kritik:


Das Porträt der Karla Ben Yakin - einer Frau zwischen Welten, zwischen Liebe und Verstand- ist für Sängerin und Darstellerin Yvonne Catterfeld definitiv die bislang fordernste und ernsthafteste Filmrolle ihrer noch recht jungen Karriere. In der Vergangenheit stand die 30-Jährige bereits für zwei weitere Sat.1-Movies vor der Kamera: «Wenn Liebe doch so einfach wär'» (2007) sowie «Engel sucht Liebe» (2009). Die Liebe ist erwartungsgemäß auch das Leitmotiv der «Frau des Schläfers»; Liebe zum Sohn, zum Ehemann, zu den Traditionen der Familie. Doch das Drehbuch der Autoren Benedikt Röskau («Faktor 8», «Contergan») und Sylvia Leuker wollte mehr. Mehr zeigen, mehr aussagen, mehr bedeuten. Mit diesem gewagten Vorhaben hat man sich durchaus das ein oder andere Eigentor geleistet, unter dem eben auch eine stets leicht überforderte Catterfeld zu leiden hat. Summa summarum kann sich das Ergebnis aber dennoch sehen lassen, das Niveu der typischen Sat.1-Herzklamotte hat man jedenfalls übertroffen.

Wie bereits angedeutet, tut Yvonne Catterfeld ihr Bestes, um der tragischen Figur gerecht zu werden - scheitert aber von Zeit zu Zeit an der Aufgabe Karlas innere Zerissenheit angemessen die Waage zu halten. Zumindest gibt es keinen out-of-character-Moment: die Protagonistin ist in der Art ihrer Handlungen zwar nicht beständig, aber überwiegend glaubwürdig. Der Rest der Besetzung schöpft aus den zumeist eindimensionalen Rollen (ein biederer Chefermittler, dessen zweite Hand, erst undurchsichtig, schließlich zum Ritter in glänzender Rüstung wird usw.) was möglich ist. Fantastisches leistet René Ifrah als Karlas Mann Zaid. Ohne dass er und seine Intentionen in den Vordergrund rücken, macht er seinen Charakter von Anfang an sympathisch und baut ihn zunehmend in Richtung Drama aus. Solide Arbeit gibt es von Ercan Durmaz (bekannt als Kümmel aus «Was nicht passt, wird passend gemacht») und Markus Bender, der sichtlich Freude an seinem Intermezzo als spießiger Ordnungshüter hat – bei seinem ersten Auftritt allerdings den Ausweis falsch herum hält.

Röskau und Leuker dürfen immerhin den ersten und wichtigsten Punkt von ihrer Liste streichen: die Hauptfigur wirkt aufrichtig, liebevoll, menschlich. Die Identifikation gelingt, das Mitgefühl ist geweckt. Mit Karla hat man das Publikum fest im Griff und kann so die Story entsprechend voran treiben. Nur dass man keine Geduld beweißt und am liebsten sofort in den Sudan reisen würde, um dort Kritik zu üben und das immer aktuelle Thema von Terroranschlägen aufzugreifen. Auf dem Weg zu zwei schlussendlich viel zu nüchtern behandelten Thema fällt man also über die eigenen Füße. Karla wird nach dem Verschwinden von Ehemann und Sohn nicht hinreichend Zeit gelassen: abgehakt werden eine übertriebene Szene im Polizeirevier (“Wenn mein Name nicht Ben Yakin wäre...!“), das Gespräch mit dem BND (“Zaid ist Terrorist – am besten Sie reisen in den Sudan und finden ihn, damit wir's nicht tun müssen“) und der unvernünftige Rat der Mutter (“Hol den Jungen zurück!“).

Karlas Isolation wird gelungen dargestellt, ihr Entschluss, die Rettungsaktion in die eigene Hand zu nehmen dahingegen weniger. 90 Minuten sind nicht viel für eine derartige Geschichte – ohne die nötige Distanz geraten deshalb oft eher uninteressante Aspekte ins Scheinwerferlicht. Dass auch die deutschen Dienste Telefone anzapfen, hat hier keinen Mehrwert – verständlich. Dass aber anstatt über den Kampf gegen Ungläubige, also den eigentlichen Grund für den bevorstehenden Terrorakt, über die Stellung der Frau im Islam geredet wird, ist enttäuschend. Catterfeld färbt ihre Haare schwarz, setzt braune Kontaktlinsten ein, wirft sich eine Burka über und rennt anschließend wie eine Wilde durch die Stadt. Nicht, dass ihr Verhalten jemanden stört, solange sie bei Bewusstein ist. Nachdem sie bei dem Versuch über eine Mauer zu blicken, fällt, wird sie dann aber in den Knast gesteckt. Alles in allem hat man die Story in die falsche Richtung überstrapaziert.

Gelungen ist das Setting: Basar, Wüsten, Palast – alle Schauplätze machen einen realitätsgetreuen Eindruck und lassen sich einwanfrei bespielen. Auch die Kameraführung (Uwe Schäfer, «Zwei Weihnachtsmänner») lässt sich nicht beanstanden. Fazit: Edzward Onnekens («Türkisch für Anfänger», «Otto – Der Katastrofenfilm») «Die Frau des Schläfers» hat ganz klar seine Schwachstellen, ist aber trotzdem einen Blick wert.

Sat.1 zeigt «Die Frau des Schläfers» am Dienstag, den 16. November 2010, um 20:15 Uhr.
15.11.2010 11:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/45827
Marco Croner

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Die Frau des Schläfers

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